- Maybrit Illner widmet sich den Themen, die den Deutschen unter den Nägeln brennen: Gaskrise, Inflation, Sparen und Entlasten.
- Die Diskussion zwischen Linken-Chefin Wissler und einem Unternehmer liefert ein Sinnbild der Gesellschaft.
- Es dauert bis zum Schluss der Sendung, bis der Zuschauer einen wichtigen Appell mitnehmen kann.
Die Regierung hat angekündigt: Zusammen mit der Einführung der neuen Gasumlage in Höhe von rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde wird gleichzeitig die Mehrwertsteuer auf den gesamten Gasverbrauch auf sieben Prozent gesenkt. Das soll die Belastung der Verbraucher durch die neue Gasumlage abdämpfen und bis Ende März 2024 gelten. Noch bis vor wenigen Tagen war unklar gewesen, ob die Mehrwertsteuer überhaupt auf die Gasumlage erhoben wird.
Das ist das Thema bei Maybrit Illner
Die Schlagwörter am Donnerstagabend bei
Das sind die Gäste
Omid Nouripour (Grüne): "Die Abhängigkeit bei den Fossilen von Russland, die wir haben, ist gewaltig. Dass die russische Seite damit Spiele spielt und versucht uns zu spalten, das ist sichtbar", sagt der Parteivorsitzende der Grünen. Die Mehrwertsteuersenkung sei nur ein Beitrag. "Es muss noch mehr kommen", so Nouripour. Der Staat könne die Inflation nicht auffangen, müsse aber mehr tun, damit die Menschen über den Winter kämen.Jens Spahn (CDU): "Aus dieser Gasumlage ist eine Chaos-Umlage geworden", kritisierte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU. Die Bundesregierung lege ihr internes Chaos auf die Bürgerinnen und Bürger um. "Wir bauen eine Wahnsinnsbürokratie auf, um die Umlage umzusetzen." Menschen müssten gezielter entlastet werden.Janine Wissler (Linke): Die Parteichefin war sich sicher: "Es ist sozial unausgewogen, was die Ampel da macht". Wissler machte sich für eine Übergewinnsteuer stark. Weil die FDP als "Schutzpatronin der Unternehmen" fungiere, könne man nicht zu einer solidarischen Verteilung kommen. Zu den Gewinnen, die beispielsweise Mineralölkonzerne in der Krise machen, sagte Wissler: "Die sollte man abschöpfen".- Klaus Müller: "Der Preisdruck ist einer der härtesten Sparareize, die es bei uns in der Gesellschaft gibt", sagte der Präsident der Bundesnetzagentur. Es sei aber nötig. In der Industrie wirke der Mechanismus bereits. "Es reicht nicht, sich auf die Speicher zu verlassen", warnte er. Man müsse mindestens zwei Winter überstehen, um unabhängig von Russland zu sein.
- Arndt Kirchhoff: Der Präsident der "Unternehmensverbände NRW" sagte: "Es ist eine sehr anstrengende Zeit." Große Teile des Konsums gingen zurück. "Die Unternehmen haben nur Kostensteigerungen und an die hat noch keiner gedacht", beschwerte er sich. Von der Senkung der Mehrwertsteuer profitierten die Firmen nicht. "Auch die Wirtschaft muss entlastet werden", forderte er. Daran hingen am Ende die Arbeitsplätze.
- Eckart von Hirschhausen: "Gas ist eine extrem dreckige Art, Energie zu erzeugen", erinnerte der Wissenschaftler. Man müsse dringend über den Zusammenhang zwischen Klimakrise und fossilen Energieträgern reden. Der Preis für die nächste Generation sei noch nicht eingepreist. "Alles ist viel verletzlicher, als wir uns vorgestellt haben", sagte von Hirschhausen und plädierte dafür, das große Ganze zu sehen.
Das ist der Moment des Abends bei "Illner"
Die Sendung war gerade erst angelaufen, da fragte Moderatorin Illner den Grünen-Parteichef, warum nur die Gaskunden mit der Umlage bestraft würden. "Warum nicht für alle?", wollte sie wissen. Der Grünen-Politiker argumentierte mit den Staatsfinanzen und schien eine beunruhigend späte Erkenntnis zu haben. "Die vielen Entlastungen, die wir auf den Weg bringen, lässt uns auf die Frage stoßen, was eigentlich mit der Schuldenbremse sein soll", so Nouripour.
Manche seien der Meinung, egal wie die Lage sei, die Schuldenbremse müsse bleiben. Spätestens Ende des Jahres müsse man überlegen, wie die staatlichen Finanzen gestemmt werden sollen. "Wir werden nicht nur entlasten müssen. Wir werden auch gleichzeitig den riesigen Umbau der Industriegesellschaft vorantreiben müssen. Dementsprechend ist die Frage, wie das gehen soll", so Nouripour.
Das ist das Rede-Duell des Abends
Es war so gut wie vorprogrammiert, dass Unternehmer Kirchhoff und Linkenchefin Wissler beim Thema Steuern aneinandergeraten würden. Kirchhoff legte vor: "Wir diskutieren ständig, der Staat muss mehr investieren. Aber was ist denn mit der Privatindustrie? Die investiert seit Jahren viel zu wenig. Wir motivieren sie nicht." Die Kosten seien zu hoch, wenn jetzt auch noch Steuern angehoben würden, drohe ein "Aus für Arbeitsplätze". "Ich kann nur davor warnen. Ich halte es für hochpopulistisch. Was ist ein Übergewinn?"
Wissler sprang an. Viele Länder in der EU hätten eine Übergewinnsteuer bereits umgesetzt. "Wenn wir uns einig sind, dass entlastet werden muss, dann ist doch die Frage, wie das finanziert werden soll", sagte sie. "Das ist doch unlogisch!", kommentierte Kirchhoff. Wissler hielt dagegen: Die Kosten würden auf die Verbraucher abgewälzt, die zufällig eine Gas-Heizung hätten. "Ein Chemieunternehmen hat auch keinen Einfluss darauf, dass es Gas braucht", meinte Kirchhhoff und forderte: "Wir sollten über Steuerreduzierungen reden!".
So hat sich Maybrit Illner geschlagen
Manche Fragen waren zu technisch, manche hätte sie sich sparen können – etwa, wann genau der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, von der Entscheidung über die Mehrwertsteuersenkung erfahren hatte. Ein Mehrwert für den Zuschauer war hier nicht erkennbar. Ansonsten gelang es Illner aber, nah am Verbraucher zu moderieren. "Warum müssen nur Gas-Kunden draufzahlen?", fragte sie bereits mehrmals oder: "Haben Sie das Gefühl, dass der Bürger das noch versteht?
Das ist das Ergebnis bei "Illner"
Die Fragen nah an der Realität der Verbraucher hatten einen Preis: Sie führten teilweise ins Klein Klein des Steuerrechts und weg von dem Bild des großen Ganzen. Denn die Energiepreise und die Notwendigkeit zu Sparen haben einen Kontext: Klimakrise, Ukraine-Krieg, Inflation. Leider kam Wissenschaftler Eckart von Hirschhausen erst gegen Ende der Sendung zu Wort und konnte daran erinnern.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.