Keine Frage: Nicht nur für die CSU als Partei kann die bayerische Landtagswahl eine Zäsur bedeuten. Sollten die Umfragen nur ansatzweise Realität werden, wird sich nicht nur der Freistaat dauerhaft verändern. Die wichtigsten Szenarien im Überblick.
Womit muss die CSU rechnen?
Seit Ende Juni sagen alle Umfragen der bislang allein regierenden CSU einen katastrophalen Ausgang der Wahl mit weniger als 40 Prozent voraus. Zum Vergleich: 2013 holte die Partei mit 47,7 Prozent noch die absolute Mehrheit, 2003 gelang dies gar mit 60,7 Prozent. Solche Werte sind im Oktober 2018 in schier unerreichbarer Ferne. Zuletzt dümpelte die Partei bei Werten um die 33 bis 35 Prozent, für die CSU und ihren Anspruch als allein regierende Partei ein Desaster. Sie wird sich je mindestens einen Koalitionspartner suchen müssen.
Muss Ministerpräsident Markus Söder um seinen Job fürchten?
Prinzipiell ja. Theoretisch könnte eine historische CSU-Pleite der Karriere des 51-jährigen Franken ein jähes Ende bereiten. Erfahrungsgemäß geht die CSU nach schlechten Wahlergebnissen nicht zimperlich mit ihrem Spitzenpersonal um. Letztlich hat ja auch
Was bedeutet das Ergebnis für CSU-Chef Horst Seehofer?
Auch wenn der Bundesinnenminister jüngst betonte, sein bis Herbst 2019 gewähltes Spitzenamt als Parteichef erfüllen zu wollen, steht seine politische Zukunft unter keinem guten Stern. Viele in der CSU hadern schon lange mit der Person
Könnte das Wahlergebnis auch der Bundesregierung schaden?
Ja. Niemand mag derzeit vorauszusagen, welche Reflexe in der CSU zu Tage treten, wenn die Wahl in Bayern desaströs ausgeht. Denkbar ist vieles, sollte Seehofer aus dem Vorsitzendenamt gejagt werden. Ein dickes Fragezeichen muss man auch hinter seine Zukunft als Bundesinnenminister machen. An diesem Dienstagnachmittag will er sich in Berlin öffentlich ausdrücklich als CSU-Vorsitzender über die Auswirkungen der Landtagswahl auf die Bundespolitik äußern. Fakt ist, dass viele in der Partei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre Entscheidungen in der Asylpolitik von 2015 als entscheidenden Faktor für alle Probleme der CSU ansehen. Auf zu viel Loyalität aus dem Freistaat darf die große Koalition also nicht hoffen.
Welche Koalitionen könnten sich in Bayern bilden?
Das hängt natürlich vom konkreten Ausgang ab. Wenn es für die beiden reicht, ist ein Bündnis zwischen CSU und den eher konservativen Freien Wählern am Wahrscheinlichsten. Denkbar ist ansonsten eine Dreierkoalition mit der FDP (wenn die in den Landtag kommt). Rechnerisch sicher möglich dürfte eine Koalition von CSU und Grünen sein. Manche Umfragen ließen sogar ein Bündnis von Grünen, SPD, Freien Wählern und FDP gegen die CSU möglich erscheinen. Ob die im Wahlkampf geäußerten Bedenken oder gar Absagen gegen das eine oder andere Bündnis wirklich zum Tragen kommen, muss abgewartet werden. Einzig die AfD wurde zuvor von allen anderen Partei klar als Partner ausgeschlossen.
Ist der Einzug der AfD in den bayerischen Landtag ausgemachte Sache?
Davon ist sicher auszugehen. Seit 2015 erreichen die Rechtspopulisten in jeder Umfrage Werte oberhalb der Fünf-Prozent-Hürde. Jüngst lag die Partei bei 10 bis 14 Prozent. Sollte die AfD - was zu erwarten ist - auch bei der Ende Oktober anstehenden Landtagswahl in Hessen erfolgreich sein, wäre sie in allen deutschen Parlamenten vertreten.
Müssen noch anderen Parteien den Ausgang der Bayernwahl fürchten?
Ja, allen voran die SPD. Wie der CSU droht ihr eine herbe Pleite. Umfragen prophezeien einen Absturz an den Rand der Einstelligkeit. Im Landtag wäre die SPD, bislang immerhin noch zweistärkste Kraft, dann nur noch eine von mehreren kleinen Oppositionsfraktionen. Dann dürfte auch die politische Karriere von Landeschefin und Bundesvize Natascha Kohnen jäh enden. Auch FDP und Linke müssen bangen. Sie könnten wie schon vor fünf Jahren den Einzug in den Landtag verpassen.
Und die restlichen Parteien?
Neben der AfD könnten die Grünen am Ende der große Wahlgewinner werden. In den Umfragen liegt die Partei seit Wochen bei Werten um die 18 Prozent, sie könnte also das 2013er-Ergebnis mehr als verdoppeln. Auch die außerhalb Bayerns unbedeutenden Freien Wähler dürfen dem Wahlausgang relativ gelassen entgegenblicken. Sie können sich den Umfragen zufolge auf eine leichte Verbesserung ihres bisherigen Ergebnisses gefasst machen und sind damit ernstzunehmende Koalitionsanwärter. © dpa
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