Die Ukraine hat mit den Niederlanden ein Sicherheitsabkommen unterzeichnet. Nun kann sich Wolodymyr Selenskyj über weitere Waffen freuen. Derweil greift Moskau Berlin nach einem wohl abgehörten Telefonat an.

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Die von Russland angegriffene Ukraine hat mit den Niederlanden ein Sicherheitsabkommen unterzeichnet. "Das Dokument sieht zwei Milliarden Euro an Militärhilfe von den Niederlanden in diesem Jahr vor", verkündete Präsident Wolodymyr Selenskyj am Freitag über Telegram. Zur Unterzeichnung war der niederländische Regierungschef Mark Rutte in die ostukrainische Großstadt Charkiw gereist.

Mit dem Vertrag bekommt Kiew von der Führung in Den Haag kurzfristig weitere Unterstützung bei Flugabwehr, Artillerie, gepanzerten Fahrzeugen und weitreichenden Waffen in Aussicht gestellt. Die Ukraine werde auch künftig bei ihrem Streben nach einem Beitritt zur Europäischen Union und zur Nato von den Niederlanden unterstützt, heißt es. Ähnlich wie andere Abkommen zuvor mit Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Dänemark und Kanada wurde der Vertrag auf zehn Jahre geschlossen.

Selenskyj und Rutte besichtigten am Rande der Unterzeichnung mehrere durch russischen Beschuss beschädigte Wohnhäuser und das bereits im März 2022 durch einen Raketenschlag getroffene Gebäude der Gebietsverwaltung.

Wolodymyr Selenskyj dankt Niederlanden für neue Rüstungshilfen

Der ukrainische Präsident bedankte sich anschließend auch in seiner täglichen Videobotschaft für das neue Rüstungspaket. "Heute gibt es ein neues Paket an militärischer Hilfe von den Niederlanden für unsere Soldaten", sagte Selenskyj. Die Videoaufnahme machte der ukrainische Präsident in der von Russlands Angriffskrieg schwer gezeichneten Millionenstadt Charkiw.

Dabei betonte Selenskyj einmal mehr die Bedeutung der Flugabwehr für den Schutz des Landes. Mit ihrer Beteiligung an der Koalition der Staaten, die Kiew F-16-Kampfjets liefern, leisteten die Niederlande einen wichtigen Beitrag, um den Himmel über der Ukraine zu sichern, sagte er.

Für März versprach Selenskyj seinen Landsleuten weitere Rüstungspakete und neue Sicherheitsabkommen mit anderen Staaten. Details dazu nannte er nicht. Die Ukraine ist in ihrem nunmehr gut zwei Jahre währenden Abwehrkampf gegen die russische Invasion abhängig von westlicher Unterstützung.

Wurde Kommunikation der Luftwaffe abgehört?

Derweil erhöht ein Abhörskandal die Spannungen zwischen Deutschland und Russland. Das Verteidigungsministerium in Berlin prüft nach Vorwürfen aus Moskau, ob Kommunikation im Bereich der Luftwaffe abgehört wurde.

"Das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD) hat alle erforderlichen Maßnahmen eingeleitet", teilte eine Sprecherin des Ministeriums auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mit. Zuvor hatten russische Medien über ein möglicherweise abgehörtes Gespräch berichtet. Darin sollen Offiziere der Bundeswehr zu hören sein, wie sie über theoretische Möglichkeiten eines Einsatzes deutscher Taurus-Raketen diskutieren.

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Das russische Außenministerium forderte nach dem angeblich abgehörten Gespräch ranghoher Bundeswehroffiziere eine Erklärung der Bundesregierung. "Versuche, um Antworten herumzukommen, werden als Schuldeingeständnis gewertet", schrieb Moskaus Außenamtssprecherin Maria Sacharowa auf ihrem Telegram-Kanal. Zugleich veröffentlichte Margarita Simonjan, die Chefin des russischen Staatssenders RT, einen angeblichen Audiomitschnitt des rund 30-minütigen Gesprächs. Wie Simonjan an die Aufnahmen gekommen ist, sagte sie nicht.

In dem Mitschnitt soll es unter anderem um die Frage gehen, ob Taurus-Raketen technisch theoretisch in der Lage wären, die von Russland gebaute Brücke zur bereits seit 2014 annektierten Halbinsel Krim zu zerstören. Ein weiterer Punkt im Gespräch ist demnach, ob die Ukraine den Beschuss ohne Bundeswehrbeteiligung bewerkstelligen könnte. Allerdings ist in dem Mitschnitt auch zu hören, dass es auf politischer Ebene kein grünes Licht für den Einsatz gibt.

Roderich Kiesewetter: Gespräch wurde wahrscheinlich "ganz gezielt durch Russland zum jetzigen Zeitpunkt" geleakt

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat mehrfach betont, dass er gegen die Lieferung von Taurus-Raketen an die Ukraine ist. Er begründete dies mit der Gefahr, dass Deutschland in den von Russland begonnenen Angriffskrieg hineingezogen werden könnte.

Der CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter rechnet vor diesem Hintergrund mit weiteren Veröffentlichungen durch Russland. "Es werden sicher noch etliche andere Gespräche abgehört worden sein und gegebenenfalls zu späteren Zeitpunkten im Sinne Russlands geleakt werden", sagte er dem Nachrichtenportal ZDFheute.de.

Man müsse davon ausgehen, "dass das Gespräch ganz gezielt durch Russland zum jetzigen Zeitpunkt geleakt wurde in einer bestimmten Absicht. Diese kann nur darin liegen, eine Taurus-Lieferung durch Deutschland zu unterbinden." Russland wolle Scholz abschrecken, indem man "öffentlich zeigt, wie tief Russland die deutschen Entscheidungsvorbereitungen dazu bereits aufgeklärt hat".

Kiew: Russisches Militär macht Druck auf neue Frontlinie

Weil die westliche Hilfe inzwischen erlahmt ist, gerät die Ukraine zunehmend in die Defensive. So hält Russland nach Angaben des ukrainischen Militärs den Druck vor allem westlich und südwestlich der Industriestadt Donezk hoch. Im Raum Awdijiwka seien 20 Attacken abgewehrt worden, im Raum Nowopawliwka habe das russische Militär 25 Mal versucht, die Verteidigungslinien zu durchbrechen, teilte der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht mit. Erst vor wenigen Wochen hatte das ukrainische Militär den seit Monaten umkämpften Festungsraum um Awdijiwka räumen müssen. Nun gerät die nächste Verteidigungslinie dahinter unter Druck.

So berichtet der Generalstab von Angriffen auf die Ortschaften Berdytschi, Orliwka und Tonenke, wo sich das ukrainische Militär nach dem Rückzug aus Awdijiwka eingraben wollte. Weiter südlich geraten nach der russischen Eroberung von Marjinka die ukrainischen Verteidiger in den Siedlungen Krasnohoriwka, Heorhijiwka und Nowomychajliwka in Bedrängnis. (ff/dpa)

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