Einst startete Christian Ulmen als MTV-Moderator durch, seine Rolle als "Herr Lehmann" ebnete den Weg für die Schauspiel-Karriere. In der Comedy-Serie "Jerks" lebt er seine Leidenschaft für Fremdschäm-Momente aus. Am Dienstag wird der "Tatort"-Kommissar 45 Jahre alt.
Das Musikfernsehen gehört zu den 90er Jahren wie die Loveparade, Baggy-Hosen und Technoklänge. MTV und VIVA brachten den elektronischen Sound, aber auch Nirvana und Radiohead in die Wohnzimmer und wurden zum Sprungbrett für einige große Karrieren. Junge, extrovertierte und kreative Menschen erhielten eine Chance vor der Kamera, die sie bei anderen Sendern wohl nicht bekommen hätten.
Mehr als 20 Jahre später ist es ziemlich beeindruckend zu sehen, welche Karrieren die einstigen VJs gemacht haben. Man denke etwa an
Christian Ulmen: Job bei MTV verhinderte Theologie-Studium
Am Dienstag wird
Auch für das Fach Evangelische Theologie konnte sich Ulmen nicht so wirklich begeistern, dennoch schrieb er sich dafür an der Universität ein. Aufnehmen musste er das Theologie-Studium aber nicht, denn ein Talent-Scout lotste den 20-Jährigen 1996 nach London zu MTV. Ein echter Traumjob, der Start von Ulmens TV-Karriere.
"Als ich noch in Hamburg lebte, lief MTV während der Hausaufgaben und auf Partys. Wenn eine Musikvideo-Premiere von Pearl Jam auf MTV angekündigt wurde, haben wir die Schule geschwänzt und es geguckt", erzählte Ulmen der "Zeit": "Der Fernseher war ein Altar. Wir saßen davor und verehrten die Bands und Moderatoren. Plötzlich sollte ich selbst Teil davon sein! Ich stand auf einmal im Make-up-Room neben all diesen Gesichtern, die ich bereits so gut kannte."
Als Kunstfigur vor der Kamera
Der deutsche MTV-Star sorgte natürlich auch in der Heimat für Aufsehen. Immer häufiger wurde er auf der Straße angesprochen. Doch der private Christian Ulmen unterschied sich stark von dem sprücheklopfenden MTV-Moderator, für die Rolle vor der Kamera hatte er eine Kunstfigur geschaffen. Dass die Menschen auf der Straße ihn mit dieser Kunstfigur verwechselten, fand Ulmen anstrengend.
"Meine Rettung war der Regisseur Leander Haußmann. Als er mir 2002 die Hauptrolle von 'Herr Lehmann' anbot, spürte ich: Das ist genau das, was ich die ganze Zeit schon mache – eine Rolle spielen. Ich hörte als Moderator auf und merkte, dass die Leute nicht mehr auf mich zukamen und dachten, ich sei ihr bester Freund. Bei einem Schauspieler weiß man: Der spielt das nur", erzählte Ulmen.
Ulmen ermittelt mit Nora Tschirner als Tatort-Kommissar
Gleichzeitig war die Verfilmung des Romans von
Seitdem ist der im rheinland-pfälzischen Neuwied geborene Ulmen immer wieder in Kinofilmen zu sehen, er übernahm Rollen in "Elementarteilchen" und "Männerherzen", er sprach den Randale-Ralph in dem Animationsfilm "Ralph reichts".
Seine derzeit größte Rolle spielt Ulmen aber im Fernsehen. Als Kriminalhauptkommissar Lessing ist er im Weimarer "Tatort" zusammen mit seiner guten Freundin
Außerdem vertont Ulmen Hörbücher, er arbeitete als Kolumnist für Zeitungen und Magazine und brachte zwei Bücher heraus. Auch als Regisseur und Produzent ist er tätig, dabei kann er seine eigene Leidenschaft für TV-Experimente ausleben, die etwas abseits des Mainstreams stattfinden.
Der Meister der Peinlichkeiten
Schon bei MTV schlüpfte er gerne in verschiedene Rollen und spielte Menschen Streiche mit der versteckten Kamera. Dass Ulmen ein wahrer Meister darin ist, peinliche Situationen und Fremdschäm-Momente zu schaffen, zeigte sich 2005 in der ProSieben-Reality-Serie "Mein neuer Freund".
Die Kandidatinnen und Kandidaten konnten dabei 10.000 Euro gewinnen, wenn sie ein Wochenende mit einer unbekannten Person verbringen und diese ihrem nichtsahnenden sozialen Umfeld als neuen Freund präsentieren würden. Dass Ulmen in die Rollen der nervtötenden und peinlichen neuen Freunde schlüpfen würde, wussten aber auch die Kandidaten nicht.
Das krawallige Format polarisierte und wurde von ProSieben nach der ersten Folge abgesetzt, gleichzeitig aber für den Deutschen Fernsehpreis nominiert. Nachdem fast 7.000 Fans eine Petition unterschrieben hatten, nahm ProSieben die Realityshow schließlich wieder ins Programm.
Auch "Jerks" polarisiert
Auch Ulmens aktuelles Projekt "Jerks" gefällt nicht allen Zuschauern. In der Comedy-Serie, die wieder auf ProSieben und auf dem Portal Joyn zu sehen ist, erleben die Freunde Christian Ulmen und Fahri Yardim absurde Situationen voller Peinlichkeiten und Fremdscham. Fiktion und Realität vermischen sich dabei, nicht nur weil die beiden Hauptdarsteller ihre realen Namen tragen. Die Dialoge sind größtenteils improvisiert.
Den Hang zu Peinlichkeiten vor der Kamera beschreibt Ulmen als eine Art von Therapie. "Eine Gruppentherapie. Schmerzhafte, schamvolle Lebenssituationen zu teilen. Das hat etwas Heilsames. Für Fahri Yardim, für mich – und auch für den Zuschauer. Es geht mir selbst so, dass ich mich als Zuschauer therapiert fühle, wenn ich zum Beispiel Werke von Ricky Gervais oder Louis CK sehe. Das Gefühl, nicht allein mit seiner Scham zu sein, dass andere dasselbe erleben wie du – das hat etwas Reinigendes. Das Schlimmste am Gefühl des sich Schämens ist ja, dass es ein einsames ist. Alle gucken dich an, du bist der Depp. Da tut es gut zu wissen, dass der Klub der Deppen unzählige Mitglieder hat", sagte er den "Potsdamer Neuesten Nachrichten".
Ulmes Frau Collien Ulmen-Fernandes spielt seine Ex-Frau
Längst hat sich "Jerks" eine feste Fangemeinde erspielt, die vierte Staffel wird derzeit gedreht. Mit dabei ist auch Ulmens zweite Ehefrau Collien Ulmen-Fernandes, die in "Jerks" interessanterweise seine Ex-Frau spielt. Seit 2011 ist die Schauspielerin und Moderatorin im realen Leben mit Ulmen verheiratet, sie haben eine achtjährige Tochter. Aus der ersten Ehe mit Ex-Frau Huberta hat er einen Sohn im Teenager-Alter.
Interessant: auch Collien Ulmen-Fernandes arbeite zu Beginn ihrer Karriere für VIVA. Sie ist ein weiteres Beispiel für den Erfolg der einstigen VJs.
Verwendete Quellen:
- Eigene Recherche
- Spiegel.de: "Comeback des Ekelpakets"
- Zeit.de: "Als Kind habe ich mich 24 Stunden am Tag geschämt"
- Potsdamer Neueste Nachrichten: "Wir erzählen eine einsame Welt"
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