Benedict Cumberbatch ist derzeit einer der gefragtesten Schauspieler weltweit. Außerdem ist er toll. Natürlich flog ich daher für ein Interview mit ihm über seinen neuen Film "The Imitation Game" extra nach London - und musste feststellen: Manchmal verfliegt der Zauber doch recht schnell.

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Es gibt Interviews, die sind einfach nur eine lästige Pflicht, die man möglichst schnell hinter sich bringen will. Gespräche mit Experten, von denen man weiß, dass sie sich unglaublich gerne reden hören. Oder von denen man vorher schon weiß, was sie sagen werden.

Und dann gibt es Interviews, auf die freut man sich tage- und wochenlang im Voraus. Man spielt mögliche Szenarien durch, überlegt sich Fragen, verwirft sie wieder, überlegt sich bessere. Das sind Interviews mit Menschen, die einen persönlich interessieren, faszinieren, zu denen man vielleicht sogar aufsieht.

Für mich ist Benedict Cumberbatch so ein Mensch. Er ist ein herausragender Schauspieler, egal ob er Sherlock Holmes oder den Drachen Smaug in "Der Hobbit" spielt. Er steht außerdem für Menschenrechte und besonders die Rechte Homosexueller ein. Er gilt als unkomplizierter Gesprächspartner, der jeden Spaß mitmacht. Er ist für einen Oscar nominiert. Und ganz nebenbei gesagt, sieht er auch nicht ganz schlecht aus. Kurz gesagt: Benedict Cumberbatch ist momentan einer der Schauspieler Hollywoods.

Kein Wunder also, dass ich dezent aufgeregt bin, als ich bei dem Termin in einem der altehrwürdigen Hotels in London ankomme. Die Fragen habe ich mir während des Fluges immer wieder durchgelesen. Acht Minuten habe ich Zeit – hieß es vor der Abreise. Lang ist das nicht, aber sechs, sieben Fragen sollte ich durchbringen. Thema des Interviews: Cumberbatchs neuer Film "The Imitation Game", in dem er den genialen Mathematiker Alan Turing spielt. Turing hatte wesentlich dazu beigetragen, die Codes der Nazis im Zweiten Weltkrieg zu knacken. Später wurde er jedoch aufgrund seiner Homosexualität verurteilt und beging wenig später Selbstmord.

Kommt Benedict Cumberbatch überhaupt?

Um 12:00 Uhr im Hotel warten bereits mehrere Journalisten in einem klitzekleinen Zimmer. Die Interviews sind schon einmal verschoben worden. Eigentlich hätte ein Großteil vormittags stattfinden sollen. Allerdings ist Cumberbatch nicht da. Er muss drehen, eine Stunde außerhalb von London, und niemand weiß so genau, wann er sich im Hotel einfinden wird.

Stunde um Stunde vergeht. Die Stimmung ist angespannt. Ich halte die Kollegen in Deutschland via Facebook auf dem Laufenden. Unter den anwesenden Journalisten kursieren die wildesten Gerüchte. Sie reichen von "Er kommt heute gar nicht mehr" bis "Jeder bekommt nur noch fünf Minuten". Das zweite Gerücht wird sich bewahrheiten.

Es gibt nichts zu essen, die Luft gleicht einem Klassenzimmer mit 30 pubertierenden Kindern. Weggehen ist allerdings auch keine Option, denn Cumberbatch könnte jede Minute kommen. Ich habe meine Fragen inzwischen hundert Mal durchgelesen und finde jede einzelne jedes Mal ein bisschen blöder. Inzwischen ist auch klar: Wir bekommen wirklich nur fünf Minuten inklusive raus- und reingehen. Also eigentlich sind es nur vier. Und falls Cumberbatch noch gepudert werden muss, werden ganz schnell drei daraus. Eine Kollegin zu Hause schlägt vor, ich könnte mir die Fragen sparen und ihn einfach nur umarmen. Ich erwäge ihren Vorschlag ernsthaft.

Um 16:30 Uhr ist er dann tatsächlich da. Um 17:30 Uhr bin ich dran. Er geht an mir vorbei und setzt sich. Ein kurzes Hallo, kein Handschlag. Die erste Ernüchterung. Er sieht abgespannt, müde und etwas genervt aus. Da haben wir immerhin etwas gemeinsam. Dann stelle ich meine erste Frage: "Sie machen sich für die Rechte von Homosexuellen stark - war das einer der Gründe, weshalb Sie die Rolle von Alan Turing übernehmen wollten?" Seine Antwort fällt lang aus. Zu lange für ein Drei-Minuten-Interview.

Drei Fragen bringe ich durch

Auch auf meine zweite Frage antwortet Cumberbatch ausführlich. Er spricht wohl überlegt, macht immer wieder kurze Pause. Man merkt jedoch, dass er manche Sätze schon des Öfteren gebraucht hat. Das ist der Nachteil, wenn man mit einem Schauspieler nur über den Film sprechen darf. Die Wahrscheinlichkeit, dass er jede einzelne Frage bereits mehrmals gehört hat, ist unverschämt hoch.

Für seine Darstellung von Turing ist Cumberbatch – verdientermaßen – für einen Oscar nominiert. Als ich ihn frage, ob er bereits eine Dankesrede vorbereitet hat, muss er, trotz aller Erschöpfung, kurz lächeln. Natürlich hat er noch keine Rede vorbereitet. Und sofort wird er wieder unpersönlich. Die Aufmerksamkeit, die seine Leistung bekommt, sei vor allem für den Film und damit auch für Alan Turing großartig.

Im Hintergrund winkt die Assistentin. Ich soll zum Schluss kommen. Drei Fragen habe ich gestellt. Das ist immerhin eine Frage mehr als die Kollegin vom ORF durchgebracht hat.

Fazit: Der Cumberbatch-Zauber ist verflogen. Ich hetze zum Flughafen und verspreche mir selbst: Wenn ich das nächste Mal einen meiner Lieblingsschauspieler interviewen könnte, überlege ich es mir vorher ganz genau.

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