• Die Energie-Krise und der Ukraine-Krieg waren die bestimmenden Themen bei Sandra Maischberger.
  • Kabarettist Florian Schroeder machte sich über die Wortwahl von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lustig.
  • Auch Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) bekam ihr Fett weg – weil sie schon wieder Tipps zum Umgang mit Russland gab.
Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Thomas Fritz dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Das war das Thema

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Mit einem "Doppel-Wumms" will Bundeskanzler Olaf Scholz im Kampf gegen die hohen Energiepreise Bürgerinnen und Bürger unterstützen. Gemeint ist ein 200-Milliarden-Euro-Abwehrschirm. Wofür das Geld genau eingesetzt werden soll, ist noch unklar. Auch über die Fairness der geplanten Gaspreisbremse wird rege diskutiert. So auch am Dienstagabend (04. Oktober) in der Talkshow von Sandra Maischberger.

Zweites Thema war die brutale Kriegsführung in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol. Die Deutschlehrerin Viktoria Bakhur und ihre Schülerin Xenia Fomina schilderten ihre Erlebnisse vom Überleben und der Flucht.

Das waren die Gäste

  • Marcel Fratzscher: Für den Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung ist die Gaspreisbremse "kein ideales Instrument", weil sie viele Unternehmen und Verbraucher nicht zielgerichtet unterstützen kann. Er sprach sich stattdessen für Direktzahlungen aus. Der Ökonom rechnet mit großen Problemen für deutsche Unternehmen – wegen den höheren Energiekosten im Vergleich zu Wettbewerbern aus Amerika und Asien, der fehlenden Planbarkeit und des nachlassenden Konsums durch die Inflation. Ob ein dauerhafter Schaden für die Wirtschaft mit vielen Pleiten entstehe, hänge vom Inhalt des Entlastungspaketes ab. Schließlich appellierte Fratzscher an die Deutschen, Gas zu sparen, um eine Gasmangellage zu vermeiden.
  • Hermann-Josef Tenhagen: Der Verbraucherexperte ("Finanztip") hatte eine klare Botschaft für die kommenden Monate. "Es wird schwierig und es wird teuer". Zumindest beim Strompreis, wo er "nur" Steigerungen um 50 Prozent vorhersagte, gab Tenhagen vorsichtig Entwarnung. Dennoch meinte er: "Es wird nicht vorbei sein mit dem Winter." Die Leute könnten nur gucken, dass sie angesichts der Preisentwicklung trotz der Gaspreisbremse möglichst viel Energie sparen. Insgesamt wirkte sein Auftritt mit zahlreichen Praxis-Tips ("zum Grundversorger wechseln!") ein wenig wie eine Ausgabe von "Finanztip-TV".
  • Florian Schroeder: Der Kabarettist fand Olaf Scholz' Bezeichnung Doppel-Wumms "ein bisschen infantil" und "ein bisschen albern." Als seien die Wähler Kinder, denen man die Erwachsenensprache nicht mehr zumuten müsse. Dagegen lobte Schroeder das vorsichtige Vorgehen der Bundesregierung im Ukraine-Krieg. Ja, Deutschland müsse die Ukraine unterstützen, aber "vorsichtig entschieden". Dafür gab es viel Applaus. Der russische Präsident Wladimir Putin habe sich derweil "in einen Verschwörungsraum reingeschwurbelt", analysierte Schroeder. Es ist in seinen Augen immer schwerer, dessen Aussagen rational nachzuvollziehen.
  • Eva Quadbeck: Die Journalistin vom Redaktionsnetzwerk Deutschland sieht in den markanten Formulierungen von Scholz ("Bazooka", "You'll never walk alone") den Versuch, etwas zu sagen, was im Gedächtnis bleibt. Ihr habe allerdings die Botschaft gefehlt, dass die Leute auch Energie sparen müssen. "Sonst kommen wir nicht durch den Winter." Trotzdem könne Scholz nicht versprechen, dass die teils horrend gestiegenen Abschläge für Strom und Gas vor dem Winter sinken. Für sie ist daher fraglich, ob der SPD-Mann seine großen Versprechungen auch einhalten kann, zumal der Wohlstandsverlust bei den Bürgern längst spürbar sei. In Bezug auf Russland war Quadbeck wie Kollege Jan Fleischhauer der Meinung, dass es eine künftige europäische Sicherheitsarchitektur mit Moskau "nur ohne Putin geben kann". Rationale Verhandlungen über einen Waffenstillstand zu führen, das sei mit ihm "ausgeschlossen".
  • Jan Fleischhauer: Der "Focus"-Kolumnist ist gegen das Abschalten der Kernkraftwerke und den verfrühten Kohleausstieg, um die Energiesicherheit in Deutschland nicht zu gefährden. "Dann haben wir diese Art von Doppel-Wumms jedes Jahr." Daher würde Fleischhauer auch in Deutschland Fracking zur Erdgasgewinnung erlauben anstatt das Gas aus den USA zu importieren. Kritik übte er an der vorsichtigen deutschen Unterstützung der Ukraine mit schweren Waffen. "Wenn es an uns gelegen hätte, dann hätte Herr Putin seine Attrappen-Regierung schon in Kiew." Gottseidank würden die Amerikaner die Ukraine unterstützen. Scharfe Kritik übte Fleischhauer an Altkanzlerin Angela Merkel. Er fände es angesichts ihrer verfehlten Russland-Politik "atemberaubend", dass sie jetzt schon wieder Vorschläge über eine zukünftige Annäherung an Russland mache.
  • Viktoria Bakhur und Xenia Fomina: Die Deutschlehrerin und ihre Schülerin aus Mariupol schilderten eindrücklich ihr Leben und ihre Flucht aus der inzwischen fast komplett zerstörten Stadt. Bakhur schlief mit drei Hosen und drei Pullovern zwei Wochen im Keller. "Und trotzdem frierst du." Sie sah auf der Flucht Leichen auf den Straßen, wusste nicht ob Familienangehörige noch am Leben sind. Fomina erinnert sich im Keller nur an eine Mischung "aus Kindergeschrei und Gebeten". Als sie nach draußen kam, war sie schockiert. Sie sah überall Trümmer. Wo einst eine schöne Stadt war, stand nur noch "ein Steinhaufen". Ihre Lehrerin bekräftigte: "Ich glaube, dass nur Putin denkt, dass Mariupol ein Teil Russlands ist. Ich denke, dass Mariupol ein Teil der Ukraine ist." Da gab es viel Applaus vom Publikum. Bakhur ist überzeugt, dass sie irgendwann zurückkehren wird.
Satellitenbilder aus Russland

Flucht aus Russland: Satellitenbilder zeigen lange Schlangen an den Grenzen

Am Dienstag veröffentlichte Satellitenbilder zeigen kilometerlange Autoschlangen vor den russischen Grenzübergängen nach Georgien, Kasachstan und der Mongolei. Aufgrund der Teilmobilmachung flüchten viele Russen. Eine mögliche Grenzschließung für wehrpflichtige Männer wird befürchtet.

Das war der Moment des Abends

Deutschland, das Industrieland. Ohne Gas geht in einigen Branchen nix. Das konnte Hermann-Josef Tenhagen mit einem drastischen Vergleich zwischen einem deutschen Chemie-Riesen und einem mitteleuropäischen Land eindrucksvoll verdeutlichen. "BASF braucht genau so viel Gas wie die Schweiz."

Das war das Rededuell des Abends

Soll Deutschland geflohene russische Militärdienstverweigerer massenhaft ins Land lassen? Jan Fleischhauer ist da sehr skeptisch, befürchtet das Einsickern von Spionen und Agenten. Seine Kollegin Eva Quadbeck erinnert ihn mit Nachdruck an das deutsche Asylrecht. Wenn Menschen in Russland staatliche Verfolgung drohe, dann habe Deutschland die Pflicht, sie aufzunehmen. "Man kann nicht sagen: Wir lassen hier niemanden rein." Ähnlich sah das Florian Schroeder, der die mögliche Flucht junger russischer Männer nicht ganz so "pessimistisch" wie Fleischhauer bewertete.

So hat sich Sandra Maischberger geschlagen

Es war eine Sendung, in der die Gastgeberin mangels wirklicher Kontroversen wenig zwischen den Gästen vermitteln musste. Vorwerfen konnte man ihr aber, dass Verbraucherexperte Tenhagen seinen Auftritt vielleicht etwas zu ausschweifend als kostenlose Werbeplattform für "Finanztip" nutzte. Zudem wirkte Maischberger bei einer Frage schlecht informiert. Ob die Gaspreisbremse die Leute nicht dazu ermuntere, nicht zu sparen, wollte sie wissen. Eva Quadbeck widersprach mit dem Hinweis, dass ja voraussichtlich nur ein Teil der Gaskosten gedeckelt sei und es daher immer noch einen Anreiz gebe, weniger zu verbrauchen.

Das ist das Fazit

Energie-Krise, Ukraine-Krieg: Wirklich frohe Botschaften konnte die Runde bei Maischberger am Dienstagabend nicht verkünden. Verbraucher-Experte Tenhagen rechnet auch kommendes Jahr noch mit einer acht- bis neunprozentigen Inflationsrate. Jan Fleischhauer hofft auf mehr energiepolitische Vernunft in der deutschen Bundesregierung und weniger Ideologie. Insofern hat es ihn schon positiv gestimmt, dass Wirtschaftsminister Habeck es gegen den Widerstand in Teilen seiner Grünen-Fraktion geschafft hat, dass zwei von drei verbliebenen Atomkraftwerken als Notfallreserve zumindest bis zum Frühjahr am Netz bleiben sollen.

Und der Ukraine-Krieg? Hier widersprach Eva Quadbeck indirekt den Aussagen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, der zuletzt behauptet hatte, Deutschland befinde sich bereits im Krieg mit Russland (was er später korrigieren musste). "Da wir nicht aktive Kriegspartei sein wollen, können wir nicht jeden Wunsch der Ukraine erfüllen", betonte die Journalistin. Für eine aggressivere Unterstützung des angegriffenen Landes sprach sich nur Jan Fleischhauer aus. Es ist und bleibt ein großes Rätsel, ob mehr Waffen den Krieg weiter eskalieren oder schneller beenden werden.

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