Maybrit Illner hatte am Donnerstag (30. März) Vertreter aller Ampelparteien geladen und klopfte den Zusammenhalt des Bündnisses ab. Wo verlaufen die Konfliktlinien und wer hat die größten Überschneidungen? Nachdem Journalistin Quadbeck bemerkte, Lindner und Habeck seien "wie Katze und Hund", gab der FDP-Chef kurz darauf eine Vorführung eines Schusses gegen die Grünen.

Eine Kritik
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Nach dreitägigen Beratungen haben sich SPD, Grüne und FDP auf einen Kompromiss geeinigt. Dazu zählt eine vereinfachte und beschleunigte Planung für den Ausbau von Stromnetzen und Bahnverkehr. Neben Öko-Energieerzeugung trifft das aber auch auf Autobahnen zu. Nur eins der Themen bei Maybrit Illner.

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Das ist das Thema bei "Illner"

Der Koalitionsmarathon ist noch immer Gesprächsthema. Ist der Ampel ein großes Werkstück gelungen oder zeigt sich eine ausgemachte Regierungskrise? Darüber diskutierte Maybritt Illner am Donnerstagabend (30. März) mit ihren Gästen. Neben Machtpolitik ging es außerdem um den Autobahnausbau, die Wärmewende und die Fragen: Wie viel kann man den Bürgern zumuten und wer finanziert das Ganze?

Das sind die Gäste

  • Christian Lindner (FDP): "Alle drei Koalitionspartner können mit dem Ergebnis zufrieden sein", befand Lindner. Vieles, was die Grünen beim Klimaschutz forderten halte er für technologisch nicht möglich, wirtschaftlich nicht tragfähig oder sozial nicht verträglich. Er fragte: "Will das deutsche Volk denn eigentlich drastische Maßnahmen im Verkehr á la Fahrverbote oder verpflichtende E-Auto-Quote?" Auch wenn einzelne Parteien bei ihren Maximalforderungen hätten Federn lassen müssen, sei es ein Gewinn für die Bürgerinnen und Bürger gewesen.

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  • Lars Klingbeil (SPD): "Wir hatten in den letzten Wochen eine kommunikative Lage, dass der Eindruck entstanden ist bei vielen Bürgerinnen und Bürgern – ich habe das selbst in Bürgergesprächen erlebt –, da steht der Robert Habeck am 2. Januar 2024 persönlich vor der Tür und reißt die ganze Heizung raus. Da sind wir reingekommen", berichtete er. Das zeige, wie groß die Angst vor Klimaschutz sein könne.
  • Omid Nouripour (Grüne): "Es ist richtig, dass wir uns aufeinander zubewegt haben", sagte der Parteivorsitzende über den Koalitionsausschuss. Man habe Blockaden aufgelöst und Lösungen gefunden. "Wir haben Beschleunigung hinbekommen bei Bahn, bei Brücken, bei Trassen", so Nouripour. Die Grünen glaubten aber, dass das "Ergebnis am Ende nicht ausreichend ist", sagte er.
  • Eva Quadbeck: "Ja, es war eine Regierungskrise", sagte die Journalistin. Der Koalition sei es nun gelungen, die "Reset-Taste" zu drücken. "Jetzt ist eben die Frage, wie lange hält das. Ich vermute, dass sich das System sehr schnell wieder aufhängen wird", so Quadbeck. Zur Abschaffung der Sektorenziele für den Klimaschutz sagte sie: "Damit besteht die Gefahr, dass alle Ziele gerissen werden, weil jeder verlässt sich auf den anderen."
  • Theo Koll: "Die inhaltliche Frage, wie die Große Koalition mit den großen Fragen umgeht, das ist das Entscheidende", befand der "ZDF"-Journalist. Es würde aber auch Sinn ergeben, auf die Bürger zu schauen. Es gebe klare Mehrheiten für das Auto und Unsicherheiten in Bezug auf das Heizen. "Wenn wir jetzt erleben, dass die Grünen runtergehen und die FDP hochgeht, dann darf man glaube ich auch zurecht ein gewisses strategisches Element unterstellen, sich für das Auto und den Autobahnausbau einzusetzen", sagte er.

Das ist der Moment des Abends bei "Illner"

Ein beispielhafter Moment für die vielen machtpolitischen Analysen des Abends: "Aus meiner Sicht ist der Kanzler der heimliche Gewinner dieses Streitgesprächs", sagte Journalistin Eva Quadbeck. Grüne und FDP seien die ganze Zeit gegeneinander gelaufen, mit dem, was sie wollten. "Die SPD hat sich da nicht in den Wind gestellt und gesagt, was sie eigentlich möchte", sagte Quadbeck weiter.

Die SPD gehe taktisch in die Richtung, wie es auch Merkel und die CDU 16 Jahre lang gemacht hätten. "Für den Kanzler ist es natürlich durchaus praktisch, dass Herr Habeck und Herr Lindner wie Hund und Katze aufeinander reagieren", meinte sie. Der Kanzler übe sich in Pendlerdiplomatie und vermittele zwischen beiden Seiten. Er tue aber mehr für die FDP als kleineren und schwächeren Part. "Die Grünen werden geschwächt dadurch und sie sind ja auch der größte Konkurrent für die SPD", analysierte sie.

Das ist das Rede-Duell des Abends

Vielleicht ist nach dem Koalitionsmarathon die Luft bei Sachthemen raus? Auch beim Rededuell ging es weniger um Inhalte als vielmehr um Machtpolitik. Eigentlich habe man in der Koalition mit der SPD und den Grünen zwei linke Parteien und dann die FDP, meinte Journalist Koll. Bei den Koalitionsverhandlungen sei die Konstellation aber eine andere gewesen. "Was ja erstmal überraschend ist, dass die SPD und die FDP näher waren, inhaltlich", so Koll.

Klingbeil schüttelte den Kopf: "Entweder der Kanzler moderiert, oder er hat sich an die Seite der FDP geschmissen." Beide Erzählungen seien falsch. Die SPD sei beispielsweise für den Ausbau von Autobahnen. "Aber das ist doch kein machtpolitisches Ranschmeißen an die FDP!", meinte er. In der Berliner Politikwelt gehe es zu selten um die Sachfragen.

So hat sich Maybrit Illner geschlagen

Nach elf Minuten Sendezeit musste Moderatorin Illner selbst festhalten: "Jetzt reden wir über Inhalte". Wirklich gelingen tat die Wende dann aber nicht. Stattdessen ging es über große Strecken der Sendung um die Frage, wer mit wem gerade besser kann und welche Taktik SPD, FDP oder Grüne verfolgen. Illner fragte: "Wird Scholz weiter eine Fortschritts- und Klimakoalition anführen?" und "Schauen die Bürger misstrauisch auf den Zusammenhalt der Ampel?".

Aus ihrer aufmerksamen Beobachtungsgabe hätte sie mehr machen können. Als es um den Austausch von Gasheizungen und mögliche Verpflichtungen ging, bemerkte sie nämlich: "Da ging eine Augenbraue von Christian Lindner hoch".

Das ist das Ergebnis bei "Illner"

Über einen, der nicht anwesend war, wurde auffällig viel gesprochen: Robert Habeck. Immer wieder gab es auch Querschüsse zwischen FDP und Grünen. "Ich sage das so nebulös", betonte Christian Lindner, als er erklärte, die Idee eines verpflichtenden Austauschs sei im politischen Raum diskutiert worden. Dass der Blick Richtung Nouripour ging, war wenig überraschend. Weitere Ergebnisse: Die Ampel muss sich als Team neu beweisen und die Sachfragen wieder in den Mittelpunkt rücken.

Verwendete Quellen:

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