Deutschland hat das zweite Gruppenspiel bei den Olympischen Spielen gegen die USA mit 1:4 verloren. Das Spiel machte deutlich, was den DFB-Frauen aktuell zur Weltspitze fehlt.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Annika Becker sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Chancenlos war Deutschland gegen die USA nicht, gleich die erste Gelegenheit der Partie hatte Lea Schüller und auch Sjoeke Nüsken hätte per Kopf kurz vor dem Pausenpfiff zum zwischenzeitlichen 2:3 treffen können (46.+6).

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Es fehlte aber die Effizienz. Während die USA aus sieben Schüssen aufs Tor viermal trafen, brauchte Deutschland sechs solcher Schüsse für ein Tor. Zwar war bei den Amerikanerinnen beim 3:1 durch Sophia Smith auch Glück dabei, dass der Ball von Rauch so abgefälscht wurde, dass er sich vom Innenpfosten noch ins Tor drehte. Aber eine ineffiziente Chancenverwertung wird auf Top-Niveau nun mal bestraft.

Fehlende Robustheit in den direkten Duellen

Ein entscheidender Faktor in der Partie war die starke Physis der US-Spielerinnen, inzwischen seit Jahrzehnten ein herausstechendes Merkmal des US-Fußballs. Herausragende Akteurin auf Seite der Amerikanerinnen war Trinity Rodman, die der deutschen Defensive mit ihrer Geschwindigkeit und schieren Power immer wieder davonlief.

Andere Spielerinnen sind für ihre Robustheit in Zweikämpfen bekannt, zum Beispiel Kapitänin Lindsey Horan. Dementsprechend war vor dem Spiel klar, dass das DFB-Team einen Umgang mit schnellen und kräftigen Gegenspielerinnen finden muss.

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Horst Hrubesch sagte nach dem Spiel in der Mixed Zone, er habe in der Halbzeitpause angesprochen, dass die deutschen Spielerinnen körperlich mehr dagegenhalten müssen. Das ist einerseits ein Punkt: Es hilft, wenn Spielerinnen im Zweikampf einfach mal robust den Körper reinstellen und sich wehren. Das ist gleichzeitig aber auch gar nicht so einfach gegen eine Elf, die im Durchschnitt kräftiger ist als die eigene, weil in den USA im Fußball viel mehr auf Athletik trainiert wird.

Am deutlichsten wurde das vielleicht in den Laufduellen zwischen Jule Brand und US-Verteidigerin Tierna Davidson, die sich von Brand nicht von ihren Laufwegen abdrängen ließ.

Fehlende Präzision im Passspiel

Es ist im Fußball möglich, Spiele gegen körperlich überlegene Gegnerinnen zu gewinnen, dafür braucht es gute technische Fähigkeiten und die passenden taktischen Mittel. Das zeigt zum Beispiel der Erfolg der Spanierinnen. Deutschland fehlte dafür allerdings wiederholt die Präzision im Passspiel und das ist vielleicht der wichtigste Punkt, weil er eigentlich über das Nationalteam hinausgreift.

Passschärfe und Genauigkeit sind nämlich auch in der Bundesliga ein Thema, wenn man die Liga international vergleicht – und in der Bundesliga spielen eben die meisten Nationalspielerinnen. Auch im ersten Spiel gegen Australien war das Passspiel Deutschlands ein Problem, das die "Matildas" allerdings an diesem Tag nicht in der Lage waren auszunutzen. Gegen die USA sah das anders aus und das, obwohl auch bei den Amerikanerinnen in dieser Hinsicht längst nicht alles rund lief.

Fehlende taktische Cleverness und Konsequenz

Allerdings bringen die USA eine gewisse Abgebrühtheit mit, man könnte auch sagen, eine wiederentdeckte, die Handschrift von Trainerin Emma Hayes ist bereits erkennbar. Deutschland verteidigte in einer Fünferkette, weil sich Klara Bühl und Jule Brand jeweils tief zurückfallen ließen, um die beiden Außenverteidigerinnen Giulia Gwinn und Felicitas Rauch gegen die Angriffe von Trinity Rodman und Sophia Smith zu unterstützen. Das funktionierte aber nicht ausreichend gut.

Ein Grund dafür war, dass die langen Pässe auf die beiden US-Spielerinnen aus dem Mittelfeld zu selten unterbunden wurden, denn in ein Laufduell gegen Rodman zu müssen, kann immer nur das letzte Mittel der Wahl sein.

Rose Lavelle erklärte nach dem Spiel in der Mixed Zone, dass sich die USA die deutsche linke Seite als Schwachstelle ausgeguckt hatten und deshalb immer wieder den Pass auf Rodman suchten. Lindsey Horan und Sam Coffey konnten das viel zu häufig tun, ohne richtig gestört zu werden. Das wäre je nach Spielsituation Aufgabe der zentralen Mittelfeldspielerinnen oder auch Stürmerin Lea Schüller gewesen.

Noch schwieriger wurde es für Deutschland nach dem Rückstand, weil einerseits Tore her mussten, andererseits aber weiterhin die Gefahr von Kontern bestand. Manchmal waren sich die verschiedenen Teile des Teams uneins: Die deutsche Offensive ließ sich durch gemächliches Passspiel der USA dazu verlocken, ins Pressing zu gehen, Mittelfeld und Defensive rückten aber nicht nach, es entstand also ein riesiger Freiraum im Zentrum, in den die USA dann auch gleich hineinspielten.

Verwendete Quellen

  • Interviews in der Mixed Zone nach dem Spiel
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