• Die ARD liefert brillante Analysen der sportlichen Katastrophe bei der WM in Katar.
  • Bundestrainer Hansi Flick gerät in einen Disput mit Bastian Schweinsteiger.
  • Und Thomas Müller wendet sich direkt nach dem Spiel gegen Costa Rica emotional an alle Fußballfans daheim.
Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Stüwe dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Im Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Costa Rica lief die 98. Minute, als Gerd Gottlob die bittere Botschaft aus dem Parallelspiel überbrachte. "Japan gewinnt gegen Spanien, das bedeutet Deutschland ist raus. Wir wissen es mit gnadenloser Gewissheit. Das ist ein Debakel. Das ist ein Desaster und wird viele, viele Analysen benötigen", sagte der ARD-Kommentator.

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Wenig später, als das Spiel der DFB-Elf ebenfalls abgepfiffen war, begann Gottlob selbst mit einer ersten bemerkenswerten Analyse des erneuten Ausscheiden Deutschlands in der Vorrunde einer WM. Der Trainerstab habe es nicht geschafft, eine stabile Defensive zu formieren, pausenlos habe es neue Formationen gegeben, erzählte Gottlob, während die Kameras die hängenden Köpfe und leeren Gesichter der deutschen Spieler zeigten.

"Zweimal in der Vorrunde rauszugehen ist kein Zufall mehr, das ist ein Trend", sagte der Kommentator und stellte dann etwas infrage, was in Deutschland jahrzehntelang eine absolute Gewissheit gewesen war: "Die Frage ist, ist Deutschland noch eine Turniermannschaft? Die Antwort darauf lautet nein, Deutschland ist keine Turniermannschaft mehr. Die viel besungenen Tugenden sind nicht mehr zu sehen. Das ist schon einigermaßen bitter."

ARD gelingt starker Einstieg in die Debatte über den Zustand des deutschen Fußballs

In den kommenden Wochen, Monaten und vielleicht sogar Jahren wird viel über den Zustand des deutschen Fußballs diskutiert werden. Der ARD gelang am Donnerstagabend mit ihren Expertinnen und Experten ein starker Einstieg in die Aufarbeitung des erneuten Debakels. Mit großer Klarheit wurden die Missstände analysiert und angesprochen.

"Wo bleibt das Brennen? Wo ist das Feuer, die Gier?", fragte Bastian Schweinsteiger. Vor allem die Defensive sei einfach nicht gut genug, analysierte der Weltmeister von 2014: "Wir haben in der Defensive nur einen Spieler, der auf hohem Niveau spielt, und das ist Toni Rüdiger." Wie schon nach der Niederlage gegen Japan fand Schweinsteiger deutliche Worte und bewies, wie sehr er als TV-Experte im Vergleich zur EM im vergangenen Jahr an Profil gewonnen hat.

Thomas Müllers emotionale Worte nach WM-Aus: "Absolute Katastrophe"

Erneut ist Deutschland krachend in der Vorrunde der Fußball-WM ausgeschieden. Der 4:2 (1:0)-Sieg zum Abschluss der Gruppenphase gegen Costa Rica reichte nicht mehr für den Einzug in das Achtelfinale. Ein emotionaler Thomas Müller bezeichnet das frühe Aus als "absolute Katastrophe" - und kündigt ein mögliches Karriereende im DFB-Trikot an.

Einen großen Anteil an dieser Entwicklung dürfte Esther Sedlaczek haben. Die ARD-Moderatorin hakte immer wieder nach und stellte ihrem Experten die richtigen Fragen. Auch in den Interviews mit Oliver Bierhoff und Hansi Flick glänzte Sedlaczek. Den sichtlich angeschlagenen Nationalmannschafts-Geschäftsführer Bierhoff fragte sie knallhart, ob er die Verantwortung übernehmen und Konsequenzen ziehen müsse.

Flick widerspricht Schweinsteiger - am Ende vertragen sie sich wieder

Den am Boden zerstört wirkenden Flick konfrontierte sie mit den Aussagen Schweinsteigers, dass dieser das Brennen im DFB-Team vermisst habe. "Das ist absoluter Quatsch", antwortete Flick und schien für einen Moment die Fassung zu verlieren. "Woran machst du das fest?", fragte er Schweinsteiger direkt.

Der TV-Experte beharrte auf seiner Meinung und führte die Schwachpunkte in der Defensive aus. "Ja, das ist so. Wir haben Tore bekommen, Fehler gemacht", räumte Flick danach ein. "Dass die Mannschaft nicht brennt, sehe ich aber nicht. Sie hat gewollt." Am Ende umarmten sich die beiden langjährigen Weggefährten.

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Thomas Müller sorgt für Gänsehaut-Moment nach WM-Debakel

Es war nicht das einzige bemerkenswerte Interview nach Abpfiff. Kai Havertz nahm bei Reporterin Lea Wagner kein Blatt vor den Mund und erklärte, dass das DFB-Team verdient ausgeschieden sei. Thomas Müller nutzte sein Interview, um sich live im Fernsehen von den Fans zu verabschieden. "Liebe Leute, vielen Dank. Wir haben unglaubliche Momente miteinander gehabt, ich habe in jedem Spiel mein Herz auf dem Platz gelassen. Ich habe es mit Liebe getan", sagte er und blickte direkt in die Kamera. Ein echter Gänsehaut-Moment. Sollte es wirklich das letzte Spiel eines der beliebtesten Spieler in der Geschichte der Nationalmannschaft gewesen sein, wird man diese Bilder in der Zukunft sicher noch häufiger sehen zu bekommen.

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ARD-Experten vermissen die Mentalität

Auch Almuth Schult, Thomas Hitzlsperger und Sami Khedira fanden als Experten im Studio bei Moderatorin Jessy Wellmer klare Worte. Schon vor dem Spiel hatten sie Flicks Aufstellung kritisiert, da der Bundestrainer im Sturm auf Müller anstatt auf Niclas Füllkrug gesetzt und Joshua Kimmich nach hinten rechts beordert hatte. Nach der Partie legten sie nach.

"Es waren nicht hundert Prozent von der kompletten Mannschaft und deshalb sind sie auch zu Recht ausgeschieden", urteilte Schult. Man müsse darüber reden, ob wir wirklich so gut seien, forderte Hitzlsperger: "Haben wir wirklich so viele gute Spieler, wie wir glauben? Da bin ich mir nicht so sicher." Sami Khedira zeigte sich geschockt und sprach davon, dass es beim Fußball eben nicht nur ums Zocken gehe, sondern dass auch Mentalität gefragt sei.

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Während die umstrittene Winter-Weltmeisterschaft in Katar als trauriger Tiefpunkt in die deutsche Fußballgeschichte eingehen wird, gelang der ARD ein bemerkenswerter und emotionaler TV-Abend, an dem die richtigen Fragen gestellt wurden. Die Suche nach den Antworten darauf dürfte Fußball-Deutschland noch länger beschäftigen.

Interessiert Sie, wie wir über die WM in Katar berichten? Wir haben unsere Beweggründe in einem Text für Sie zusammengefasst.
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