- Die Interessenvertretung der Soldaten hat das Verteidigungsministerium vor der Ablösung des KSK-Kommandeurs gewarnt.
- Auch der Begriff "Bauernopfer" fällt.
- Schon früher seien "Überbestände" an Munition eingesammelt worden.
Der Deutsche Bundeswehrverband hat Verteidigungsministerin
"Ich kenne Brigadegeneral Markus Kreitmayr als äußert integren, pflichtbewussten Offizier. Er ist energisch gegen die beim KSK bekannt gewordenen Missstände vorgegangen und hat einen wesentlichen Kulturwandel eingeleitet", sagte der Bundesvorsitzende des Verbands, Oberstleutnant André Wüstner, der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Vorwurf des Rechtsextremismus im KSK - "Vertrauensverlust" durch Auflösung?
Der Kommandeur des Kommandos Spezialkräfte (KSK) steht in der Kritik, weil Soldaten vergangenes Jahr die Möglichkeit erhalten haben sollen, unerlaubt gehortete oder womöglich auch gestohlene Munition auf dem Gelände der KSK-Heimatkaserne in Calw (Baden-Württemberg) in Kisten einzuwerfen und ohne weitere Strafen zurückzugeben
Kreitmayr führt das Kommando, das durch eine Reihe rechtsextremer Vorfälle in die Schlagzeilen geraten war, seit 2018.
Wüstner sagte, dass im Falle des Verdachts auf ein Dienstvergehen ermittelt werde, sei selbstverständlich. "Sollte Markus Kreitmayr allerdings - wie jetzt von Medien berichtet - von der Ministerin abgelöst werden oder gar erneut die Auflösung des KSK zur Debatte stehen, ohne dass vorher umfassend ermittelt worden wäre, befürchte ich einen größeren Vertrauensverlust in den Streitkräften."
Bundeswehrverband warnt vor Bauernopfern wie unter von der Leyen
Er wolle sich nicht vorstellen, dass Kramp-Karrenbauer in das "alte Fahrwasser" ihrer Vorgängerin Ursula von der Leyen gerate. Damals habe man den Eindruck gewinnen können, "dass Bauernopfer als vermeintliches Zeichen von Führungsstärke wichtiger waren als Aufklärung und Einordnung der Sachlage".
In der Bundeswehr und bei verbündeten Streitkräften sei es schon früher möglich gewesen, Munition ohne Strafe zurückzugeben. "Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer hat im vergangenen Sommer gesagt, dass die Bewährung des KSK mit Blick auf Vorfälle in der Zukunft liege", so Wüstner.
"Falsche Buchung und falsche Lagerung von Munition fanden von da aus gesehen eindeutig in der Vergangenheit statt. In diesem Zusammenhang bin ich über Äußerungen aus dem Ministerium überrascht, dass man bisher nicht von den Maßnahmen im KSK erfahren habe. Insgesamt sei angemerkt, dass es derartige Maßnahmen bereits in der Bundeswehr gab und diese Bestandteil des Umgangs mit Überbeständen in Streitkräften verbündeter Nationen sind."
AfD sieht "Kontrollverlust in der Führung des KSK"
Die AfD warnte unterdessen am Dienstag vor Schritten zu einer Auflösung des KSK. Die Verantwortung für die Lage der Truppe liege in der Führung sowie im Verteidigungsministerium, sagte Rüdiger Lucassen, verteidigungspolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion und Obmann im Verteidigungsausschuss, am Dienstag der dpa.
"Wir haben es mit einem umfangreichen Kontrollverlust in der Führung des KSK zu tun. Ich führe dies auch unmittelbar auf das Unverständnis der politischen Leitung für die Bedürfnisse eines solchen Spezialverbands zurück", sagte Lucassen. "Im Ergebnis steht der Fortbestand des KSK immer mehr zur Disposition. Das wäre der Super-GAU für die Bundeswehr und die Sicherheit Deutschlands. Dafür trägt dann allein die politische Leitung die Verantwortung."
"Amnestie" für verschwundene Munition?
Brigadegeneral Markus Kreitmayr ist seit 2018 KSK-Kommandeur und zentrale Figur im Reformprozess der von Extremismusfällen erschütterten Einheit.
Der Offizier sollte nach einer Rückkehr von einer Übung in den USA sofort gehört werden, wie die dpa am Montag erfuhr. Spätestens am Dienstag werde mit ersten personellen Konsequenzen gerechnet, hieß es. Mehrere Medien hatten über eine "Amnestie" für verschwundene Munition berichtet. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte auf Anfrage: "Die Ermittlungen des Heeres stehen kurz vor dem Abschluss."
KSK-Kommandeur kündigte Null-Toleranz-Linie an
Die Sammelboxen für Munition waren im Prozess gegen einen KSK-Soldaten in Sachsen bekannt geworden. In seinem Garten wurde nach Hinweisen des Militärgeheimdienstes MAD im Mai 2020 ein Waffenversteck mit entwendeter Munition und Sprengstoff entdeckt.
Kreitmayr hatte den Fall zum Anlass für eine Warnung an seine Einheit genommen. "Inmitten unserer Gemeinschaft befanden und befinden sich offensichtlich noch immer Individuen, die dem sogenannten rechten Spektrum zuzuordnen sind", schrieb der KSK-Kommandeur.
Er kündigte eine Null-Toleranz-Linie an und leitete in Abstimmung mit dem Verteidigungsministerium eine Reform ein. Grundsätze sollten mehr Transparenz und ein Ende der "Mauer des Schweigens" im KSK sein.
Was wusste Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer?
Über die Sammelbox war das Ministerium nach Informationen der dpa spätestens seit dem 23. September informiert. Es stand im ersten Zwischenbericht zu den KSK-Reformen, der von der Teilstreitkraft Heer einging. Allerdings wurde dieses Detail im sogenannten Hochlauf Richtung Ministerbüro gestrichen.
Was wusste Kramp-Karrenbauer über eine "Amnestie"? Wurde sie mündlich informiert in diesem Fall, den sie zur Chefinnen-Sache gemacht hat? Ein Ministeriumssprecher verwies darauf, Kramp-Karrenbauer habe "Teilaspekte" delegiert. "Sachstandsermittlungen" für einen kommende Woche zu erwartenden Bericht liefen noch. "Ob es sich um eine Amnestie gehandelt hat, kann ich hier überhaupt noch nicht bestätigen", sagte er. (hub/dpa)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.