• Die AfD stellt laut Medienberichten CDU-Mann Max Otte als Kandidaten bei der Bundespräsidentenwahl auf.
  • Der Vorsitzende der Werte-Union sieht das als eine große Ehre - und als eine Chance.
  • In der Union mehren sich die Rufe nach einem Parteiausschluss.

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Der Vorsitzende der konservativen Werte-Union, Max Otte, schließt nicht aus, für die AfD als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten anzutreten.

"Die Kandidatur als Bundespräsident angetragen zu bekommen, ist eine der größten Ehren, die einem widerfahren kann", sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur auf die Frage, ob er für die AfD antreten werde. "Das Amt bietet die Chance, zu heilen, zu versöhnen, zu ermahnen. Ich berate mich mit meiner Familie und denke intensiv darüber nach."

Brandner: AfD hat Otte angesprochen

AfD-Vize Stephan Brandner bestätigte am Dienstag, dass sich die AfD für Otte als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten ausgesprochen habe. Das Ergebnis in einer Schalte von Bundesvorstand und Landeschefs am Vorabend sei eindeutig gewesen, sagte Brandner in Berlin.

Er sprach von einem ganz klaren Bekenntnis zu Otte. Man habe einen Politiker gefunden, der ein "gutes Ansehen in der Öffentlichkeit" genieße. Es wird erwartet, dass sich Partei- und Fraktionschef Tino Chrupalla am Nachmittag bei einer Pressekonferenz näher zu dem Thema äußert.

Auf die Frage, ob Otte schon zugesagt habe, sagte Brandner, er habe noch nicht persönlich mit ihm gesprochen. "Aber nach meiner Kenntnis ist er nach wie vor Feuer und Flamme, als unser Kandidat für den Bundespräsidenten ins Rennen zu gehen."

Dem Nachrichtenportal "Welt" sagte Otte am Dienstag, er wolle sich "heute oder morgen" entscheiden, ob er den Vorschlag annehmen werde. Er freue sich, wenn sich seine eigene Partei dem anschließe.

Armin Laschet: Nominierung von der AfD ist "eine Schande"

Der scheidende CDU-Parteichef Armin Laschet kritisierte Otte scharf. "Von der AfD als Präsidentschaftskandidat nominiert zu werden, ist keine Ehre, sondern eine Schande", schrieb er auf Twitter. Wer dies als Christdemokrat überhaupt erwäge, schädige das Ansehen der Union, verletze ihre Werte und habe in der CDU nichts verloren. Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt legte Otte den Austritt aus der CDU nahe.

Die Spitze der Unionsfraktion machte deutlich, dass sie im Falle einer Bundespräsidenten-Kandidatur für die AfD gar ein Verfahren zum Ausschluss Ottes aus der CDU für unausweichlich halte. "Eine Kandidatur für eine andere Partei, erst Recht in diesem Fall für die AfD, wäre absolut indiskutabel", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), in Berlin.

Eine solche Kandidatur würde gegen alle Regeln verstoßen und "wäre eindeutig ein parteischädigendes Verhalten, das zwingend auch zu einem Ausschluss führen müsste", ergänzte er.

CDU-Spitze setzt Otte Ultimatum für Parteiaustritt

Die CDU-Spitze forderte Otte nach dessen Nominierung durch die AfD zum Verlassen der Partei auf. Wer so etwas als Christdemokrat überhaupt erwäge, "der verletzt die Werte der CDU und hat in unserer Partei nichts verloren", sagte Generalsekretär Paul Ziemiak.

"Wir fordern auch ganz ausdrücklich Herrn Dr. Otte auf, die CDU zu verlassen." Die CDU-Spitze setzte Otte ein Ultimatum bis 17:30 Uhr, um zu erklären, ob er die Nominierung annehme. Um 18:00 Uhr werde der Bundesvorstand über das weitere Verfahren beraten, kündigte der neue Generalsekretär Mario Czaja an, der aber noch nicht im Amt ist.

CDU-Landeschef Wüst: Otte "hat bei uns nichts verloren"

Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident und CDU-Landeschef Hendrik Wüst fordert Otte zum Austritt aus der CDU auf. "Herr Otte sollte die CDU verlassen. Er hat bei uns nichts verloren", sagte Wüst der "Rheinischen Post" (Mittwoch).

Wüst sprach sich für ein Parteiausschlussverfahren aus, falls Otte für die AfD für das Amt des Bundespräsidenten kandidieren werde. Die CDU stehe für ein christliche Menschenbild, für ein freiheitliches und respektvolles Miteinander. "Das, was ich von Herrn Otte wahrnehme, hat nichts mit der CDU zu tun".

Ähnliche Worte findet CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak: "Wer nicht unverzüglich ausschließe, sich durch AfD-Vertreter wählen zu lassen, "verletzt das Wertefundament der CDU in einem so erheblichen Maße, dass er keinen Platz in der CDU mehr haben kann", sagte Ziemiak am Dienstag

Otte erklärte dem "Westfälischen Anzeiger", er wolle Mitglied der CDU bleiben. "Ich bin und bleibe CDU-Mitglied, das habe ich immer gesagt", betonte er demnach am Dienstag. "Das Amt (des Bundespräsidenten) ist überparteilich, das ist ein völlig normaler demokratischer Vorgang. Viele in der CDU unterstützen ja auch einen SPD-Kandidaten."

Kritiker werfen Otte vor, er wolle die Werte-Union zur AfD hin öffnen

Die Werte-Union mit nach eigenen Angaben rund 4.000 Mitgliedern sieht sich als Vertretung der konservativen Strömung in der Union, ist aber keine offizielle Parteigliederung. Interne Kritiker haben Otte schon länger vorgeworfen, die Werte-Union nach rechts rücken und zur AfD hin öffnen zu wollen.

Otte hatte 2017 in einem Interview angekündigt, er wolle bei der Bundestagswahl die AfD wählen - auch wegen des Kurses von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Der Fondsmanager war bis Januar 2021 Kuratoriumsvorsitzender der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung gewesen.

Chancen auf das Amt des Bundespräsidenten hat Otte praktisch nicht. Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier kandidiert mit Unterstützung der Regierungsparteien und der Union für weitere fünf Jahre. Vor gut zwei Wochen hatte die Linke den Mainzer Sozialmediziner Gerhard Trabert als weiteren Kandidaten nominiert.

Die Bundesversammlung tritt am 13. Februar zur Wahl des Bundespräsidenten zusammen. Sie wird 1.472 Mitglieder zählen - die 736 Abgeordneten des Bundestags und eine gleich große Zahl von Menschen, die die 16 Landtage entsenden. Mit den Stimmen von SPD, Grünen, FDP und CDU/CSU kann Steinmeier praktisch sicher mit einer Wiederwahl rechnen. Oppositionsparteien haben immer wieder eigene Bewerber ins Rennen ums höchste Staatsamt geschickt, auch wenn dies aussichtslos war. (dpa/mbo/ari)

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