- Joshua Kimmich gilt als reflektierter Fußball-Profi. Seinen neuen Millionenvertrag handelte er ohne Berater aus.
- Viele sehen in ihm den Bayern- und DFB-Kapitän nach Manuel Neuer.
- Sein Nein zum Corona-Piks verpasst dem Bild vom Vorbild einen anderen Anstrich.
Joshua Kimmich gilt als besonders schlaues Kerlchen im Fußball-Business. Und das gar nicht mal deswegen, weil er einst in Stuttgart sein Abitur mit einem Notendurchschnitt von 1,7 ablegte.
Als der Nationalspieler und Leistungsträger des FC Bayern beim Rekordmeister seinen neuen, bis 2025 verlängerten Millionen-Vertrag ohne die branchenübliche Hilfe eines Beraters ausgehandelt hatte, wurde der 26-Jährige dafür durchaus bewundert. Endlich mal ein mündiger, selbstbestimmter Spitzenkicker, ein "Vorbild-Profi", wie es in vielen öffentlichen Kommentaren hieß.
Und jetzt?
Kimmich aber ist ein Promi, ein exponierter Nationalspieler - und damit Vorbild. Er gilt im Fußball als Wortführer, als Kapitän der Zukunft, in München und auch beim DFB-Team, das er erst zuletzt in Hamburg gegen Rumänien in Abwesenheit des angeschlagenen Torwarts
DFB wirbt für Corona-Impfung
Kimmich schadet - vermutlich ungewollt - auch der Impfkampagne des DFB ("Schiri, ich hab' schon Gelb"). Bundestrainer
Kimmichs Aussagen im TV-Sender Sky nach dem Heimsieg der Bayern gegen Hoffenheim erweckten den Anschein, dass er sich mit dem Thema Corona-Impfung beschäftigt hat. Im Verein, in der Bundesliga und der Nationalelf ist Corona seit Frühjahr 2020 ein ständiger Wegbegleiter. Ohne Impfstoffe könnte auch Kimmich inzwischen nicht wieder in vollen Fußballstadien spielen. Sie sichern seinen Job und auch sein Gehalt.
Die Profis wurden umfangreich aufgeklärt. Kimmich hat Infektionen zumindest in seinem direkten Fußballumfeld unmittelbar miterlebt wie bei
Kimmich lässt sich lieber weiter regelmäßig testen. Er beruft sich bei seinen Bedenken auf "fehlende Langzeitstudien", womit er allerdings nach Angaben von Immunologen falsch liegt. Zudem versichert er: "Ich bin mir meiner Verantwortung bewusst." Und eine Impfung in Zukunft schließt Kimmich auch nicht ausdrücklich aus.
Joshua Kimmich gilt als Vorbild
"Ich mag Spieler, die vorangehen und eine Meinung haben", sagte Bundestrainer Flick schon zu Bayern-Zeiten über die Leitfigur Kimmich. Der Mittelfeldspieler wirkt prägend, auf und neben dem Platz. Bayern-Chef Oliver Kahn äußerte sich nach dem erfolgreichen Vertragsabschluss mit Kimmich beeindruckt: "Was seine Verhandlungsqualitäten anbelangt, ist er wie als Spieler. Er hat genau gewusst, was er will, worauf er Wert legt. Das zeigt, dass er Verantwortung übernimmt, auch für sich selbst." Und sein Umfeld?
"Werte" und "Verantwortung" - darum geht es in der aufgeladenen Corona-Debatte nun auch für Kimmich. Als Topstar der Fußballszene ist er ein Multiplikator. "Joshua Kimmich ist einfach ein Vorbild, zu ihm schauen Leute auf, ihm hören Millionen zu", sagte die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Alena Buyx, am Montag bei Sky. Sie findet den Nationalspieler beim Thema Impfen "ganz schlecht beraten" und verweist auf eine "besondere Verantwortung" als Fußball-VIP. Auch Regierungssprecher Steffen Seibert verwies auf die "Vorbildwirkung".
Stiko-Vorsitzender Mertens widerspricht Kimmich
Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, wies Kimmichs Bedenken hinsichtlich fehlender Langzeitstudien bei den Corona-Impfstoffen deutlich zurück. "Joshua Kimmich ist sicher ein ausgewiesener Fachmann in Fragen des Fußballs, aber kein Fachmann in Fragen der Impfung und der Impfstoffe", sagte Mertens der Deutschen Presse-Agentur. "Dennoch hat er mit seinen Bedenken einem Problem Ausdruck verliehen, das sicher bei manchen Menschen in unserer Gesellschaft so gesehen wird", fügte Mertens hinzu.
Klar ist: Impfen ja oder nein ist - ob bei Kimmich oder anderen ungeimpften Profis beim FC Bayern und in der Bundesliga - immer eine private Entscheidung. Sie muss nicht verstanden werden, aber sie muss respektiert werden. Klar ist ebenso, dass sie bei einer öffentlichen Person wie Kimmich ein gesellschaftliches Signal ist. Das Bild des Vorbild-Profis, der etwa für die mit Bayern-Kollege Goretzka ins Leben gerufene Hilfsinitiative "We kick Corona" gefeiert worden ist, erhält einen anderen Anstrich.
AfD unterstützt Kimmichs Impfskepsis
Kimmich muss damit leben, nun von Impfgegnern oder Politikern und Agitatoren als Symbolfigur instrumentalisiert zu werden, auch wenn er deren Gedankengut wohl nicht in sich trägt. Unterstützung für seine Impfskepsis erhielt er am Montag etwa von AfD-Fraktionschefin Alice Weidel. Er selbst bemerkte zu dieser Problematik: "Das finde ich in der Debatte ein bisschen schade. Nicht geimpft bedeutet dann oftmals gleich, dass man Corona-Leugner oder Impfgegner ist."
Mit einem Piks könnte Kimmich - wie als Spielmacher auf dem Fußballplatz - das Corona-Spiel wieder in eine andere Richtung lenken. Alena Buyx nannte es wünschenswert, wenn er sich nochmal beraten lasse und "sich dann auch zur Impfung entscheidet. Das ist nicht nur für ihn selbst eine gute Sache, sondern auch für seine Mannschaft, seinen Verein und letztlich für uns alle." (dpa/ari)
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