Bei Maybrit Illner ging es am Donnerstagabend (6. Juli) noch einmal um das Heizungsgesetz. Was bedeutet das gestoppte Verfahren für die Ampel und wie viel Verunsicherung herrscht in der Gesellschaft? Grünen-Chefin Ricarda Lang nutzte die Sendung für eine Entschuldigung und Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier war sich bei einem Punkt sicher: Das ist das Thema, welches die Ampel nicht gerne anspricht.

Eine Kritik
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Es waren nicht einmal 48 Stunden bis zum endgültigen Parlamentsbeschluss zum umstrittenen Heizungsgesetz, da stoppte das Bundesverfassungsgericht das Vorhaben im Eilverfahren. Das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe entschied: Die für Freitag anberaumte zweite und dritte Lesung im Bundestag darf nicht in der laufenden Sitzungswoche stattfinden.

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Das ist das Thema bei "Illner"

Monatelang haben sich Land und Ampel über das neue Heizungsgesetz gestritten, nun geht es schon wieder in eine neue Runde: Das Bundesverfassungsgericht stoppte das Gesetz Mitte der Woche im Eilverfahren. Die Runde diskutierte: Wie groß ist die Niederlage für die Ampel? War das 'zu viel Brechstange, zu wenig Substanz'? Außerdem ging es um die wirtschaftliche Lage Deutschlands und die Frage: Müssen wir uns auf Wohlstandsverlust einstellen oder gelingt doch noch ein grünes Wirtschaftswunder?

Das sind die Gäste

Ricarda Lang (Grüne): Die Parteivorsitzende entschuldigte sich: "Natürlich tut es auch mir leid, dass wir es als Ampel bei diesem wichtigen Thema, das für die Zukunft unseres Landes so zentral ist, nicht geschafft haben, Sicherheit zu geben, es viel öffentlichen Streit gab, dass die soziale Frage nicht von Anfang an geklärt war." Die Entscheidung des Gerichtes beziehe sich aber nicht auf den Inhalt, sondern nur auf das Verfahren.

Alexander Dobrindt (CSU): "Das war eine richtige Klatsche für die Ampel", war sich der CSU-Politiker in Bezug auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sicher. "Vor allem für den Politikstil, für die Arroganz, mit der man mit diesem Thema umgeht", sagte er. Man habe maximale Verunsicherung geschaffen. Die Menschen fühlten sich durch das Gesetz "in ihrer Existenz bedroht".

Yasmin Fahimi: Die Vorsitzende des DGB meinte: "Ich wundere mich ein bisschen über die verschiedenen Eskalationen dieses Konfliktes." Es sei zwar eine kommunikative Katastrophe gewesen, aber man diskutiere kaum mehr über den Inhalt des Gesetzes. Das sei nicht hilfreich "Dass wir jetzt anfangen über den Streit des Streits zu diskutieren, wird wirklich langsam absurd", so Fahimi.

Ulrike Malmendier: "Die Situation, in der wir sind, ist zunächst einmal eine sehr viel bessere, als wir das vielleicht vor einem Jahr oder anderthalb Jahren noch gedacht hätten", sagte die Wirtschaftsweise. Eigentlich sei Deutschland in einer "super Ausgangslage, um ganz vorne mitzuspielen bei den grünen Technologien." Man könne aber nicht alle Sektoren der Chemieindustrie, des Maschinenbaus und der Automobilindustrie so behalten. "Das ist das Thema, das die Bundesregierung und vielleicht auch Herr Scholz nicht so gerne anspricht", so Malmendier.

Dagmar Rosenfeld: Die Chefredakteurin der "Welt am Sonntag" sagte: "Die Frage, die ich mir stelle und die die Ampel mir bislang nicht beantworten konnte, ist: Warum diese Eile bei diesem Gesetzesverfahren?" Dafür gebe es keine sachliche Begründung. Die Ampel sei damit angetreten, das Parlament als Ort der Debatte zu stärken – genau das Gegenteil sei passiert.

Das ist der Moment des Abends bei "Illner"

Illner wollte wissen: "Wäre das ein besseres Gesetz gewesen, hätten wir dann jetzt zehn Prozent AfD weniger?" Rosenfeld entgegnete, der Streit und die Nicht-Erklärungsfähigkeit der Regierung habe dazu beigetragen, dass die AfD aktuell dort stehe, wo sie steht. "Der Hauptgrund, warum die AfD gerade so hochgeht in den Umfragewerten, ist, dass die erlebte Wirklichkeit der Menschen nicht übereinstimmt mit der von der Politik erzählten Wirklichkeit."

Die Menschen erlebten Inflation, hohe Energiepreise und Abwanderung ins Ausland. "Und wir haben einen Kanzler, der erzählt, es wird ein grünes Wirtschaftswunder geben und es wird sein wie in den 50ern und 60ern", kommentierte die Journalistin. Gleichzeitig streite die Ampel und der Kanzler sage im Sommer-Interview: "Das Vertrauen ist groß und menschlich kommen wir alle super miteinander klar", ergänzte sie. Der Frust entlade sich in der hohen Zustimmung zur AfD.

Das ist das Rede-Duell des Abends

"Als Parlamentarierin kann ich sagen: Das war kein Glanzstück", gab Lang zu, als Journalistin Rosenfeld wissen wollte, warum solche Eile geboten sei. Man habe für die Bürgerinnen und Bürger Sicherheit schaffen wollen, damit sie wüssten, worauf sie sich einstellen müssen. Es sei aber gut, dass nun "Ruhe ins Verfahren" gebracht worden sei.

Rosenfeld kaufte ihr das Argument der Planungssicherheit offensichtlich nicht ab. "Ich finde, man müsste einen Schritt nach dem anderen gehen: Erst die Wärmeplanung und dann das Gebäudeenergiegesetz", sagte sie. Die Wärmeplanung erfolge schließlich erst bis 2026. "Die Grundsatzentscheidung – der Einstieg in Erneuerbare Wärme, der wird früher getroffen", entgegnete Lang.

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So hat sich Maybrit Illner geschlagen

Mehrfach kam in der Sendung Kritik daran auf, dass zu viel über Form und Verfahren statt über Inhalte gesprochen wird. Illner wirkte leider selbst nicht unbedingt daran mit, das zu ändern. Als sie Fahimi beispielsweise fragte: "Kann es einen schlechten oder richtigen Zeitpunkt geben für ein handwerklich so schlecht gemachtes Gesetz?", antwortete die nur: "Das ist ja fast eine rhetorische Frage".

Bei einer der wenigen konkreten Fragen über das Gesetzesverfahren wiederum würgte Illner dann die Diskussion ab: Dobrindt warf der Ampel vor, wissentlich den Weg gegangen zu sein, parlamentarisches Recht zu verletzen – Lang bekam keine Möglichkeit zur Stellungnahme.

Das ist das Ergebnis bei "Illner"

Das war hoffentlich das letzte Mal, dass über das Verfahren des Heizungsgesetzes gestritten wurde. Wenn nicht, dann sollte man sich beim nächsten Mal besser auf die Inhalte konzentrieren und die Frage, was man aus dem ganzen Streit mitnehmen kann.

Lang jedenfalls versprach: In Zukunft werde man nicht erst über die Belastung und dann über die Entlastung sprechen, sondern die soziale Frage direkt zu Beginn klären. Weiteres Ergebnis der Sendung: Offensichtlich gibt es eine ziemliche Diskrepanz zwischen der gefühlten Wirklichkeit und der von der Politik beschriebenen Wirklichkeit.

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Teaserbild: © ZDF/Svea Pietschmann