Der Druck auf Friedrich Merz und die Union wächst immer weiter. Bei "Markus Lanz" stellte Demokratieforscher Wolfgang Merkel am Donnerstag ganz unverblümt klar, warum er nicht glaubt, dass der CDU-Chef ein starker Kanzler sein wird. Auch Grünen-Chefin Katharina Dröge ließ kein gutes Haar an Merz.

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Er ist noch nicht offiziell zum Kanzler gewählt worden, doch schon jetzt wird die Kritik an Friedrich Merz immer lauter. Bei "Markus Lanz" schoss nicht nur Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge verbal gegen Merz, sondern auch Demokratieforscher Wolfgang Merkel sah das politische Handeln des CDU-Chefs äußerst kritisch.

Das Thema der Runde

CDU-Chef Friedrich Merz hat seit der verkündeten Reform der Schuldenbremse ein großes Glaubwürdigkeitsproblem - selbst innerhalb seiner eigenen Partei. Markus Lanz nahm dies zum Anlass, um über die laufenden Koalitionsverhandlungen mit der SPD zu debattieren. Gleichzeitig analysierte er mit seinen Gästen den Umgang mit der AfD, die mittlerweile als zweitstärkste Fraktion im neuen Bundestag sitzt.

Die Gäste

  • Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge kritisierte das Verhandlungsgeschick von Friedrich Merz: "Manche älteren Männer denken offenbar immer noch, Politik funktioniert nach dem Motto: 'Ich mach' jetzt mal eine Ansage'!"
  • Journalistin Julia Löhr warnte vor den Folgen eines gescheiterten Politikwechsels: "Dann haben wir 2029 ein großes Problem."
  • Oberst André Wüstner äußerte sich zur Zukunftsfähigkeit der Bundeswehr: "Die größte Herausforderung ist die Personalgewinnung."
  • Demokratieforscher Wolfgang Merkel sah einen klaren Zusammenhang zwischen der Migrationsdebatte und dem Aufstieg der AfD: "Es hat jede Menge damit zu tun, ob wir's wollen oder nicht."
Katharina Dröge und Julia Löhr bei "Markus Lanz"
Nur selten waren sich Grünen-Politikerin Katharina Dröge (l.) und Journalistin Julia Löhr bei "Markus Lanz" einig. © ZDF / Cornelia Lehmann

Das Wortgefecht des Abends

Mit Blick auf den Umgang mit der AfD fragte Markus Lanz, ob es der Demokratie tatsächlich helfe, die Partei dauerhaft im politischen Alltag auszuschließen. Grünen-Chefin Katharina Dröge stellte prompt klar, dass ein Ausschluss der AfD durchaus im Sinne der Demokratie sei, denn: "Niemand hat einen Anspruch darauf, von mir gewählt zu werden. Und dann können die sich noch zehnmal hinstellen und sagen, sie sind Opfer an der Stelle. (...) Ich habe eine freie Wahl, und das ist gut in einer Demokratie."

Journalistin Julia Löhr sah dies skeptisch und mahnte: "Das ist eine Partei, die uns nicht gefällt, aber wir müssen uns inhaltlich mit ihr auseinandersetzen und sie nicht ausgrenzen." Katharina Dröge schüttelte entschieden mit dem Kopf: "Wenn wir miteinander diskutieren wollen, dann tun wir das im Deutschen Bundestag jeden Tag." Die Grünen-Politikerin fügte hinzu: "Für mich ist die AfD keine Partei wie jede andere!"

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Lanz reagierte irritiert: "Das hat hier auch keiner gesagt." Katharina Dröge zeigte sich davon unbeeindruckt und stellte klar: "Die AfD hat im Kern das Ziel, diese Demokratie kaputtzumachen, unsere freiheitlich demokratische Grundordnung kaputtzumachen." Laut der Politikerin sei die AfD "eine rechtsradikale Partei und deswegen muss ich sie nicht behandeln wie jede andere Partei auch und sie nicht normalisieren".

Ein Argument, gegen das Julia Löhr konterte: "Aber sie sitzt im Parlament, und alle Parteien sollten zumindest versuchen, miteinander zu reden." Löhr ergänzte streng: "Die AfD ist in Teilen rechtsextrem, aber sie ist nicht komplett rechtsextrem!" Dem widersprach Dröge vehement und stellte klar: "Natürlich ist die AfD komplett rechtsextrem!" Die Journalistin blieb jedoch bei ihrer Meinung und erklärte, dass diese Art der Ausgrenzung es "denjenigen sehr einfach" mache, "die mit der AfD sympathisieren".

Dem stimmte auch Demokratieforscher Wolfgang Merkel zu, denn: "Wir haben noch nie so viel über die Brandmauer wie in den letzten drei Jahren diskutiert. Was ist (...) das Ergebnis? Die haben ihre Stimmen verdoppelt!" Merkel fragte deshalb: "Was ist die Strategie, wenn diese permanente Exklusion einfach nicht hinhaut? Da muss eine andere Strategie her, sonst haben wir wirklich einen weiteren Zuwachs der Stimmen!"

Katharina Dröge reagierte skeptisch: "Ich würde nicht teilen, dass die Diskussion über die Brandmauer (...) Ursache ist für den Anstieg der AfD." Zudem sah die Grünen-Chefin auch keinen Zusammenhang zwischen dem Thema Migration und dem Erfolg der AfD. Eine Haltung, die Lanz fassungslos machte: "Sie sagen, das hat nichts miteinander zu tun? Ich bitte Sie!" Auch Wolfgang Merkel sagte eindringlich: "Zu sagen, das hat nichts miteinander zu tun, ist eine komplett falsche Analyse. Es hat jede Menge damit zu tun, ob wir's wollen oder nicht!"

Die Offenbarung des Abends

Im Gespräch mit Katharina Dröge wollte Markus Lanz wissen: "Was überwiegt gerade beim Blick auf die Koalitionsverhandlungen - Frust oder Mitleid?" Die Grünen-Politikerin antwortete zunächst nüchtern, dass bei ihr "vor allen Dingen die Sorge" überwiege, "dass CDU und SPD jetzt eine Verabredung miteinander treffen, die für das Land nicht gut ist". Als der ZDF-Moderator Friedrich Merz ansprach, machte Dröge prompt ihrem Ärger Luft.

In Bezug auf die plötzliche Reform der Schuldenbremse sagte die Grünen-Politikerin: "Das ist eine Form von Unehrlichkeit, die ich niemals in der Politik in der Form machen möchte." Eine Steilvorlage für Lanz, der nachhakte: "Was ist das? Eine politische Lüge?" Dröge nickte energisch: "Ja, das ist ganz bewusst den Leuten nicht die Wahrheit sagen." Lanz fragte sichtlich überrascht: "Sie glauben, er wusste es schon damals?" Katharina Dröge offenbarte daraufhin ehrlich: "Ja, ich habe darauf gewettet." Dröge weiter: "Die Art und Weise, wie er es dann gemacht hat, war so skrupellos, dass es dann doch allen aufgefallen ist."

Auch Demokratieforscher Wolfgang Merkel kritisierte das bisherige politische Handeln von Friedrich Merz scharf. Er warnte: "Merz wird einen großen Preis zahlen - er wird einen Preis zahlen und der heißt Glaubwürdigkeit." Laut Merkel habe der CDU-Chef bereits innerhalb seiner eigenen Partei ein "Riesen-Glaubwürdigkeitsproblem" und "wahrscheinlich ist das einer von mehreren Gründen, dass er kein starker Kanzler sein wird. (...) Er wird das als Hypothek mitschleppen."

Katharina Dröge konnte dem nur zustimmen: "Das würde ich teilen, die Einschätzung." Die Grünen-Politikerin fügte mit ernster Miene hinzu: "Das erzeugt natürlich einen Glaubwürdigkeitsverlust, wenn man etwas so massiv vorher ausgeschlossen hat." Markus Lanz hakte dennoch nach: "Ist Merz einfach ein schlechter Verhandler?" Eine Frage, auf die Journalistin Julia Löhr zwiegespalten reagierte. Sie warnte vor den verheerenden Folgen der Wählerenttäuschung und sagte: "Wir sehen es jetzt ja auch schon in den Umfragen. Die CDU ist jetzt weiter abgesackt. Die AfD ist nur noch einen Prozentpunkt entfernt."

Der Erkenntnisgewinn

Bei "Markus Lanz" merkte Oberst André Wüstner an, dass die Herausforderungen, vor denen die deutsche Gesellschaft steht, auch in der Bundeswehr allgegenwärtig seien. Er warnte: "Die Bundeswehr ist gerade blanker als blank." Um den Frieden in Europa zu wahren, plädierte er für die Wehrpflicht und eine massive Aufrüstung. "Ich glaube, vielen ist gar nicht so richtig bewusst, welchen Wert ein Leben in Freiheit und Demokratie darstellt", konstatierte Wüstner.

Grünen-Chefin Katharina Dröge reagierte skeptisch mit Blick auf die Wehrpflicht, aber "wir sehen den großen Bedarf, auch mehr Menschen (...) davon zu überzeugen, die Entscheidung zu treffen". Es gehe immerhin "um eine Verteidigungsfähigkeit unseres Landes an erster Stelle". Dem stimmte Wüstner zu: "Eine Wehrpflicht (...) tun wir nicht, um Krieg führen zu wollen. Sondern wir wollen abschrecken. Wer verteidigungsfähig ist, schreckt ab. Wer es nicht ist, lädt ein. Und Putin sucht Opfer, das hat er jetzt mehrfach bewiesen."  © 1&1 Mail & Media/teleschau

Teaserbild: © ZDF / Cornelia Lehmann