Am Mittwochabend kämpften Dorothee Bär und Serap Güler bei Sandra Maischberger einen Stellvertreterkrieg für ihre Parteivorsitzenden Söder und Laschet – und das mit Leidenschaft. Anja Kohl erinnerte daran, dass es in diesem Streit noch etwas Entscheidendes gibt, auf das man zur Abwechslung auch mal achten sollte.

Christian Vock
Eine Kritik
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Armin Laschet oder Markus Söder. Mit ihrem Machtkampf um die Kanzlerkandidatur haben es der CDU-Vorsitzende und der CSU-Vorsitzende tatsächlich geschafft, sich trotz Corona-Pandemie in die Schlagzeilen zu drängeln.

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Mit diesen Gästen diskutierte Sandra Maischberger:

Darüber diskutierte Sandra Maischberger mit ihren Gästen:

"Markus Söder konnte sein Wort leider nicht halten", begann Sandra Maischberger und meinte damit, dass Söder eigentlich in die Sendung kommen wollte, am Morgen aber abgesagt habe. Dennoch gab es an diesem Abend ein Kanzlerkandidatur-Duell, denn Dorothee Bär und Serap Güler fochten den Kampf stellvertretend für ihre jeweiligen Parteivorsitzenden aus.

Dabei ging es weniger um die Auseinandersetzung mit inhaltlichen Dingen, sondern um die Deutungshoheit von Gesagtem und Geschehenem. Zum Beispiel um die Worte von Markus Söder vor nicht allzu vielen Stunden. "Ich bin vielmehr überrascht, weil ich nach den Worten am Sonntag von Herrn Söder schon eine etwas andere Haltung ehrlich gesagt erwartet habe, nachdem das Präsidium und anschließend der gesamte Bundesvorstand der CDU sich, nicht einstimmig, aber doch eindeutig, für Armin Laschet als Kanzlerkandidaten ausgesprochen hat", sagte Güler.

Zur Erinnerung: Noch am Sonntag erklärte Markus Söder, dass "wenn die große Schwester sagt, das ist nicht ihr Vorschlag, sie hat einen anderen Vorschlag, dann ist das für uns natürlich auch ein ganz klares Signal. Dann würden wir es auch akzeptieren." Einen Tag später klang das wieder anders: "Wenn man hört, dass es in der Fraktion wohl großen Diskussionsbedarf gibt, dann denke ich, ist es klug, dass man nicht nur in einem kleinen Hinterzimmer entscheidet."

Für Bär ist die Kehrtwende Söders kein Wortbruch, vielmehr will sie die "Stimmungslage in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion" als Argument anführen: "Da haben sich zwei Drittel der Abgeordneten für Markus Söder entschieden." Das will Güler so nicht stehen lassen. Zum einen fand Güler es unpassend, dass man am selben Tag, an dem es ums Infektionsschutzgesetz ging, sich mit personellen Debatten beschäftigt habe. Zum anderen fand es Güler noch unpassender, dass Söder den Bundesvorstand der CDU als "Hinterzimmer" bezeichnet hat. Dort sitze "die komplette Bandbreite der CDU". "Wenn das nicht die breite Basis der CDU ist, dann weiß ich nicht, was sie ist."

Dass Bär auf Maischbergers Frage, wie Söder auf die Idee komme, dieses 61-köpfige Gremium zum "kleinen Hinterzimmer" zu degradieren, nicht oder nur ausweichend antwortete, ließ Maischberger ihr zwar nicht durchgehen, eine Antwort gab es aber trotzdem nicht. Stattdessen nahm Bär die kurze Ausfahrt zu einem anderen Thema und erklärte, man dürfe bei der Wahl des Kanzlerkandidaten doch die Umfragen nicht außer Acht lassen.

Da war es dann Serap Güler, die dagegen hielt: "Nach dieser Umfragelogik des Parteivorsitzenden der CSU hätte Markus Söder 2018 als Ministerpräsident nicht noch einmal antreten dürfen. Ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, dass vor der Landtagswahl in Bayern 2018 Markus Söder mit Abstand der unbeliebteste Ministerpräsident der Nation war."

Da die Diskussion zwischen Güler und Bär gleich zu Beginn stattfand, konnten sich Anja Kohl, Cerstin Gammelin und Wolfram Weimer das Gespräch erst einmal vom Spielfeldrand aus ansehen, ehe sie ihre eigene Einschätzung gaben. Wolfram Weimer kommt beim politischen Machtkampf zwischen Laschet und Söder auf einen Spielstand von 2:2. Cerstin Gammelin schätzt den Meinungsumschwung von Markus Söder so ein: "Es ist bei Herrn Söder das passiert, was immer passiert, wenn er spürt, dass er ein Spiel gewinnen kann. Das hat mein Kollege sehr schön beschrieben: Sobald ein Hund eine Wurst in Riech- und Sehweite hat, kann er nicht mehr anders, als zuzuschnappen."

Anja Kohl sieht bei dem Streit vor allem kritisch, dass die Union kein Wahlprogramm für die Wirtschaft habe. "Wirtschaftspolitisch ist da eine einzige Nullstelle. (…) Andere Parteien haben Programme. Die Grünen zum Beispiel. Dort steht dezidiert drin, was man machen will." Kohls Fazit zum Streit zwischen Söder und Laschet: "Die Leute haben genug von diesen Eitelkeiten, von dieser Über-Männlichkeit."

Der Schlagabtausch des Abends

Der ging wenig überraschend an Bär gegen Güler. Die beiden warben für ihren jeweiligen Kandidaten, und zwar so beharrlich, wie sie nur konnten. Besonderer Dorn im Auge war Güler, dass Bär immer wieder behauptete, Söder habe in der Unionsfraktion die Mehrheit: "Diese Legende muss hier wirklich aufgebrochen werden. Das zum x-ten Mal zu wiederholen, macht sie auch nicht wahrer."

An den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey kann jeder teilnehmen. In das Ergebnis fließen jedoch nur die Antworten registrierter und verifizierter Nutzer ein. Diese müssen persönliche Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angeben. Civey nutzt diese Angaben, um eine Stimme gemäß dem Vorkommen der sozioökonomischen Faktoren in der Gesamtbevölkerung zu gewichten. Umfragen des Unternehmens sind deshalb repräsentativ. Mehr Informationen zur Methode finden Sie hier, mehr zum Datenschutz hier.

So schlug sich Sandra Maischberger

Gut. Maischberger hakte insbesondere bei den ausbleibenden Antworten von Bär immer wieder nach und verstellte ihr meist die Ausweichrouten. Als Bär zum wiederholte Mal nicht darauf antworten wollte, wie sich Laschet und Söder denn nun einigen werden, stellte Maischberger resignierend fest: "Wie ich das sehe, stehen da immer noch zwei gegeneinander, ohne dass ich begriffen habe, wie dann tatsächlich die Entscheidung getroffen werden kann."

Das Fazit

Es war ein spannender Abend, bei dem die Diskussion zwischen Karl Lauterbach und Lisa Federle zur aktuellen Corona-Lage und über Testöffnungen ein wenig unterging. Das war zwar schade, aber verkraftbar, denn stattdessen konnte man bei der Diskussion zwischen Bär und Güler hautnah miterleben, mit welchen Bandagen um politische Macht gekämpft wird.

Dass es dabei in der Argumentation auch sehr kreativ - um nicht zu sagen verzweifelt - zugehen kann, zeigte Dorothee Bär, als sie die Zuschriften, die sie bekommen habe, als ein Argument für Markus Söder werten wollte. Und so kommt am Ende das Fazit von Anja Kohl zum unionsinternen Machtkampf nicht ganz von ungefähr, als die Wirtschaftsjournalistin darauf aufmerksam macht, dass zu einer Wahl nicht nur Personen, sondern auch Inhalte gehören sollten: "Ich weiß nicht, wofür die Herren stehen. (…) Ich sehe nur Eitelkeiten, wo ich denke: Wofür stehen die eigentlich?"

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