Die Preise steigen weiter, viele schnallen den Gürtel enger. Geht das so weiter? Wann kommen die angekündigten Preisbremsen? Frank Plasberg debattierte mit seinen Studiogästen am Montagabend (17.) über das Tempo der Ampel-Koalition, Reibungspunkte in der Regierung und Erwartungshaltungen in der Bevölkerung. Einem verzweifelten Gastronomen konnte Katrin Göring-Eckardt ein wenig Hoffnung machen.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Marie Illner dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat im Streit um den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke ein Machtwort gesprochen: Alle drei AKW sollen bis April weiterlaufen können. Es werde eine gesetzliche Grundlage geschaffen, um den Leistungsbetrieb der Kernkraftwerke bis April 2023 zu ermöglichen. Nachdem dieser Streit beigelegt ist, hoffen viele Bürger, dass die Ampel-Parteien nun Tempo in Sachen Hilfsmaßnahmen machen.

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Das ist das Thema bei "Hart aber Fair"

Bei Frank Plasberg ging es am Montagabend (17.) um die Geldbörsen der Deutschen. Denn die hohen Preise sorgen schon jetzt dafür, dass viele Bürger ihr Geld verstärkt zusammenhalten müssen. Die Politik hat Hilfen angekündigt, doch die Umsetzung lässt auf sich warten. "Wait in Germany" nannte Plasberg das und debattierte mit seinen Gästen: "Wie kommen wir mit den hohen Preisen und Deutschlands Energievorrat durch den Winter? Wann kommt die Preisbremse bei Strom und Gas? Und wie leicht kann Sabotage unsere Versorgung lahmlegen?".

Das sind die Gäste

  • Antonio Link: Der Gastronom aus Dortmund meinte: "Mit dieser Regierung kommen wir auf keinen Fall gut durch den Winter. Viel Streit, viele vollmundige Ankündigungen aber nichts, was jetzt sofort hilft." Im Vergleich zu Corona sei die aktuelle Situation für ihn dramatischer. "Es ist ein Rattenschwanz im Moment in allen Bereichen. Wir haben die Personalkosten, die Waren, die Energie. Die Kosten fliegen uns gerade links und rechts um die Ohren", so Link.
  • Katrin Göring-Eckardt (Grüne): Die Bundestagsvizepräsidentin sagte: "Die Regierung hat schon drei große Entlastungspakete auf den Weg gebracht. Aber fossile Energie wird trotz aller Hilfen teuer bleiben. Der Ausweg sind nur die Erneuerbaren." Als Gastronom Link im Gespräch mit ihr vorschlug, als Hilfsmaßnahme ein KfW-Förderprogramm mit 100-Prozent-Bürgschaft-Darlehen aufzulegen, sagte sie: "Einer der heißen Kandidaten, über die gerade diskutiert wird".
  • Eva Quadbeck: Die stellvertretende Redaktionsleiterin des "Redaktionsnetzwerk Deutschland" sagte: "Die Regierung hat mehr versprochen, als sie halten kann. Den Wohlstandsverlust wird sie nicht verhindern können. Wir müssen uns also sehr wohl Sorgen machen." Zur Entscheidung von Scholz, die Debatte über den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke mit der Richtlinienkompetenz beizulegen, sagte sie: "Das ist ein Instrument, das kann man einmal in der Wahlperiode verwenden und das ist damit nun verbraucht". Wenn die Regierung platze, stürze Deutschland in eine Staatskrise.
  • Thorsten Frei (CDU): "Die Gaspreisbremse kommt spät, für manche zu spät. Sie wird erst im März greifen. Das ist so, als würde man die Winterreifen erst im Frühjahr aufziehen", kritisierte der CDU-Politiker. Das Preissignal werde auch trotz Gaspreisbremse erhalten bleiben. Die Preise seien doppelt so hoch wie auf dem Vorkrisenniveau. "Die Bundesregierung tut viel zu wenig, um dämpfend auf die Preise zu wirken". Man müsse auch einen Blick durch die Krise hindurch werfen, um Deutschland als Standort attraktiv zu halten.
  • Jens Südekum: Der Ökonom meinte: "Die Entlastungsvorschläge sind besser, als viele denken. Sie hätten aber noch besser sein können, wenn die Regierung nicht monatelang so getan hätte, als wenn sie die Krise nebenbei lösen könnte." Es sei aber gut, dass nun Klarheit geschaffen wurde. Wenn man früher mit der Planung angefangen hätte, hätten sich "offensichtliche Ungerechtigkeiten" verhindern lassen.
  • Frank Umbach: "Es könnte sich einreihen in eine Reihe von Entwicklungen, dazu gehören auch die Pipelines, wo man dem Westen signalisieren will, wie verwundbar wir sind", sagte der Experte für Sicherheitspolitik. Man müsste die geopolitischen Risiken besser beleuchten, beispielsweise in Bezug auf eine Blackout-Gefahr. "Wir brauchen eine andere Sicherheitskultur", war er sich sicher.

Das ist der Moment des Abends bei "Hart aber Fair"

Es ist der erste Moment am Montagabend (17.) an dem das Publikum laut applaudiert. Grund dafür sind die vorherigen Auslassungen von Grünen-Politikerin Göring-Eckardt. Sie hatte in Bezug auf die angekündigte Gaspreisbremse gesagt: "Es entsteht manchmal der Eindruck, wenn man das so macht, wie jetzt vorgeschlagen, dann bedeutet das für kleine und mittlere Haushaltseinkommen, dass sie das kriegen, was gerade so für die 60 oder 80 Quadratmeter Wohnung reicht."

Die, die die Villa mit Pool hätten, bekommen dann entsprechend mehr. "Nein, da muss auch ein Deckel drauf", stellte Göring-Eckardt klar. Es brauche einen Verbrauchsdeckel. "Wir müssen denen helfen, die wirklich Hilfe brauchen." Denen, die "gut etwas zuzusetzen haben", müssten von ihrer Seite mithelfen. "Darum geht’s", schloss Göring-Eckardt ab.

Das ist das Rede-Duell des Abends

Es sei viel Zeit verplempert worden in Bezug auf die Preisbremsen, kritisierte CDU-Politiker Frei ein weiteres Mal. "Es wäre hilfreich, wenn die Gaspreisbremse wenigstens im Januar statt im März greifen könnte", meinte er. Dann hätte man wenigstens einen nahtlosen Übergang von der Abschlagszahlung im Dezember.

Göring-Eckardt spann den Bogen weiter: "Warum sind wir in dieser fossilen Sucht gelandet? Wenn wir die erneuerbaren Energien in den letzten Jahren so aufgestellt hätten, dass wir nicht abhängig wären von russischem Gas, wenn wir nicht Nord Stream 2 beschlossen hätten, nach 2014, nachdem der Krieg in der Ukraine angefangen hat, wenn wir uns nicht von Putin und anderen Autokraten abhängig gemacht hätten, dann würden wir jetzt komplett anders dastehen. Dann würden alle anderen sagen: Menschenskind, die Deutschen haben es aber prima – günstige Erneuerbare!"

So hat sich Frank Plasberg geschlagen

Plasberg lieferte am Montagabend ab. Ihm gelang ein guter Mix aus analytischen Fragen ("Wie bröckelig ist unser wirtschaftliches Fundament?" und "Ist die Gießkanne das beste Mittel?") und Fragen zur persönlichen Lebenswelt der Bürger ("Haben Sie mehr von der Regierung erwartet?" und "Haben Sie an 'You’ll Never Walk Alone' geglaubt?"). Was allerdings fehlte, war Zündstoff für Rededuelle unter den Studiogästen. Hier hätte Plasberg vielleicht die polarisierenden Aspekte der Hilfsmaßnahmen weiter herausstellen sollen. Zum Beispiel: Wer wird vergessen? Wie gerecht sind die Instrumente?

Das ist das Ergebnis bei "Hart aber Fair"

Grünen-Politikerin Göring-Eckardt fand sich ein wenig auf verlorenem Posten wieder: Sie musste Entscheidungen der Regierung verteidigen, die ihr als Grünen-Frau sicherlich nicht behagten. Stichworte: AKW-Verlängerung, Schuldenbremse, Übergewinne abschöpfen. Hier hätte es der Runde gut getan, weitere Diskussionspartner in Regierungsbeteiligung dabei zu haben. Die Vergleiche mit der Strompreisbremse in anderen Ländern war etwas wohlfeil, sind doch die Bedingungen dort teilweise gänzlich anders. Wichtige Erkenntnis aber: Teilweise überblicken die Bürger die Hilfsmaßnahmen nicht mehr. Hier hilft – wie so oft: bessere politische Kommunikation.

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