• MagentaTV übertrug als einziger deutscher Sender alle 64 WM-Spiele.
  • Der Streaming-Sender der Telekom betrieb großen Aufwand, eine Expertin wurde zur Entdeckung der WM.
  • Während MagentaTV mit der Verpflichtung der Kroos-Brüder ein echter Coup gelang, zeigten sich die Vorteile gegenüber ARD und ZDF vor allem beim Spiel zwischen Deutschland und Costa Rica.
Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Christian Stüwe sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Für manche Fußballfans war es eine böse Überraschung, dass nicht alle Spiele der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar im Free-TV bei ARD und ZDF übertragen wurden. Insgesamt 16 Spiele zeigte MagentaTV exklusiv hinter der Paywall, was beispielsweise vor dem Viertelfinale zwischen Brasilien und Kroatien für einen kleinen Shitstorm auf den Social-Media-Kanälen des Streaming-Senders der Telekom sorgte.

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MagentaTV-Kundinnen und -Kunden dürfte das ziemlich egal gewesen sein, sie konnten jede Minute der Winter-WM live verfolgen. Wir haben uns angeschaut, wie sich MagentaTV bei den WM-Übertragungen im Vergleich zu ARD und ZDF geschlagen hat.

Die Übertragungen

Wer wollte, konnte bei MagentaTV tatsächlich von morgens bis abends WM schauen. Während der Gruppenspiele begann die Berichterstattung um 9 Uhr und endete mit der Late-Night-Show "Nachspielzeit" um 23 Uhr nach 14 Stunden Sendezeit. Das Gesicht der Übertragungen bei MagentaTV war Johannes B. Kerner, der das Publikum mit seiner Routine souverän durch die WM begleitete.

Ein echter Mehrwert im Vergleich zu ARD und ZDF war, dass MagentaTV die WM-Spiele auf mehreren Kanälen mit verschiedenen Kommentar-Optionen anbot. Neben den normal kommentierten Übertragungen stand ein Kanal für Taktik-Nerds zur Auswahl, auf dem der frühere Schalke- und Augsburg-Trainer Manuel Baum die Spiele analysierte.

Ein echter Coup gelang dem Telekom-Sender in den finalen Partien ab dem Halbfinale. Die Brüder Toni und Felix Kroos verlegten ihren beliebten Podcast "Einfach mal Luppen" zu MagentaTV und besprachen auch das denkwürdige Finale zwischen Argentinien und Frankreich live.

Das Highlight von MagentaTV

In der Schlussphase des Spiels Deutschland gegen Costa Rica war längst klar, dass die Entscheidung über das Weiterkommen in der Gruppe im Parallelspiel zwischen Japan und Spanien fallen würde. Während die Zuschauerinnen und Zuschauer in der ARD auf Ergebnismeldungen von Kommentator Gerd Gottlob angewiesen waren, lief auf MagentaTV eine Konferenz der beiden Spiele. Dank des kompletten Rechtepakets punktete der Telekom-Sender damit an diesem Abend gegen die ARD, auch wenn das Ergebnis aus DFB-Sicht alles andere als schön war.

Kommentatorinnen und Kommentatoren

Christian Straßburger sorgte bei MagentaTV für zwei besondere Momente. "Anders als im Zirkus sitzen die Clowns hier auf der Tribüne", sagte der MagentaTV-Kommentator, während Fifa-Boss Gianni Infantino im TV zu sehen war. Richtig emotional wurde Straßburger auch, als der Niederländer Wout Weghorst in der elften Minute der Nachspielzeit nach einem cleveren Freistoßtrick den Ausgleich im Viertelfinale gegen den späteren Weltmeister Argentinien erzielte. Mit bebender Stimme brüllte er seine Emotionen ins Mikrofon.

Ob man das gut oder ein bisschen drüber findet, ist letztlich Geschmackssache. Was genauso für den flapsigen Spruch von Sandro Wagner im ZDF gilt, der die Gewänder der Katarer als Bademäntel bezeichnete. Fast schon traditionell wird über Fußball-Kommentatorinnen und Kommentatoren leidenschaftlich diskutiert. Bei der WM in Katar blieben größere Kontroversen aber aus, was für gute Arbeit auf allen Sendern spricht. Stattdessen erhielt Wolff-Christoph Fuss in den sozialen Medien viel Lob für seinen Kommentar des WM-Finales bei MagentaTV, Gerd Gottlob arbeitete das deutsche Debakel unmittelbar nach dem Abpfiff gegen Costa Rica in der ARD stark auf.

Expertinnen und Experten

Die Entdeckung dieser WM ist sicherlich Ex-Nationalspielerin Tabea Kemme. Die MagentaTV-Expertin glänzte mit klugen Analysen und nahm kein Blatt vor den Mund, wenn es darum ging, die Fifa oder den DFB zu kritisieren. Wie Almuth Schult in der ARD bewies sie, dass meinungsstarke Fußballerinnen als Expertinnen ein echter Gewinn für die Übertragungen sind.

Außerdem waren unter anderem Michael Ballack, Fredi Bobic und Bundesliga-Schiedsrichter Patrick Ittrich als Experten für MagentaTV tätig. Obwohl diese durchweg einen guten Job machten, standen sie ein wenig im Schatten der öffentlich-rechtlichen Experten. Man denke nur etwa an Bastian Schweinsteiger, der gemeinsam mit Esther Sedlaczek Bundestrainer Hansi Flick und Oliver Bierhoff unmittelbar nach dem Ausscheiden des DFB-Teams in der ARD in ein knallhartes Kreuzverhör nahm und Fehler schonungslos ansprach. Einen solchen Moment gab es bei MagentaTV nicht.

Die Quoten

"Unter Berücksichtigung der schwierigen Begleitumstände dieser WM sowie dem frühen Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft bewerten wir den Verlauf für uns insgesamt positiv", wurde TV-Chef Arnim Butzen in einer MagentaTV-Pressemitteilung zitiert: "Bei vier Millionen MagentaTV-Kunden haben wir mit unserer Live-Berichterstattung regelmäßig siebenstellige Nutzungszahlen pro Spieltag erreicht. Bei den Exklusivspielen hatten wir in der Spitze sogar mehr als 1,5 Millionen Zuschauer."

Die öffentlich-rechtlichen Sender fuhren schwache Quoten ein. "Das ist schon eine durchwachsene Bilanz für alle Beteiligten. Wir stellen eine etwa 30 bis 40 Prozent geringere Sehbeteiligung zu vergleichbaren Turnieren der letzten Jahre fest", sagte ZDF-Intendant Norbert Himmler der dpa.

Gründe dafür gibt es mehrere. Viele Fans boykottierten die umstrittene WM in Katar, bei anderen kam angesichts der Jahreszeit keine WM-Stimmung auf. Und auch die Sehgewohnheiten haben sich geändert.

TikTok und Streams

Früher war die WM ein klassisches TV-Ereignis, das sich nun mehr und mehr ins Internet verlagert. Laut ARD und ZDF nahm die Nutzung der Livestreams stark zu, zur klassischen TV-Quote zählen diese Abrufe nicht. Vor allem junge Menschen verfolgten die Spiele auf dem Smartphone oder am Rechner, die Generation Z bei YouTube und TikTok.

MagentaTV bediente dies mit Reaction Shows mit den Fußball-Influencern Marcel und Pascal Gurk und fuhr damit auf TikTok sechs Millionen Likes ein. Aber auch ARD und ZDF punkteten mit Highlights, kuriosen Szenen und Studio-Ausschnitten und konnten bei TikTok zehntausende neuer Follower für ihre Kanäle gewinnen.

Fazit

Innovative Ideen und Konzepte, emotionale Kommentatoren, gute Expertinnen und Experten sowie das komplette Rechtepaket mit allen 64 Spielen – MagentaTV musste sich mit seinen aufwendigen WM-Übertragungen ganz sicher nicht vor der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz verstecken. Auch bei der Europameisterschaft 2024 wird es alle Spiele live nur bei MagentaTV zu sehen geben. Überraschen sollte das dann niemanden mehr.

Verwendete Quelle:

  • "Telekom.com": Telekom zieht Bilanz der FIFA WM 2022 bei MagentaTV: Innovative Ansätze, kritische Berichterstattung und großes Interesse über alle Zielgruppen hinweg
  • "Kicker.de": WM-Zuschauerschwund beim ZDF
  • "Morgenpost.de": Miese Quoten für ARD und ZDF bei der WM: Das steckt dahinter
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