Bayern feiern, SPD bashen, Klima schützen: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder schlendert im Sommerinterview von einem Wohlfühl-Thema zum nächsten. Einstecken will er nicht, also teilt er kräftig aus, vor allem gegen die „absurde“ SPD und die AfD.
Eines muss man
Klimaschutz? Bayern legt schon los und Vorschlag um Vorschlag auf den Tisch des Klimakabinetts. Migration und Integration? Bayern schafft die richtige Balance aus Humanität und Ordnung. Und überhaupt, so Söder in seinem Schlusswort: "Bayern funktioniert gut, da kann man sich ruhig mal ein Beispiel nehmen."
Für Söder wie für Banerjee war es die Premiere im Sommerinterview, und sie gingen es betont locker an, auf einer Dachterasse in Nürnberg, der Ministerpräsident ohne Krawatte, seine Gesprächspartnerin mit einigen flotten Entweder-oder-Fragen zu Beginn.
Wenig überraschend entschied sich Söder für Staatskanzlei statt Bierzelt und für Bayern statt Bundeskanzler, und sehr viel heikler wurde es auch nicht, jedenfalls nicht für den CSU-Chef, der sich hauptsächlich seine zwei Lieblingsgegner vorknöpfte: die SPD und die AfD.
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Ein Kampf, der niemandem weh tut?
Das erste Themenfeld gehörte allerdings dem Klimaschutz, den die Union jetzt auch für sich entdeckt hat, mit Söder in der Vorhut. Den Kohleausstieg will der CSU-Chef am liebsten vorziehen, auf Fotos umarmt er neuerdings sogar Bäume.
Der Waldbestand soll aufgeforstet werden, nur eine von vielen Maßnahmen, die er ins Arsenal holen will im Kampf gegen Klimawandel. So richtig weh tun, bemerkte Banerjee allerdings spitz, soll dieser Kampf aber wohl niemandem: "Klimaschutz wird was kosten, wann sagen sie dem Wähler das?".
Das sage doch eh jeder, entgegnete Söder, der sich wohl nicht mehr daran erinnern konnte, was er vor einigen Augenblicken noch versprochen hatte: Pendler sollen einen Ausgleich erhalten, falls das Benzin teurer wird, "und auch die sozial Schwächeren müssen bedacht werden".
Banerjee ersparte dem bayrischen Ministerpräsidenten die Nachfrage, warum die Bürgerinnen und Bürger ausgerechnet das Großprojekt Klimawende einer Partei anvertrauen sollen, deren Verkehrsminister nicht einmal eine EU-rechtskonforme Maut zuwege bringt - geschweige denn mit dem Debakel souverän umgeht.
Es wäre auch ein Bruch mit der vertraulich-gemütlichen Atmosphäre auf der Dachterrasse über Nürnberg gewesen, die offensichtlich auch die Toningenieure angesteckt hatte. Sie hielten es jedenfalls für zumutbar, dass der Straßenlärm das Interview teils fast übertönte und ständig ein Ratschen zu hören war, vermutlich weil Söders Manschettenknopf immer wieder über den Steintisch glitt. Sie ließen es durchgehen. Banerjee versuchte immerhin, Söder nicht alles durchgehen zu lassen.
"Vielleicht hilft der Sommer"
Was die CSU mit dem angespannten Klima im politischen Diskurs zu tun hat, mit dem Hass, der Häme, der Respektlosigkeit, mit der in Deutschland derzeit vor allem im Internet diskutiert wird, wollte sie wissen. Natürlich nichts, wenn es nach Söder geht.
Banerjee macht den Parteivorsitzenden auf seine eigene Wortwahl aufmerksam, auf das "Asylgehalt", das Flüchtlinge angeblich beziehen, aber auch an Kampfbegriffe wie "Klimahysterie", den er gerade erst vor ein paar Minuten benutzt hatte.
Es hätte weitere Beispiele gegeben, nicht zuletzt Horst Seehofers "letzte Patrone", aber auch das hätte wohl nichts daran geändert, dass Söder sich lieber selektiv erinnerte: Daran nämlich, dass er, "als einziger Politiker in Deutschland", wie er behauptete, mal ein Wort zurückgenommen habe, den "Asyltourismus" nämlich.
"Das ist ein Wort", sagte Banerjee, und fragte, ob die CSU nicht am Fundament des Rechtsstaats säge. "Ich glaube, dass sie eine Eigenprägung hereinbringen, die an der Realität vorbei geht", sagte Söder. "Meine Realität ist eine andere." Bayern nämlich halte "mit Abstand die beste Balance" zwischen Integration und konsequenter Abschiebung von Kriminellen. Nachfragen bügelte Söder unwirsch ab, unterstellte Banerjee sogar eine "Tendenz in der Einschätzung".
Die politische Verantwortung für das Klima des Hasses verortet der CSU-Chef dagegen vor allem bei der AfD, genauer gesagt beim berüchtigten "Flügel" um Björn Höcke, den Söder "stellen" will.
Konkreter wurde es nicht, auch nicht, als Söder seine Ideen zur Einschränkung von Hass-Postings darlegte. Regeln ja, Meinungsfreiheit einschränken nein, wie das zusammengehen soll, dieser Herausforderung hat sich nicht etwa Markus Söder noch nicht hinreichend gestellt, sondern "wenn wir ehrlich sind, haben wir uns in Deutschland dem noch nicht genug genähert."
Was für entschiedene Positionen herauskommen, wenn sich Markus Söder einem Thema sehr nahe fühlt, erleben die Zuschauer beim abschließenden Schwenk auf die Tagespolitik und die SPD. "Absurd" sei es, dass die SPD ihre Zustimmung zu Ursula von der Leyen als Kommissionspräsidentin der EU verweigere. "Die SPD kommt mir vor wie eine Partei, die jede Ausfahrt verpasst und weiter auf die Wand zufährt."
Aber wann es zum Crash, vulgo Koalitionsbruch kommt, darauf wollte sich Söder, plötzlich wieder ganz locker und zahm, dann doch nicht festlegen: "Ich stelle keine Ultimaten, was ich mir wünsche ist ein neuer Geist, eine neue Lust am Regieren, vielleicht hilft da der Sommer."
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