Das Coronavirus hat Deutschland fest im Griff: Täglich steigt die Zahl der Infizierten und der Todesopfer - während Teile der Bevölkerung weiter Corona-Partys feiern. Kommen nun bundesweit Ausgangssperren? Bayern und das Saarland haben bereits die Geduld verloren.

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Als Reaktion auf die Sorglosigkeit vieler Menschen in der Corona-Krise nimmt die Diskussion über Ausgangssperren oder Betretungsverbote von Parks und Plätzen an Fahrt auf. Kanzleramtschef Helge Braun sieht den Samstag als eine Wegmarke.

"Wir werden uns das Verhalten der Bevölkerung an diesem Wochenende anschauen", sagte der CDU-Politiker dem "Spiegel". "Der Samstag ist ein entscheidender Tag, den haben wir besonders im Blick."

Das Bayern und Saarland wollten so lange nicht warten und erließen bereits am Freitag Ausgangsbeschränkungen.

Denen schlossen sich zahlreiche andere Bundesländer nicht an. Vielmehr wurde Kritik am Vorpreschen der Bayern und Saarländer laut.

Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, bezeichnete es beispielsweise als "unglücklich, dass zwei Bundesländer vorgeprescht sind". Es sei klar verabredet gewesen, dass ein einheitlicher Weg gegangen werde.

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Ausgangssperre oder "nur" ein Betretungsverbot?

Bevor Bayern und das Saarland ihre Entscheidungen bekannt gaben, hatte der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster dafür plädiert, das von der Stadt Freiburg erlassene Betretungsverbot für Gruppen an öffentlichen Orten bundesweit einzuführen - auch, um eine generelle Ausgangssperre zu vermeiden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel will am Sonntagabend mit den Ministerpräsidenten der Länder in einer Telefonkonferenz beraten.

Bayern erlässt "grundlegende Ausgangsbeschränkungen"

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder setzte seine Drohung trotzdem am Freitagmittag bereits direkt in die Tat um und kündigte weitreichende Ausgangsbeschränkungen für den ganzen Freistaat an.

Das Verlassen der eigenen Wohnung ist ab Samstag nur noch bei Vorliegen triftiger Gründe erlaubt. Dazu zählen unter anderem der Weg zur Arbeit, notwendige Einkäufe, Arzt- und Apothekenbesuche, Hilfe für andere, Besuche von Lebenspartnern, aber auch Sport und Bewegung an der frischen Luft - dies aber nur alleine oder mit den Personen, mit denen man zusammenlebt.

Corona-Krise: Freiburg wählt den Mittelweg

Auch die Stadt Freiburg ergreift weitere Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Am Donnerstag wurde ein Betretungsverbot für öffentliche Orte beschlossen, das insbesondere für Gruppen gelten soll. Es tritt an diesem Samstag in Kraft und soll bis zum 3. April gelten.

Es handelt sich dabei nicht um eine generelle Ausgangssperre. Wer sich im Freien aufhalten möchte, darf dies weiterhin tun, allerdings nur allein, zu zweit oder mit Menschen, die in seinem Haushalt leben. Man darf zudem weiterhin zur Arbeit oder zum Arzt gehen sowie Lebensmittel einkaufen. Mit der Maßnahme will Freiburg die Ausbreitung des Virus eindämmen.

Ausgangssperre als Vorsichtsmaßnahme: Politiker sind uneins

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken sieht die Einführung von Ausgangssperren skeptisch. "Ich finde die Idee problematisch, weil dann womöglich der Lagerkoller droht - vor allem, wenn Kinder mit im Spiel sind", sagte Esken dem "Handelsblatt". Sie hoffe, dass Appelle Menschen zur Vernunft brächten. Solange das Virus grassiere, dürfe es keine größeren Menschenansammlungen mehr geben.

Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans sprach sich für eine bundesweit einheitliche Lösung aus. "Ich glaube, dass wir bundesweit abgestimmte Maßnahmen brauchen", sagte der CDU-Politiker im ARD-"Morgenmagazin". "Wir wären nicht gut beraten, einen Flickenteppich anzustreben."

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller von der SPD bewertete eine Ausgangssperre zur Eindämmung des Coronavirus in der Hauptstadt zurückhaltend. Er sagte am Freitagmorgen im rbb-Inforadio, er könne nicht versprechen, dass die bisherigen Schritte in der Krise ausreichten. Die Ausgangssperre sei aber auch kein "Allheilmittel", sie löse nicht jedes Problem.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer von der CDU sieht Ausgangssperren als letztes Mittel, um eine Ausbreitung des Coronavirus in Sachsen zu verlangsamen. Dies geht aus einem Interview hervor, das er der "Sächsischen Zeitung" in Dresden gab. Eine Ausgangssperre wolle niemand, da sie das Leben massiv einschränken würde.

Menschengruppen im Fokus: Samstag ist "entscheidender Tag"

Mit Sorge schauen die Behörden nun auf den Samstag. "Am Samstag verabreden sich die Menschen ja traditionell miteinander, weil sie frei haben", sagte Kanzleramtschef Braun. "Aber das geht abseits der Kernfamilie derzeit nun einmal leider nicht. Das muss jetzt eingestellt werden. Geschieht das nicht, kann es passieren, dass auch in den Bundesländern weitergehende Maßnahmen beschlossen werden, obwohl wir das eigentlich vermeiden wollen."

Es bleibt abzuwarten, wie die Menschen in Deutschland das bevorstehende (und sonnige) Wochenende nutzen werden - und zu hoffen, dass die eindringlichen Appelle von Merkel, Virologe Christian Drosten und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn endlich bei allen angekommen sind und auch beherzigt werden. (lag/hau/dpa)

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