Von den Olympischen Spielen in Nazi-Deutschland bis zum Formel-1-Rennen in Bahrain - eine Auswahl politisch umstrittener Großveranstaltungen.

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Sport soll fair sein, findet aber nicht immer in einem fairen Umfeld statt. Denn die Geschichte großer Sportveranstaltungen ist auch an die Weltgeschichte gebunden. Es hat schon immer Großveranstaltungen in Gastgeberländern gegeben, deren politische Verhältnisse nicht den westlichen Wertevorstellungen entsprachen. Die Weltverbände des Sports standen und stehen dabei vor der Frage, inwieweit sie sich humanitär positionieren müssen. Denn eigentlich will Sport werben: für ein friedliches Miteinander.

Spiele unterm Hakenkreuz

Die Olympischen Sommerspiele fanden vom 1. bis zum 16. August 1936 in Nazi-Deutschland statt. Hitler verstand es, sie zu Propagandazwecken zu nutzen. Die deutschen Sportler holten die meisten Medaillen, man nahm 500 Millionen Reichsmark ein und konnte die Welt noch eine Zeit lang erfolgreich täuschen. Dazu ergriff man Maßnahmen, die Hitlerdeutschland in einem milderen Licht erscheinen ließen. Während der Spiele wurden alle Schilder mit der Aufschrift "Für Juden verboten" vorübergehend abgenommen, der Druck der antisemitischen Hetzzeitung "Der Stürmer" vorübergehend eingestellt. Um einen US-Boykott der Spiele zu verhindern, ließ man sogar die Fechterin Helene Mayer für das deutsche Team antreten, obwohl sie nach der kruden Logik des damaligen Systems als Halbjüdin galt. Dennoch wurden die Spiele von der Sowjetunion und Spanien boykottiert.

Das IOC hatte die Olympischen Sommerspiele bereits im Jahr 1931 an Berlin vergeben. Hitler kam erst zwei Jahre später an die Macht. 1936 fanden auch die Olympischen Winterspiele in Deutschland statt. Vom 6. bis zum 16. Februar war Garmisch-Partenkirchen der Mittelpunkt der Wintersportwelt.

Der Kalte Krieg

Die Olympischen Sommerspiele, die 1980 in Moskau stattfanden, waren ein regelrechtes Boykott-Event. Von 146 geladenen Ländern kamen nur 81. Die USA, die Bundesrepublik Deutschland und Kanada verweigerten ihre Teilnahme. Frankreich und Italien machten mit, blieben aber der Eröffnungszeremonie im Lenin-Stadion fern. Großbritannien und Portugal waren bei der Eröffnung dabei, ließen aber nur einen einzigen Athleten mitlaufen. Bei den Siegerehrungen durfte in vielen Fällen nicht die Nationalflagge, sondern nur das Olympische Banner gezeigt werden.

Der Grund für diese und weitere Protestdarbietungen war der Einmarsch der sowjetischen Truppen in Afghanistan im Dezember 1979. US-Präsident Jimmy Carter hatte daraufhin zum Olympia-Boykott aufgerufen.

Dennoch konnte die UDSSR unter dem damals 73-jährigen Kreml-Chef Leonid Breschnew gewisse Erfolge verbuchen. In Moskau gab es während der Spiele bessere Warenangebote und die Kirchen waren ausnahmsweise mit Blumen geschmückt.

Die sportlichen Wettkämpfe selbst waren zudem ausgesprochen hochkarätig. Vom 18. Juli bis zum 4. August 1980 wurden in Moskau 36 Weltrekorde und 74 Olympiarekorde aufgestellt.

Die Revanche der Sowjetunion in Los Angeles

Die Olympischen Sommerspiele 1984 fanden in Los Angeles statt, also keineswegs unter diktatorischen Verhältnissen. Mit der Vergabe der Spiele an die USA bewies das IOC nach Moskau 1980 jedoch auch politische Neutralität in Zeiten des Kalten Krieges. Und es kam wie es kommen musste: Nachdem die Moskauer Olympiade von vielen westlichen Ländern massiv boykottiert worden war, folgte 1984 die entsprechende Antwort. Am 8. Mai 1984 verkündete der sowjetische NOK-Chef Marat Gramow, dass die Sowjetunion an der Olympiade in Los Angeles nicht teilnehmen könne, weil die Sicherheit der Athleten in den USA nicht garantiert sei. Der gesamte Ostblock, mit Ausnahme Rumäniens, schloss sich dem Boykott-Aufruf Moskaus an.

Vor allem für die Sportler der DDR muss die Entscheidung bitter gewesen sein, denn der 17-Millionen-Einwohner-Staat erlebte in dieser Zeit eine sportliche Glanzphase. Bei den Olympischen Winterspielen 1984 in Sarajewo hatte die DDR die meisten Goldmedaillen geholt. Zu gerne hätte man auch bei den Sommerspielen bewiesen, dass man zur Weltspitze gehört.

Fünf Jahre nach diesem Boykott brach der Ostblock zusammen. Einige Historiker behaupten sogar, dass der Boykott selbst mit ein Grund dafür gewesen sei.

Perfekte Fassade in China

Im Jahr 2008 wurden die Olympischen Sommerspiele in Peking ausgetragen. Der kommunistische Einparteienstaat gestattete ausländischen Journalisten während der Spiele erstmals Bewegungsfreiheit in ganz China. Der gefürchtete Pekinger Smog war plötzlich wie weggeblasen, unter anderem weil mehrere Tausend Dienstwagen vorübergehend stillgelegt wurden. Selbst die Lebensmittel in Peking hatten angeblich kurzzeitig eine höhere Qualität als sonst. Vom gefürchteten chinesischen Nationalismus war während der Spiele nicht viel zu spüren. Die Organisation der Olympiade war perfekt. Vor allem die grandiosen Eröffnungs- und Abschlussfeiern werden wohl in die Olympia-Geschichte eingehen.

Gleichzeitig wurden jedoch kurz vor und auch während der Spiele Demonstrationsverbote durchgesetzt, Dissidenten verhaftet und das Internet zensiert. Es gab im Vorfeld dieser Olympiade vereinzelte Boykott-Aufrufe, vor allem nach den blutigen Unruhen in Tibet im März 2008. Diese blieben jedoch ohne Konsequenzen, wahrscheinlich auch deshalb, weil sich der Dalai Lama, das Oberhaupt der Tibeter, nachhaltig für eine Austragung der Spiele eingesetzt hatte.

2012: Formel 1 in Bahrain?

Der sogenannte "Arabische Frühling", der im Januar 2011 in Tunesien begann, führte bisher zum Sturz der tunesischen, der ägyptischen und der libyschen Regierung. Auch im relativ armen Golfstaat Bahrain fanden Demonstrationen statt, die jedoch brutal niedergeknüppelt wurden. Schließlich ist Bahrain ein Königreich, in dem der Onkel des Königs seit 1971 Ministerpräsident ist und eine harte polizeistaatliche Linie fährt. Als Reaktion auf die blutigen Unruhen wurde das Formel-1-Rennen von Bahrain im Jahr 2011 zunächst von März auf Oktober verschoben und dann, nach massiven Protesten von Menschenrechtlern und Politikern, letztlich komplett abgesagt.

Auch aus einigen Formel-1-Rennställen war Kritik an dem geplanten Austragungsort laut geworden. Man sah Sicherheitsprobleme und fürchtete hohe Schadenersatzforderungen, falls etwas passieren sollte. Schließlich wollte man einem Regime, das so brutal gegen sein eigenes Volk vorgeht, keine internationale Präsentationsplattform bieten.

Dennoch findet das vierte Saisonrennen der Formel 1 am 22. April wieder in Bahrain statt. Allerdings gab es auch im Vorfeld dieser Veranstaltung Proteste von Menschenrechtsgruppen, die Bahrain nach wie vor als autoritäres Regime anprangern. Den Großen Preis von Bahrain gibt es seit dem Jahr 2004. Seine weitere Zukunft ist ungewiss.

Heiße WM im Zwergstaat Katar

Die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 soll in Katar stattfinden. Aber schon jetzt sorgt dieses Ereignis für gewaltiges Staunen, denn Katar hat nur 1,6 Millionen Einwohner, will aber zwei Millionen WM-Besucher beherbergen. Das Land ist so klein, dass sich zehn der zwölf Fußballstadien in einem Umkreis von 30 Kilometern befinden werden. Außerdem wird die WM im Juni oder Juli stattfinden. In diesen Monaten herrscht in dem Wüstenstaat eine Durchschnittstemperatur von 40 Grad Celsius.

Einige Kritiker vermuten, dass es bei dieser kuriosen WM-Vergabe nicht mit rechten Dingen zugegangen sei. Die Rede ist von einem Machtpoker zwischen dem angeschlagenen Fifa-Präsidenten Joseph Blatter und seinem Konkurrenten Mohammed bin Hammam, der die Bewerbung Katars organisatorisch geleitet hatte.

Katar gehört jedoch zu den reichsten Staaten der Welt und gilt als politisch stabil. Boykott-Aufrufe hat es in diesem Fall bislang noch nicht gegeben. Wahrscheinlich auch deshalb, weil die internationale Wirtschaft auf Milliardenaufträge im Zuge der WM-Vorbereitung Katars hofft. Es wird die erste Fußball-WM auf arabischem Boden sein.

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