Mutlos, planlos, lernresistent: Borussia Dortmund fliegt in Leipzig hochkant aus dem Pokal. Nun droht die nächste "wichtigste Woche" zu einem regelrechten Desaster zu werden.

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Gab es eine positive Erkenntnis an diesem aus Dortmunder Sicht ganz furchtbaren Abend in Leipzig, dann vielleicht diese: Hinterher versuchte kein einziger in Schwarz und Gelb, auch nur irgendetwas schönzureden.

"Wir sind sauer, wir sind angepisst, es war ein Scheißabend", sagte Trainer Edin Terzic. Der BVB sei von Leipzig "aufgefressen" worden "und das meine ich auch so", gab Kapitän Marco Reus zu. Julian Brandt spannte einen etwas größeren Bogen mit seinem Hinweis: "Wir sind jetzt beschissen in die Nach-Länderspielzeit gestartet." Oder Gregor Kobel: "Wir haben zwei bittere Niederlagen kassiert und einen aufs Maul bekommen!"

Die nächste herbe Abreibung für den BVB

Es war nicht das Ausscheiden allein im Spiel gegen RB Leipzig und damit die nächste vergebene Chance auf einen Titel in dieser Saison. Es war die Art und Weise, wie sich die Mannschaft – zum wiederholten Male – in einem besonders wichtigen Spiel präsentierte. Das 0:2 aus Dortmunder Sicht spiegelte nicht einmal im Ansatz die eigentlichen Kräfteverhältnisse wider.

Schon in München vier Tage zuvor wäre ein Debakel für den BVB möglich gewesen, Bayerns lasche Einstellung in der zweiten Halbzeit ließ die Borussia noch einigermaßen glimpflich davon kommen. In Leipzig verhinderte einzig und allein Gregor Kobel einen Drei- der Vier-Tore-Rückstand schon zur Halbzeit und es mutete wie ein Treppenwitz an, dass der BVB in der Nachspielzeit beim Stand von nur 0:1 sogar noch die Chance zum Ausgleich hatte – mit dem ersten und einzigen Torschuss überhaupt im gesamten Spiel.

Kein Lerneffekt, kein Plan B

Edin Terzic hat vor den Spielen in der Champions League gegen den FC Chelsea, in der Liga gegen die Bayern und im Pokal in Leipzig von den "wichtigsten Wochen" der Saison gesprochen. Nach drei absolut verdienten Niederlagen in diesen Spielen und nun nur noch einer statt drei Chancen auf einen Titel muss man wohl konstatieren, dass diese Borussia noch nicht so weit ist, um ganz oben mitzuspielen.

Nun bietet sich in der Liga weiter die Chance auf die Meisterschaft bei nur zwei Punkten Rückstand auf die ebenfalls nicht besonders gefestigten Bayern. Und auch die Tatsache, dass die Borussia noch fünf Heimspiele bei nur drei Auswärtsspielen zu absolvieren hat, könnte sich als ziemlich hilfreich herausstellen. Allerdings: Mit Leistungen wie in München oder in Leipzig dürfte der BVB kein einziges Spiel mehr gewinnen in dieser Saison. Zumal der Lerneffekt aus diesen "großen" Spielen gleich null scheint.

Wieder einmal verfällt die Mannschaft in alte Muster des letzten Jahres, tauchen die Führungsspieler ab und kommen auch von der Bank dringend notwendige Impulse gar nicht oder viel zu spät. Terzic und sein Trainerteam hatten keine Lösung für das ultra-aggressive Leipziger Pressing. Sobald die Gastgeber mit drei Angreifern auf- und dann kollektiv nachschoben – und das war in der ersten Halbzeit bei so ziemlich jedem Dortmunder Spielaufbau der Fall –, wurde es chaotisch und unsauber.

Die Folge waren schnelle Pässe auf den am nächsten postierten Spieler und damit mitten hinein ins Leipziger Geflecht, eine Einladung für eine derart pressingstarke Mannschaft. "Wir haben mit zu vielen Kontakten gespielt und den Gegner eingeladen, uns zu pressen, indem wir Querpässe gespielt haben. Wir haben selten die Tiefe gefunden, konnten selten für Entlastung sorgen und haben uns gewundert, dass es Zweikämpfe gibt, sowohl in der Defensive als auch in der Offensive", sagte Terzic, den man wohl noch nie so ohnmächtig gesehen hat wie in den Minuten nach dem Spiel.

Allerdings: Ohne einen funktionierenden Plan B, und das wäre dann Terzics Aufgabe, kam das alles auch gar nicht so überraschend. Und wenn dann mit Sebastien Haller auch noch der Spieler fehlt, der einen langen Ball auch festmachen kann, bleibt nicht mehr viel übrig vom Dortmunder Offensivspiel.

Verspielt der BVB nun alles?

Nicht jede Mannschaft wird so energisch und unnachgiebig pressen können wie Leipzig und nicht jede so einen Angriffswirbel entfachen wie die Bayern. Aber die beiden letzten Spiele liefern allen kommenden BVB-Gegnern zumindest in Ansätzen Blaupausen, wie der Mannschaft beizukommen ist.

Schon am Wochenende stellt sich die nächste enorm wichtige Konstellation dar: Der BVB empfängt Union Berlin. Ein Heimspiel zwar, allerdings gegen einen der unangenehmsten Gegner überhaupt. Zur selben Zeit spielen die Bayern bei ihrem Pokal-Bezwinger SC Freiburg. Es würde zu dieser eigenartigen Saison passen, wenn die Tabellenführung am Samstagabend schon wieder gewechselt hat. Mit einer guten Portion Hoffnung allein lässt sich aber auch kein Titelrennen bestreiten.

Jeder, der es mit der Borussia hält, darf nach den letzten beiden Auftritten im nächsten Spiel eine Reaktion der Mannschaft erwarten. Ab jetzt zählen nur noch Siege, ist jedes Spiel ein Endspiel für den BVB. Der Umgang der Mannschaft mit diesen Drucksituationen zuletzt war nicht gut, die Ergebnisse waren es allemal nicht.

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Umso wichtiger wird der kommende Samstag. Im besten Fall erobert die Mannschaft die Tabellenführung zurück, zumindest aber bleibt der Meisterschaftskampf spannend. Gefühlt kann dann aber auch schon alles vorbei sein. Eine dritte Niederlage innerhalb von acht Tagen könnte schon das Ende aller Träume bedeuten und die Chance auf den letzten Titel begraben. Eine der "wichtigsten Wochen" würde dann aus Dortmunder Sicht zum regelrechten Alptraum.

Verwendete Quellen:

  • zdf.de: Reus: "Leipzig hat uns aufgefressen"
  • sport1.de: Terzic rechnet mit BVB-Stars ab
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