- Das Ausscheiden aus der Champions League gegen das Leichtgewicht Villarreal lässt Bayerns Saison in einem anderen Licht erscheinen - und es wirft grundsätzliche Fragen auf.
- Die Lage ist zumindest stark angespannt.
Der FC Bayern hat nicht einfach nur zwei seiner drei Saisonziele verpasst. Es geht auch um die Art und Weise, wie der deutsche Rekordmeister sich auf den beiden Pokalwettbewerben verabschiedet hat. Im DFB-Pokal wirkte die 0:5-Klatsche gegen Gladbach nicht besonders lange nach, galt als ein Ausrutscher, der in einem einzigen K.o.-Spiel schon mal passieren kann.
Das Ausscheiden in der Champions League - nach zwei Spielen - gegen den spanischen Underdog FC Villarreal führt nun aber zu einer ganz anderen Bewertung dieser Saison und womöglich auch zu einigen drastischen Konsequenzen. Ein "weiter so" darf es für die Bayern jedenfalls nicht geben. Stattdessen müssen die Verantwortlichen Antworten auf einige sehr dringliche Fragen finden. Eine Auswahl.
Reicht dieser Kader noch für die Zukunft?
Der Kader der Münchener ist für die internationale Spitze nicht gut genug. Das dürfte nun auch dem Letzten klar geworden sein. Die Champions-League-Gruppenphase, die die Bayern mit Leichtigkeit durchliefen, kann dafür kein Maßstab sein. In den K.o.-Spielen waren dann drei von vier Partien durchschnittlich bis schlecht. Der fulminante Kantersieg gegen Red Bull Salzburg war ein Ausreißer nach oben, aber schon das Hinspiel bei den Österreichern gereichte nicht bayerischen Standards.
Die Bayern haben in den letzten Transferperioden geschludert und bekommen nun die Quittung dafür: Für ihren schlecht austarierten Kader, der Lücken aufweist und damit das Trainerteam zu früh und zu oft in Bedrängnis bringt. Langfristige Ausfälle wichtiger Spieler wie
Die Bayern sind bis Kaderplatz 14 oder 15 sehr gut ausgestattet, das Leistungsgefälle danach ist aber deutlich zu krass und verhindert automatisch zwei sehr wichtige Dinge: Zum meinen die Möglichkeit, verletzte, erkrankte oder gesperrte Spieler adäquat zu ersetzen. Und zum anderen den Druck auf die Etablierten hoch zu halten. Bei den Bayern sind acht, neun Spieler quasi dauergesetzt. Das wiederum bringt diesen Spielern zu wenig Erholung und den anderen dahinter kaum eine Chance auf Einsatzzeiten.
Die Bayern brauchen in der Breite eine höhere Leistungsdichte, um international wettbewerbsfähig zu sein. Für die Bundesliga reicht die Qualität der Ergänzungsspieler, in der Königsklasse kamen die Probleme dann aber gegen die gehobene Mittelklasse aus Salzburg und Villarreal zum Vorschein. Und die Lücke zu den absoluten Top-Klubs derzeit, zu ManCity, Liverpool, Chelsea oder Real Madrid ist zu groß.
Auf welchen Positionen benötigt der Kader Verstärkungen?
Für eine sofortige Hilfe sollte aber zwingend über einen weiteren zentralen Abwehrspieler nachgedacht werden.
Javi Martinez hatte zuletzt zwar kaum noch gespielt, war aber ein Spielertyp den die Bayern immer gebrauchen konnten im zentralen Mittelfeld: Ein Abräumer, der den Kollegen drumherum Zeit und Luft verschafft. Und dann ist da noch der Angriff. Es war schon ein Segen für die Bayern, dass sich
Geben die Bayern ihre zurückhaltende Transferstrategie auf?
Die Bayern haben einen großen Spagat zu meistern und eine grundsätzliche Philosophiefrage zu klären: Wollen die Münchener (weiter) ein Käufer-Klub sein - oder ein Verkäufer- und Ausbildungs-Klub werden? Das Selbstverständnis der Bayern mit ihren allerhöchsten Ansprüchen und ihre finanzielle Lage sind ein Spannungsfeld für sich. Das erklärt auch die Zurückhaltung der letzten Jahre auf dem Transfermarkt.
Die Bayern sollen sich intern auf eine neue Strategie verständigt haben, die den Zukauf junger, entwicklungsfähiger Spieler vorsieht. Das erinnert ein wenig an den Plan des schärfsten deutschen Kontrahenten Borussia Dortmund - aber überhaupt nicht mehr an das, was noch unter den Granden Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß Konsens war.
Die wahnsinnigen Transfersummen, gestiegene Gehaltskosten und die Macht der Berater setzen den Bayern zu. Die Pandemie hat diesen Zustand noch deutlich verschärft. Immer wieder war und ist zu hören, dass den Münchenern die Hände gebunden sind, dass kostspielige Transfers auch in diesem Sommer kaum realisierbar wären. Die Bayern müssen aber ihr Risiko nach oben schrauben, wollen sie den Anschluss in den kommenden Jahren nicht verlieren.
So wie das 2007 nach dem Verpassen der Königsklasse und 2012 nach dem Dortmunder Double und dem verlorenen Finale dahoam der Fall war. Damals kauften die Bayern für ihre Verhältnisse satt ein, nicht nur auf dem Spielermarkt, sondern auch hinter den Kulissen mit der Verpflichtung von Matthias Sammer. Die Zeit für ähnliche Manöver wäre angebrochen - dass die Bayern aber wirklich oft ins Risiko gehen werden, scheint aktuell eher ausgeschlossen.
"Wir sind jetzt hier im Viertelfinale der Champions League ausgeschieden, vollkommen richtig. Deswegen werden wir jetzt aber nicht in Tränen ausbrechen", sagte Oliver Kahn nach dem Villarreal-Spiel. Der Vorstandsboss hatte jedenfalls keine systematischen Probleme erkannt, sondern fehlendes Spielglück ausgemacht.
"Wenn wir uns vielleicht heute einen Vorwurf machen können, dann dass wir die ein oder andere Torchance nicht genutzt haben und dass wir die ein oder andere Chance noch mehr herausgearbeitet hätten. Aber hätte, hätte, Fahrradkette. Es sollte eben nicht sein."
Welchen Anteil haben die Verantwortlichen?
Hasan Salihamidzic und Oliver Kahn lassen nicht immer einen nachvollziehbaren und stringenten Plan erkennen. Besonders offensichtlich wird das bei den Vertragsverlängerungen, die immer noch nicht unter Dach und Fach sind. Die Debatten um Verträge Münchener Spieler bestimmen seit Monaten die Schlagzeilen und sind ein eindeutig hausgemachtes Problem. Bei den Verlängerungen mit Joshua Kimmich, Leon Goretzka oder Kingsley Coman knirschte es teilweise heftig. Wichtige Spieler wie Manuel Neuer, Serge Gnabry und Robert Lewandowski haben aktuell eine ungewisse Zukunft in München.
Die Saison ist bald zu Ende, entsprechende Regelungen bei diesen Spielern aber immer noch nicht in Sicht. Deshalb bleibt es - auch ungeachtet des Ausscheidens aus der Königsklasse - latent unruhig bei den Bayern. Und auch das Thema im Drumherum, Stichwort Katar-Sponsoring, ist aktuell zwar wenig medial präsent, schwelt aber natürlich immer weiter.
Die Jahreshauptversammlung im letzten November sollte eigentlich ein letzter Warnschuss gewesen sein und eine Anregung, die Kommunikation des Klubs und seiner Protagonisten zu verbessern. Passiert ist seitdem aber immer noch zu wenig.
Verwendete Quellen:
- Spox.com: Bayern München: Die Stimmen nach dem Champions-League-K.o. gegen Villarreal: "Werden nicht in Tränen ausbrechen"
Rummenigge und Matthäus rechnen nach CL-Aus mit den Bayern ab
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