Hat Donald Trump ein Problem mit Deutschland? Seine Spitzen in Richtung der Bundesregierung lassen das vermuten. Die Konfliktpunkte aus Sicht des US-Präsidenten: Nato-Beitrag, deutsche Autos, Migrationspolitik und Multilateralismus.

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Eines kann man Donald Trump nicht vorwerfen: Dass er mit seiner Meinung hinter dem Berg halten würde. Der US-Präsident vertritt offensiv seine Ansichten und spart auch nicht mit Kritik - gerne und bevorzugt via Twitter. Dabei ist es Trump meistens ziemlich egal, ob es sich um einen Verbündeten oder um einen Gegner handelt.

Mit Deutschland verbindet die USA eine jahrzehntelange Partnerschaft, nicht zuletzt in der Nato. Doch das hält Trump nicht davon ab, regelmäßig verbale Giftpfeile über den Atlantik in Richtung Berlin zu schicken. Dabei stören den US-Präsidenten offenbar gleich mehrere Dinge an Deutschland - ein Überblick:

Punkt 1: Zu geringe Verteidigungsausgaben

Trump kritisierte im Rahmen eines Treffens mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg erneut, dass Deutschlands finanzieller Beitrag für das Nordatlantische Bündnis zu gering ausfalle. "Ich habe große Gefühle für Deutschland, aber sie zahlen nicht, was sie zahlen müssen", polterte der US-Präsident.

Ziel der Nato sind jährliche Verteidigungsausgaben in Höhe von zwei Prozent der Wirtschaftsleistung des jeweiligen Mitglieds. Das Zwei-Prozent-Ziel ist allerdings hochumstritten. So steigerte Deutschland zwar seine Verteidigungsausgaben 2018 laut Nato um fast 1,5 Milliarden Euro auf 41,9 Milliarden Euro. Da gleichzeitig aber die deutsche Wirtschaft wuchs, bewegte sich die Nato-Zahl für Deutschland weiter bei lediglich 1,23 Prozent.

Bundeskanzlerin Angela Merkel verweist darauf, dass Deutschland seine Verteidigungsausgaben von ehemals 1,18 Prozent der nationalen Wirtschaftskraft trotz höherer Wachstumsraten Jahr für Jahr gesteigert habe und 2020 schließlich 1,37 Prozent erreiche. Sie bezeichnete zudem die in der mittelfristigen Finanzplanung enthaltenen Daten für die Folgejahre als nicht aussagekräftig. "Die realen Ausgaben", hob die Kanzlerin hervor, "sind das, was entscheidend ist, und die sind immer nach oben korrigiert worden."

Sie könne US-Präsident Donald Trump und auch europäische Partner aber verstehen, denen die Höhe der deutschen Verteidigungsausgaben nicht ausreiche, räumte die Kanzlerin ein. Die Bundesregierung wolle jedoch nicht die Ausgaben für Entwicklungshilfe auf Kosten des Verteidigungsbudgets kürzen.

Für Unions-Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) sind die Vorwürfe hingegen nicht gerechtfertigt. "Deutschland wird, was Auslandseinsätze und internationale Verantwortung betrifft, vielen Verpflichtungen gerecht und ist sehr engagiert." Grosse-Brömer verwies unter anderem auf den Bundeswehreinsatz in Mali oder die Mission in Afghanistan, wo Deutschland nach den USA zweitgrößter Truppensteller ist.

Im Übrigen: Ganze sieben der 29 Nato-Länder erreichten laut Nato-Jahresbericht 2018 die Zwei-Prozent-Marke: die USA (3,39 Prozent), Griechenland (2,22 Prozent), Großbritannien (2,15 Prozent), Estland (2,07 Prozent), Polen (2,05 Prozent), Lettland (2,03 Prozent) und Litauen (2,0 Prozent).

Punkt 2: Multilateralismus

Trumps Motto lautet "America first". Die Verhandlungstaktik des US-Präsidenten ist daher auch in außenpolitischen Fragen immer von der Maxime geprägt, einen - wie auch immer gearteten - Sieg für die USA herauszuschlagen. Kompromissfähigkeit zählt dabei nicht zu seinen bevorzugten Mitteln der Verhandlung.

Laut Thomas Jäger, Professor für Internationale Politik an der Universität zu Köln, beschränkt sich Trumps Multilateralismus auf Russland und China. Nur diese Akteure sind für ihn Gesprächspartner auf Augenhöhe. "Alle anderen Staaten sind eben nur zweite, dritte oder vierte Reihe. Und diese Hackordnung hält der amerikanische Präsident gerne ein", schreibt Jäger bei "Focus.de".

Kanzlerin Merkel hingegen ist gerade für ihre Fähigkeit bekannt, auch in schwierigen Situationen Kompromisse zu finden, bei denen sich niemand übergangen fühlt. Bei ihrer Rede auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos hielt sie die Fahne des Multilateralismus hoch: "Wir dürfen nicht um den heißen Brei herumreden. Eine globale Architektur wird nur funktionieren, wenn wir insgesamt fähig zum Kompromiss sind."

Punkt 3: Deutsche Handelsüberschüsse

Deutschland führt regelmäßig mehr Waren aus als ein und erzielt damit einen sogenannten Handelsbilanzüberschuss. Im vergangenen Jahr lag der Überschuss laut Statistischem Bundesamt bei 227,8 Milliarden Euro. Was Trump daran stört, sind nicht die deutschen Überschüsse, sondern das in seinen Augen deutsche Missverhältnis von Exporten in bzw. Importen aus den USA. 2017 exportierte Deutschland Waren im Wert von 112 Milliarden Euro über den großen Teich. Eingeführt wurden US-amerikanische Produkte aber nur im Wert von 62 Milliarden Euro.

Für einen Dealmaker wie Trump ein nicht hinnehmbarer Zustand. Der US-Präsident kritisiert regelmäßig die hohen Exportüberschüsse nicht nur der Deutschen, sondern der Europäer insgesamt. Er unterstellt unfaire Handelspraktiken. Im vergangenen Jahr hatte seine Regierung bereits Strafzölle auf Stahl und Aluminium aus Europa verhängt.

Trump droht außerdem mit der Verhängung eines 25-prozentigen Zolls auf ausländische Autos und auch Zulieferteile - ein klarer Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Berlin. Allerdings vergisst Trump dabei, dass die deutschen Autobauer auch in den USA für Arbeitsplätze sorgen und Steuern zahlen.

Der deutsche Verband der Automobilindustrie warnt daher vor Strafzöllen: "Zollschranken nutzen niemandem, auch den USA nicht. Vielmehr stellen sie eine Belastung für den Welthandel und internationale Wertschöpfungsketten dar, von der vor allem auch die amerikanische Automobilindustrie betroffen wäre." Laut ifo-Institut könnten neue US-Importzölle auf Autos "die deutschen Auto-Exporte in die USA langfristig um 50 Prozent senken".

Punkt 4: Migrationspolitik

Die Merkel’sche Migrationspolitik seit 2015 steht Trumps Vorstellungen diametral entgegen. Der US-Präsident drückte ein Einreiseverbot für Menschen aus mehreren islamischen Ländern durch, will keine Kriegsflüchtlinge aufnehmen und lieber gestern als heute eine Mauer an der Grenze zu Mexiko hochziehen, um illegale Einwanderer an der Einreise zu hindern.

Die Zuwanderung in Europa ist in den Augen Trumps eine "Schande". Im Zentrum seiner Kritik: Angela Merkel. "Angela war ein Superstar, bis sie Millionen Menschen erlaubt hat, nach Deutschland zu kommen", kommentierte der US-Präsident vergangenes Jahr die deutsche Migrationspolitik.

"In einer früheren Version dieses Artikels wurde Trumps Migrationspolitik verkürzt dargestellt, die Passage unter Punkt 4 wurde nachträglich bearbeitet.

Verwendete Quellen:

  • Homepage des Statistischen Bundesamtes
  • Homepage des ifo-Instituts
  • Homepage des Verbandes der Automobilindustrie e. V. (VDA)
  • focus.de
  • Material von afp


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