Bill und Tom Kaulitz sprechen in "Kaulitz Hills" über den Konzertabbruch beim Deichbrand-Festival und einen ganz besonderen Auftritt beim Christopher Street Day in Berlin.
Bill und
"Only love, don't hate", mit diesen vier Worten verabschieden sich
Denn die Brüder und ihre Bandmitglieder mussten sich einem Albtraum-Szenario stellen, vor dem sich wohl jeder Live-Künstler fürchtet. Zudem rückte das Thema Mentale Gesundheit in den vergangenen Tagen in den Fokus, besonders für Frontmann Bill Kaulitz.
Bill Kaulitz: "Wir brauchen mehr Security"
Aber von vorne: Bill und Tom Kaulitz sind in den vergangenen Tagen sprichwörtlich "durch die ganze Republik gereist", wie sie schmunzelnd feststellen. Viele Termine, Auftritte und entsprechender Zeitdruck standen auf der Agenda – eine Woche, von der vor allem Bill sich jedoch "sehr zurückkatapultiert" gefühlt hat. "Diese ganze Woche hat mich zurückversetzt, auch vom Mindset, in die Jahre 2006, 2007, 2008 und ich sag mal so: Das waren nicht nur schöne Erinnerungen", lässt der Sänger die vergangenen Tage Revue passieren.
Und so schlagen die Kaulitz-Brüder, die in ihrem Podcast in der Regel nie um einen Seitenhieb und jede Menge Witz und Augenzwinkern verlegen sind, in dem Gespräch ernste Töne an und machen deutlich: Die vergangenen Tage waren zwar mit vielen positiven Ereignissen gespickt, sind aber dennoch nicht spurlos an den Musikern vorbeigegangen.
Für Bill steht nach den vergangenen Tagen fest: "Wir brauchen mehr Security". Dies sei ihm Backstage im Artist-Bereich beim Deichbrand-Festival bewusst geworden. "Ich wurde die ganze Zeit festgehalten, Leute haben an mir rumgezerrt, Fotos gemacht beim Laufen", erzählt er seinem Bruder. Er sei wortwörtlich "kaum aufs Klo" gekommen und hält fest: "Ich merke, dass ich mich gerade wieder verschachtel und die Tür zumache und alle Gardinen zuziehe und gerade wieder das Gefühl habe, man muss sich von allen Seiten schützen."
Auf der anderen Seite freue er sich und sei dankbar, denn die meisten Menschen, denen er begegnet, seien "super sweet", dennoch gebe ihm das "Rumgezerre an einem" das Gefühl, sich nicht immer sicher zu fühlen, gesteht der 33-Jährige.
Bill und Tom berichten vom "Albtraum-Szenario" beim Deichbrand-Festival
Bill erzählt weiter, er habe sich in den vergangenen Tagen Sorgen um sich und seine Bandmitglieder gemacht, da "alle nervlich ganz schön on the edge waren", wie er beschreibt. "Ich habe auch gemerkt, ich hatte Panikattacken. Ich habe auch geweint diese Woche, das habe ich auch lange nicht", gewährt er intime Einblicke und hält fest: "Wir haben uns unseren Teller zu voll gepackt." Bruder Tom stimmt Bill zu und ergänzt: "Das sage ich ja schon seit Wochen und Monaten, aber auf mich will ja keiner hören."
Und so scheint es der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat, gewesen zu sein, als sich die Musiker von Tokio Hotel bei ihrem Deichbrand-Festival-Gig mit einem absoluten "Albtraum-Szenario" konfrontiert sahen: Denn während des Auftritts kam es zu so schwerwiegenden Technikproblemen, dass die Band ihre Show abbrechen musste.
"Wenn wir das da oben machen, ist das für mich das Intimste der Welt", macht Bill Kaulitz seine noch immer anhaltende Enttäuschung deutlich. Sein ganzes Herz stecke in dieser Show, führt er aus. Als er und seine Kollegen nach dem abgebrochenen Gig dann hinter der Bühne standen, seien sie "sehr angreifbar" gewesen. Umso enttäuschender sei es, eine gewisse "Schadenfreude bei manchen Menschen" wahrnehmen zu müssen, so der 33-Jährige.
Viele Menschen hinter der Bühne hätten ihn und seine Bandmitglieder in dieser Extremsituation gefilmt, anders als die Fans vor der Bühne: Die waren "so sweet und hatten Geduld", zeigt sich der Sänger dankbar: "Keiner ist abgehauen, die haben alle im Chor gesungen und uns angefeuert, was wirklich nett war."
Bill in Sorge um Bruder Tom
Das abgebrochene Festival-Konzert und die damit verbundenen Emotionen haben Bill erneut bewusst gemacht, "wie krass man sich natürlich auch wieder angreifbar macht". Er und die Tokio-Hotel-Musiker haben sich zuletzt "sehr viele Jahre auch sehr zurückgezogen – genau auch deswegen", erklärt er und spielt damit auch auf einzelne hämische Berichterstattungen an.
Bill vergleicht die Situation mit den "alten Geistern, die auf einmal wiederkamen" und richtet in diesem Zusammenhang auch ernste Worte an seinen Bruder Tom, den er in der Situation des Konzertabbruchs beobachtet und sich Sorgen gemacht habe: "Ich sehe da den alten Tom, der 16-Jährige, der auch damals vor Überforderung völlig ausgerastet ist und wieder in so einen Modus verfällt." Auch er selbst habe Emotionen wie Überforderung, Trauer und Angst gespürt.
Aller Enttäuschung über die abgebrochene Festival-Show zum Trotz durfte Tokio Hotel in der vergangenen Woche aber auch einen Gig spielen, "der ganz ganz toll war", wie Tom sich freut. Denn die Band spielte im Rahmen des Christopher-Street-Days vor rund 500.000 Leuten in Berlin, ein Event, das vor allem für Bill von ganz besonderer Bedeutung ist. "Hätte mir damals jemand gesagt, dass ich beim CSD für die Rechte der LGBTQ+-Community stehen und für Liebe und Freiheit und Solidarität singen darf – das hat mir so viel bedeutet. Das hat alles wieder ein bisschen wett gemacht", sagt der Sänger.
Und so sind es die eingangs bereits erwähnten vier kleinen Worte, die in dieser Woche für Bill und Tom Kaulitz auf ein Neues von ganz besonderer Bedeutung waren: "Only love, don't hate".
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