Rätselraten im Bundestag: Die Ampel-Koalition fordert die Regierung zur Lieferung weiterer Waffen mit großer Reichweite auf. Wie das zu verstehen ist, bleibt aber offen.
Der Bundestag hat die Regierung von Kanzler
Grüne und FDP verstehen den von der Koalition beschlossenen Antrag zum Ukraine-Krieg überwiegend so, die SPD dagegen "nicht zwingend". Ein CDU/CSU-Antrag, in dem Taurus explizit genannt wird, fand am Donnerstag im Bundestag keine Mehrheit.
Bundeskanzler Scholz hatte bereits am Mittwoch über seinen Regierungssprecher
Klitschko: Taurus-Lieferung "eine der wichtigsten Fragen"
Die Ukraine bittet eindringlich um die Raketen, mit denen sie den Nachschub für die russischen Truppen an der Front kappen will. Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko sagte der Deutschen Presse-Agentur, dies sei "eine der wichtigsten Fragen" für die Ukraine. "Wir verteidigen unser Land. Und deswegen brauchen wir Taurus. Wir können damit die Militärlogistik der Russen zerstören." Er erwarte von der Bundesregierung eine positive Entscheidung.
Die Regierung in Kiew hatte die Taurus-Marschflugkörper bereits im Mai vergangenen Jahres bei der Bundesregierung erbeten. Im Oktober lehnte Kanzler Scholz eine Lieferung vorläufig ab. Dahinter steckt die Befürchtung, die Raketen könnten russisches Territorium treffen, was Deutschland möglicherweise in den Konflikt hineinziehen würde.
SPD wollte Taurus nicht im Antrag
Die drei Ampel-Fraktionen hatten lange um die Formulierung zu Taurus in ihrem Antrag zu zwei Jahren russische Invasion in der Ukraine und zehn Jahren russische Annexion der Halbinsel Krim gerungen. Die SPD verhinderte schließlich, dass die Marschflugkörper ausdrücklich genannt wurden. FDP und Grüne wären dafür gewesen. Für den Antrag stimmten 382 Abgeordnete, dagegen 284. Es gab 2 Enthaltungen.
Als Kompromissformel wird nun die Lieferung von "zusätzlich erforderlichen weitreichenden Waffensystemen" verlangt. Dies wird folgendermaßen begründet: "Insbesondere muss die Ukraine auch künftig in die Lage versetzt werden, Angriffe auf militärische Ziele wie Munitionsdepots, Versorgungsrouten und Kommandoposten weit hinter den Frontlinien durchzuführen und ihre Soldatinnen und Soldaten vor den vielgestaltigen Attacken des russischen Militärs bestmöglich schützen zu können."
FDP-Politikerin Strack-Zimmermann stimmt Unions-Antrag zu
Als Reaktion auf die Zurückhaltung der Koalition legte die Union einen eigenen Antrag vor, der die Lieferung von Taurus ausdrücklich fordert. Der wurde vom Bundestag aber mehrheitlich (182 Ja, 480 Nein, 5 Enthaltungen) abgelehnt.
Die FDP-Verteidigungspolitikerin
Pistorius: "Das kann ich nicht beantworten"
Die Union fragte im Bundestag immer wieder Koalitionsredner, ob mit der Formulierung der zusätzlich erforderlichen weitreichenden Waffensysteme auch Taurus gemeint sei. Verteidigungsminister
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Gabriela Heinrich sagte für die SPD, mit der Formulierung sei "nicht zwingend" Taurus gemeint. "Es ist eine Interpretationsfrage (...). Fakt ist: Wir haben an dieser Stelle keine rote Linie gezogen."
Merz dringt auf Taurus-Lieferung
CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz appellierte eindringlich an die Koalition, der Ukraine zu liefern, was sie zu ihrer Verteidigung brauche. "Die Ukraine erhält weiterhin nicht in vollem Umfang das Material, das sie dringend benötigt, um den russischen Angriffskrieg wirksam abzuwehren", sagte er.
Der CDU-Verteidigungspolitiker Johann David Wadephul forderte den Kanzler auf, endlich einmal zu sagen, was denn das große Problem mit der Taurus-Lieferung sei. "Niemand weiß es. Wir haben dazu keine rationale Erklärung bekommen." Die Öffentlichkeit, die Ukraine und der Bundestag hätten aber einen Anspruch darauf, dies zu erfahren. (dpa/phs)
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