Finanzminister Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Peter Altmaier geben in der Coronavirus-Krise ein klares Signal an betroffene Firmen. Ein Schutzschild in Milliardenhöhe soll die deutsche Wirtschaft vor den Folgen des Coronavirus schützen.
Die Bundesregierung will Unternehmen angesichts der Auswirkungen der Coronavirus-Krise mit einem gewaltigen Schutzschild beistehen. Finanzminister
Scholz: "Deshalb wird hier nicht gekleckert, es wird geklotzt"
Der Bund habe dafür Garantierahmen in Milliardenhöhe angehoben. Der Staat übernimmt damit erheblich mehr Risiko, falls Kredite nicht zurückgezahlt werden. Außerdem geht es um die Stundung von Steuern und Abgaben in Milliardenhöhe.
Ziel eines Maßnahmenpakets ist es, die Liquidität von Firmen sicherzustellen, die wegen der Coronavirus-Krise in Finanznöte geraten - weil Aufträge wegbrechen oder es zu Liefer- und Produktionsengpässen kommt.
Es gebe keine Grenze nach oben bei der Kreditsumme, welche die Staatsbank KfW vergeben könne, sagte Scholz. Es sei ausreichend Geld da. Altmaier sprach von der umfassendsten und wirksamsten Hilfestellung, die es in der Geschichte der Bundesrepublik bisher gegeben habe. Es gehe auch darum, das Vertrauen von Investoren in den Standort Deutschland und die EU zu kräftigen.
Die Minister versicherten, die Bundesregierung werde alles Notwendige tun, um die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Krise einzudämmen. "Wir legen gleich (...) alle Waffen auf den Tisch und zeigen, dass wir gewissermaßen stärker sind als das Problem, das uns da ökonomisch begegnen kann", sagte Scholz. Die Herausforderungen seien gewaltig. "Diese Krise betrifft uns alle." Scholz betonte: "Deshalb wird hier nicht gekleckert, es wird geklotzt."
EU-Kommission rechnet mit schrumpfender Wirtschaft
Die Coronavirus-Krise belastet viele Branchen massiv. Messen und Veranstaltungen werden abgesagt, Reisen storniert. Zugleich geht die Nachfrage aus dem Ausland zurück und internationale Lieferketten werden gestört, was sich auf die Produktion in Deutschland auswirkt.
Viele Ökonomen gehen inzwischen davon aus, dass Deutschland in die Rezession rutscht. Nach Einschätzung der EU-Kommission wird die Wirtschaft in der Europäischen Union in diesem Jahr schrumpfen.
Das Hilfspaket der Bundesregierung sieht vor, dass Firmen zum einen die Möglichkeit von Steuerstundungen in Milliardenhöhe gewährt werden soll - mit dem Ziel, die Liquidität zu verbessern. Außerdem soll es "im Volumen unbegrenzte" Maßnahmen zur Liquiditätsausstattung geben, wie aus einem Papier hervorgeht. Wegen der hohen Unsicherheit in der jetzigen Lage sei bewusst auf eine Begrenzung verzichtet worden.
Bestehende Kreditprogramme sollen ausgeweitet werden - damit Firmen günstige Kredite bekommen. Bedingungen dafür sollen gelockert werden. Eine zentrale Rolle spielt die Staatsbank KfW. Daneben wird der Zugang zu Bürgschaften erheblich erleichtert.
Für Firmen, die krisenbedingt vorübergehend in ernsthafte Finanzierungsprobleme geraten und daher nicht ohne Weiteres Zugang zu bestehenden Förderprogrammen haben, soll es zusätzliche Sonderprogramme geben.
Die Regierung werde die KfW in die Lage versetzen, die Programme entsprechend auszustatten - indem die notwendigen Garantievolumina zur Verfügung gestellt werden. Im Haushalt stehe bisher ein Garantierahmen von 460 Milliarden Euro zur Verfügung, der nun um bis zu 93 Milliarden Euro erhöht werden kann.
Scholz machte aber klar, dass dies nicht das Ende der Fahnenstange sei. Weitere Volumina könnten im Notfall vom Haushaltsausschuss des Bundestags genehmigt werden. Die Sonderprogramme werden nun laut Papier bei der EU-Kommission zur Genehmigung angemeldet. Brüssel muss wegen beihilferechtlicher Fragen zustimmen.
Wirtschaftsverbände begrüßen die Maßnahmen
Spitzenverbände der Wirtschaft begrüßten die Maßnahmen vor einem am Freitagabend geplanten Spitzentreffen mit Gewerkschaften und Kanzlerin Angela Merkel. So sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer: "Das Gesamtpaket ist ein wichtiges Signal, das die deutschen Unternehmen jetzt brauchen." Die deutsche Wirtschaft erhalte dadurch eine Chance, besser durch diese "extreme Krise" zu kommen.
"Das ist die Bazooka, mit der wir das Notwendige jetzt tun", sagte Scholz. Der Begriff "Bazooka" stammt aus der Staatsschuldenkrise und bezog sich auf die Europäische Zentralbank, die damals mit quasi "unbegrenzter Feuerkraft" die Krise eingedämmt hatte.
EZB-Präsident Mario Draghi hatte im Sommer 2012 auf dem Höhepunkt der Euroschuldenkrise die Eurozone außerdem mit dem Versprechen stabilisiert, die EZB werde alles tun, um den Euro zu retten ("Whatever it takes"). "Das ist ein 'Whatever it takes' der Bundesregierung", sagte der Chefvolkswirt der DekaBank, Ulrich Kater, zu den Ankündigungen am Freitag. Dies sei genau die Nachricht, die die Abwärtsspirale der Erwartungen durchbrechen könne.
Erleichtertes Kurzarbeitergeld beschlossen
Neben den Kreditprogrammen für Firmen sollen Beschäftigte in der Coronavirus-Krise außerdem durch öffentlich finanziertes Kurzarbeitergeld vor Arbeitslosigkeit geschützt werden. Der Bundestag beschloss am Freitag in einem beispiellosen Schnellverfahren einstimmig einen Gesetzentwurf für erleichtertes Kurzarbeitergeld.
Nach der Verabschiedung im Bundestag passierte er am Freitag auch den Bundesrat. Mehr Unternehmen als bisher sollen die Leistung der Bundesagentur für Arbeit (BA) ab April beantragen können. Die Sozialbeiträge sollen ihnen zudem voll von der BA erstattet werden.
Die Bundesregierung schloss außerdem weitergehende Hilfen nicht aus. So könnten Konjunkturprogramme aufgelegt werden, falls nötig, sagte Scholz. Doch jetzt könne ein Programm, das dazu führt, dass die Menschen hinausgehen, aus gesundheitlichen Gründen gerade das Falsche sein. Deswegen seien die beschlossenen Kreditzusagen für Unternehmen derzeit zunächst das Richtige. Maßnahmen wie ein Vorziehen der Soli-Teilabschaffung aber seien nicht vom Tisch.
Altmaier sagte: "Wir sind heute der Auffassung, dass es richtig war, jetzt diesen Schritt zu tun, damit die nötigsten und drängendsten Probleme der Unternehmen gelöst werden." Die weitere Entwicklung werde aber beobachtet, weitere Maßnahmen würden ergriffen, wenn es dafür der richtige Zeitpunkt sei.
Der Wirtschaftsminister hatte einen Drei-Stufen-Plan vorgelegt - erreicht ist nun Stufe zwei. Stufe drei wären Konjunkturprogramme in großem Stil.
Bund muss "schwarze Null" aufgeben
Scholz betonte, angesichts der guten Haushaltslage könne der Staat das tun, "was jetzt notwendig ist". Der Bund hatte in den vergangenen Jahren angesichts der guten Wirtschaftslage und sprudelnder Steuereinnahmen Milliardenüberschüsse erzielt.
Der Finanzminister deutete aber an, dass sich der Bund für die Hilfsprogramme verschulden muss - und damit den jahrelangen Kurs der "schwarzen Null" aufgibt, einer Politik ohne Neuverschuldung. Scholz sagte, es sei nicht unplausibel, dass es nun zusätzlichen Geldbedarf gebe. "Man darf einer Krise nicht hinterhersparen". Die Krise bleibe nicht ohne Folgen für Ausgaben und Einnahmen. Scholz will nächste Woche Eckpunkte für den Bundeshaushalt 2021 vorlegen.
Der Finanzminister betonte auch die Bedeutung eines gemeinsamen Vorgehens in der EU, die nun eine "Schicksalsgemeinschaft" sei. Die EU-Kommission kündigte an, im Falle eines Wirtschaftseinbruchs wegen der Coronavirus-Krise die europäischen Fiskalregeln auszusetzen. (awa/dpa)
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