Jens Spahn will die AfD im Bundestag organisatorisch nicht anders behandeln als andere Oppositionsparteien. Der künftige Regierungspartner SPD will da nicht mitziehen. Auch die Linke stellt sich quer.

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Der Vorstoß von Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU), mit der AfD bei organisatorischen Fragen im Bundestag so umzugehen wie mit anderen Oppositionsparteien, sorgt für Streit mit dem potenziellen Regierungspartner SPD.

"Die AfD ist keine Partei wie jede andere", sagte Katja Mast, Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, dem "Tagesspiegel". "Wir werden unsere demokratischen Institutionen – allen voran unser Parlament – mit aller Entschlossenheit schützen." Die AfD versuche, "unsere Institutionen zu untergraben", sagte Mast. "Dieser Extremismus stößt auf unseren entschiedenen Widerstand."

Alle Entscheidungen im Bundestag hätten die Geschäftsordnung als Grundlage und unterlägen demokratischen Entscheidungsprozessen, sagte Mast. "Die Wahl eines Bundestagsvizepräsidenten oder Ausschussvorsitzenden sind keine automatische Anspruchsfrage, sondern eine Entscheidung des Parlaments und brauchen eine Mehrheit."

Spahn hatte kürzlich in der "Bild" vorgeschlagen, die AfD bei Abläufen im Parlament, Verfahren in der Geschäftsordnung, in den Ausschüssen und der Berücksichtigung von Minderheits- und Mehrheitsrechten zu behandeln wie jede andere Oppositionspartei.

Widerstand gegen Spahn-Vorstoß auch von den Linken

Die Linken-Bundestagsfraktion schloss eine Wahl von AfD-Abgeordneten in Ämter des Parlaments aus. "Von uns gibt es keine Stimme für eine Kandidatin/einen Kandidaten der AfD – sei es im Präsidium, im Parlamentarischen Kontrollgremium oder als Ausschussvorsitz", sagte die Linken-Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek dem "Tagesspiegel".

"Das sind Demokratiefeinde, die zumindest in Teilen gesichert rechtsextrem sind. Einer Partei, die die Demokratie von innen heraus zerstören will, werden wir ganz sicher nicht den Teppich ausrollen", sagte Reichinnek.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß stellte sich hinter Spahn. Er habe "völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass man die AfD nicht mit Geschäftsordnungsdebatten wieder unter 20 Prozent bekommen kann, sondern nur mit inhaltlichen Auseinandersetzungen", sagte Ploß der Zeitung.

Grünen-Politikerin Mihalic: Union muss Verhältnis zu AfD klären

Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Irene Mihalic übte deutliche Kritik daran, dass immer mehr Unionspolitiker für einen offeneren Umgang mit der AfD im Bundestag werben. "Die Union ist gefordert, ihr Verhältnis zur AfD unmissverständlich zu klären und sich von der extremen Rechten hart abzugrenzen", sagte Mihalic dem Portal "t-Online" nach Angaben vom Dienstag. Die AfD sei "eine mindestens in Teilen rechtsextreme Partei mit besten Verbindungen in die gewaltbereite rechtsextreme Szene und zu autokratischen Regimen, die unser Land bedrohen".

Sie sei keine Oppositionspartei wie jede andere, fügte Mihalic hinzu. Es sei für sie deshalb nicht nachvollziehbar, wie Jens Spahn oder andere Mitglieder der Unionsfraktion hier zu einer anderen Einschätzung kommen könnten "oder all diese Tatsachen im Umgang mit der AfD einfach ausblenden wollen".

Deutschland brauche "eine konservative Partei mit einer klaren Haltung, bei der man sich nicht ständig fragen muss, wo sie eigentlich steht", betonte die Grünen-Politikerin.

Parlamentsinitiativen ohne AfD: Linke will auch mit Union und SPD sprechen

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken im Bundestag, Christian Görke, will sowohl mit den Grünen als auch mit Union und SPD sprechen, um bei parlamentarischen Initiativen nicht auf die AfD angewiesen zu sein. Die Linken suchten "zeitnah das Gespräch mit den Grünen und den übrigen demokratischen Fraktionen", sagte Görke dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch). "Wir schließen weiterhin jegliche Zusammenarbeit mit der AfD aus", betonte Görke.

Dies betreffe auch "das Erreichen von Quoren zur Geltendmachung von Minderheitenrechten", fügte er hinzu. Seine Partei überlege, "welche Lösungen es geben kann, um die Minderheitenrechte in der 21. Wahlperiode zur Geltung zu bringen".

Die Geschäftsordnung des Bundestages sieht verschiedene parlamentarische Minderheitsrechte vor, die wahrgenommen werden können, wenn mindestens 25 Prozent der Abgeordneten die Anträge unterstützen. Für wichtige Minderheitsrechte wie die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen oder die Einberufung von Sondersitzungen ist ein Quorum von 25 Prozent beziehungsweise sogar 33 Prozent erforderlich. Linke und Grüne stellen zusammen aber weniger Parlamentarier, als für beide Quoren nötig wären. (dpa/AFP/bearbeitet von tas)