Ostern ist bekannt als das Fest des Leidens und der Auferstehung. Es mag bizarr klingen, aber dadurch ist es gleichzeitig traditionell ein Grund für Champagnerstimmung beim "Die Passion"-Heimatsender RTL. Nach schweren Tagen der Entbehrungen eröffnen dann nämlich endlich wieder die Schrittfehler-Festspiele mit prominenter Beteiligung in Köln-Ossendorf. In Deutschland, dem Land der einzuhaltenden Regeln herrscht zum Karfreitag strikteres Tanzverbot als in der Row Zero bei den Flippers. Diese konsequente, vom Vatikan (dem RTL für Gläubige ohne Internet) abgesegnete Zwangspause sorgt regelmäßig für einen Leistungs-Booster bei der familientauglichen Slowfox-Tutorial-Show "Let´s Dance".

Marie von den Benken
Eine Kolumne
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Warum ist das so? Nun, der treue Tanzfan, der wie ich aus beruflichen Gründen seit 2015 jede Folge "Let´s Dance" in voller Länge verfolgt hat, viele davon vor Ort, weiß das. Für alle Teilzeitfans hier aber kurz eine Erläuterung dieses Phänomens: Nach Ostern sind im Normalfall die ersten ganz großen Tanzpfeifen bereits aussortiert. Die Prominenten, die von Cha Cha Cha und Rumba so viel verstehen wie Robert Habeck von Firmeninsolvenzen, wurden vom gnadenlosen Zuschauervoting bereits in die ewigen Jagdgründe der Tanzflur-Historie zwangsversetzt. Dazu kommt die erste Pause seit Showbeginn, also eine fantastische Gelegenheit für die prominenten Dancefloor-Amateure, die wochenlang bei diversen Jury-Bewertungen eingesammelten Verbesserungs-Anweisungen sorgsam und in Ruhe mit ihren Profitanzpartnern einzustudieren.

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Erotik-Star Daniel Hartwich

Die Vorfreude auf die Renaissance der Tanzbeinschwingung sorgt selbst bei Kölns zweitbeliebtestem Moderator nach Bernd Stelter, Daniel Hartwich, für ungewohnte Euphorie. Der sonst mit Zoten eher sparsame Co-Moderator der Punkte-Abhol-Beauftragten Victoria Swarovski zeigt sich heute (und da zitiere ich wörtlich) "freudig erregt". Sexuell aufgeladener kennen Hartwich höchstens noch sehr enge Familienmitglieder. Nachdem Victoria Swarovski, die heute mit einem dekolletéefreundlichen Kleid die Gemüter im Internet erhitzt, Hartwich neulich bereits eine Mohrrübe überreichen wollte, die offenbar schon mehr gesehen hat als so mancher ihrer Ex-Freunde (O-Ton: "Wenn du wüsstest, was ich mit der Karotte schon alles gemacht habe") ein neuerlicher sexplosiver Knisterhöhepunkt in der inzwischen offenbar auf FSK 16 hochgestuften Primetimesensation.

Bei der Kleidauswahl, zur Freude von Alice Weidel übrigens in AfD-Blau, hat sich Victoria Swarovski augenscheinlich an Deutschlands einziger Modeexpertin von Weltruf orientiert: Heidi Klum. Die offenbarte in ihrer aktuellen TV-Show GNTM, dem "Let´s Dance" der Modelcastings, große Fashion-Verzückung, als sich ihre Kandidatin Xenia auf dem Laufsteg obenrum spontan entblößte. Verzückt entfuhr ihr ein begeistertes "Ist da eine Brust raus?" Für Kenner der TV-Branche kein Geheimnis: "Ist da eine Brust raus?" ist das klumsche Äquivalent zu Daniel Hartwichs "freudig erregt".

"Let's Dance" - Livesendung - RTL
Ist das die legendäre Samba-Hose? Detlef D! Soost, Coach, und Ekaterina Leonova, Profitänzerin auf dem Parkett im Coloneum. © dpa / Thomas Banneyer/dpa

So viel knisternder Wollust ausgesetzt, setzt sogar der Testosteronhaushalt beim legendären Off-Sprecher Patrick für einige Sekunden aus. Während des Vorstellungs-Tanzes der Promi-Kandidaten stellt er, offensichtlich kurz vor der emotionalen Konkupiszenz stehend, Sängerin Lulu zweimal, Fitness-Influencerin Sophia Thiel dafür gar nicht vor. Nicht, dass die Schwester von "Brüh im Glanze"-Nationalheldin Sarah Connor kein Doppelintro verdient hätte. Die zum engen Freundeskreis von Cathy Hummels (bei "Let´s Dance" in Staffel 8 als erste rausgeflogen) gehörende Sophia Thiel allerdings dafür gar nicht zu erwähnen, könnte von der zahlenmäßig durchaus beeindruckend aufgestellten Aluhut-Front in den Social-Media-Kommentarspalten natürlich schnell zu einer Verschwörungstheorie hochechauffiert werden. Sophia Thiel, die Chemtrail-Ikone der Tanzbranche.

Affe auf Arm

Als dann endlich juryrelevant getanzt wird, legt Ann-Kathrin Bendixen, die als "Affe auf Bike" im Internet bekannt gewordene Motorradbraut, einen ordentlichen Auftritt hin. Selbst Jurygrantler Joachim Llambi zeigt sich milde: "Das war gut, vor allem, als du im rechten Arm von Valentin gestanden bist." Machen Sie sich aber zu Hause bitte keine Sorgen, im Studio in Köln-Ossendorf sind jederzeit plastische Chirurgen zugegen, die bei derartigen Körperdysfunktionen jederzeit rettend eingreifen können.

Stichwort Joachim Llambi: Der Tanz- und Modepapst aus Duisburg trägt heute dandylike einen Anzug in bleichem Flieder. Umgehend fällt mir ein Satz ein, den ich Freunden stets mitgebe, wenn sie mir eröffnen, demnächst bei "Let´s Dance" dabei zu sein: "Wenn du vor der Jury stehst und Llambi hat schlechte Laune, dann Flieder!"

Kaum in Nizza gibt es 10 von Llambi

Bei RTL-NFL-Geheimwaffe Jana Wosnitza fragt sich die Nation seit Wochen: Woher kommt dieser Name. Also, nicht Jana. Dessen Herkunft ist längst geklärt: Wosnitzas Eltern waren große Fans von Jana Ina Zarrella. Nein, es geht natürlich um Nachnamen. Die haben, das weiß man aus der Namensforschung, zumeist historische Hintergründe. Bedeutungen. Bei Müller, Bäcker oder Richter ist die Analyse, woher der Name ursprünglich mal kam, relativ einfach. Bei Wosnitza wird es schon schwieriger. Als berühmteste Onomatologin aller "Let´s Dance" Kommentatoren habe ich das für Sie aber exklusiv eruieren können. Nach vierstufiger Peer-Review darf ich verkünden: Janas Nachname kommt aus dem Bayrischen. Einst hatte ihr bayrischer Ur-Ur-Großvater verkünden wollen, dass er seinen Urlaub an der Côte d’Azur nicht wie angenommen in Saint-Tropez verbracht hatte: "Noin, des Wosnitza!"

Für diesen unterirdischen Wortwitz erhält Jana Wosnitza, angeleitet von Vadim Garbuzov, beachtliche 29 Punkte. Besonders bemerkenswert: 10 davon kommen von Joachim Llambi, der die legendäre 10er-Kelle sonst mehr scheut als Til Schweiger verständliche Artikulation. Ausgerechnet Motsi Mabuse, sonst dedizierte Supporterin der weiblichen Teilnehmerinnen, geizt im Bewertungstrio. Während ihre männlichen Kollegen beide die höchstmögliche Punktzahl raushauen, belässt sie es bei halbsensationellen neun Punkten. Alice Schwarzer hat sich das schon mal notiert.

Bei Ekaterina Leonova und Detlef D! Soost, dem Paar, bei dem es zunehmend schwieriger wird, zu unterscheiden, wer der Promi und wer der Tanzprofi ist, wird es dann politisch. Beide fordern subtil eine CDU-Grün-Koalition auf Bundesebene. Detlef, der Friedrich Merz des Hiphops und eKat, die Annalena Baerbock des Paso Dobles, senden mit ihren schwarzgrünen Outfits da eindeutige Signale. Übrigens, mal als kleine Hilfestellung, wenn Sie sich ebenfalls noch immer fragen, wer von den beiden der Celebrity ist: Ekaterina Leonova hat auf Instagram 305.000 Follower, Detlef D! Soost mit 123.000 weniger als die Hälfte.

Solange Sie jetzt darüber nachdenken, ob Instagram-Followerzahlen wirklich der entscheidende Faktor bei der Prominenz-Bewertung sind, überbrücke ich die Zeit und streue einige Anekdoten aus dem Oster-Trainingslager von eKat und D! ein. Dort fielen nämlich Sätze für die Ewigkeit. Etwa Detlefs: "Das Gehirn und die Muskulatur kommen einfach nicht zueinander!" Das ist besonders bitter, wenn man eine Mischung aus Albert Einstein und Rudolf Nurejew ist. Also, mit den Tanzskills von Einstein und der wissenschaftlichen Kompetenz von Nurejew. Und für alle Mitleser, die jetzt denken: Nurejew, ist das nicht der, der neulich unter Wladimir Putins Obhut versehentlich und ohne jede Mitschuld von Putin im Gefängnis verstorben ist? Nein – es handelt sich um einen vielerorts als besten klassischen Balletttänzer bezeichneten russischen Ausnahmetänzer.

Nach weiteren freimütig verbalisierten anatomischen Auffälligkeiten ("Du hängst an meinem Arsch") geht es für eKat und D! dann zu einer sehr unglücklichen Songauswahl in die Samba. Ihr durchaus engagierter Tanz wird von Musik begleitet, die klingt wie Geräusche aus der Fankurve von Hansa Rostock, wenn die Gegner Spieler aus Afrika im Kader haben. Vor allem Motsi Mabuse ist beeindruckt: "Du hast die Samba-Hose zum Leben erweckt, das habe ich hier bei einem Mann noch nicht gesehen!"

Thema Samba-Hose: Langjährige Fans des Tanzformates behaupten ja bis heute eisern, Rebecca Mir hätte 2012 in genau dieser Hose auf genau diesem Tanzparkett die Ehe von Massimo Sinató beendet. Das sind aber selbstredend nur Gerüchte. Bei eKat wird zum Glück nichts beendet. Wenn man dem Trash-Boulevard Glauben schenken darf, verfügen amouröse Liaisons im Hause Leonova ohnehin nur über das Haltbarkeitsdatum einer handelsüblichen Frischmilch.

Massimo muss mal Lulu

Im Laufe des Abends spendiert die eingangs vergessene Sophia Thiel zur Erinnerung noch schnell die "Let´s Dance"- Version von "Ohne Tasche kann ich keine Competition machen": "Wenn die Schritte nicht sitzen, kann ich nicht in die verführerische Rolle rein". Lulu und Massimo Sinató hadern eher mit der Musikauswahl. Sie müssen zu einer Upstep-Version von "Crazy in Love", die vermutlich von Christoph Daum auf Speed eingesungen wurde und für die RTL mit ziemlicher Sicherheit eine Klage von Beyoncé ins Haus steht. Vor Schreck vermasselt Team "Lussimo" die finale Hebefigur, bekommt aber Rückendeckung von der Beyoncé Deutschlands, Motsi Mabuse, die anhand dieses kleinen Tanz-Fauxpas den Unterschied zwischen der lauschigen RTL-Familienshow und den Auftritten so genannter Querdenker auf Social Media erklärt: "Let´s Dance ist eine Live-Show, we don't fake it!"

Anschließend geht der Seelenstriptease gnadenlos weiter. Jetzt gibt Mark Keller freimütig zu: "Ich habe mir früher Stepschuhe gekauft und mit meinem Schatten trainiert". Nun ja, schnell wurde klar, der Schatten ist deutlich talentierter, also wurde Keller lieber Sänger. Eine andere Aventüre bei "Let´s Dance" ist: Jorge González färbt ab. Vor allem sprachlich. Victoria Swarovski beispielsweise überrascht heute mit dem eindeutig Jorge-gefärbten Satz: "Schauen wir mal, wie gut der Slowfox war, anhand der Punkten." Oder wie man in der RTL-Chefetage sagt: "Schauen wir mal, wie lange die Swarovski noch moderiert, anhand der Qualifikationens".

Kurz vor Mitternacht schnappen sich Kelly-Sprößling Gabriel mit Malika Dzumaev noch schnell die erste 30-Punkte-Bewertung der Staffel, während Biyon Kattilathu und Marta Arndt einen Contemporary vortragen. Oder wie Lothar Matthäus sagt: "Gonndemborrärre". Und Lothar muss es wissen, denn Ex-Frau Liliana Matthäus war 2011 immerhin Vierte bei "Let´s Dance". Zum Schluss zittern dann Stefano Zarrella, Biyon und Sophia Thiel. Berufsbruder Stefano erhält am wenigsten Fananrufe und wird von der Tanzakademie Llambi exmatrikuliert. Kommende Woche ist kein Ostern, "Let´s Dance" findet also statt – genau wie diese Fachanalyse. Bis dann!

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