Im Waikato Stadium in Hamilton war noch keine Sekunde gespielt, da nahm die Begegnung zwischen der Schweiz und Norwegen eine entscheidende Wendung: Beim Abspielen der Hymnen stand Norwegens Superstar Ada Hegerberg noch mit ihren Teamkolleginnen vor der Haupttribüne – nur Sekunden später verschwand die ehemalige Weltfußballerin in den Katakomben und ward nicht mehr gesehen.
Als offizielle Begründung sandte der norwegische Verband eine Verletzung der Spielerin hinaus in die Welt. Die Gerüchte über einen anderen Grund – schon vor dem Turnier gab es Spekulationen über die schlechte Stimmung im Team der Skandinavierinnen – dürften aber noch ein paar Tage anhalten.
Für die Schweizer Nati war der kurzfristige Abgang der besten Spielerin des Gegners sicherlich kein Nachteil. Gerade in diesem ungeheuer bedeutungsvollen Spiel: Norwegen war nach der Auftaktniederlage gegen Neuseeland und der Tatsache, dass unmittelbar vor dem Anpfiff der krasse Außenseiter Philippinen wie Neuseeland und die Schweiz bei je drei Punkten stand, unter enormem Zugzwang.
Sehr gute Ausgangslage für die Schweiz
Umso wichtiger ist das 0:0 der Nati gegen Norwegen einzuschätzen. Nicht nur, weil die Mannschaft von Inka Grings damit die Tabellenführung behauptet. Sondern weil nun im abschließenden Spiel gegen Co-Gastgeber Neuseeland ein Remis genügt, um ins Achtelfinale einzuziehen. Diese komfortabelste aller Ausgangslagen in der umkämpften Gruppe A hat sich die Schweiz nach zwei Spieltagen regelrecht erarbeitet.
Wie schon gegen die Philippinen im ersten Spiel war die Partie gegen Norwegen kein Glanzstück. Nach einer ordentlichen Anfangsphase mit zwei guten Chancen überließ Grings' Team dem Gegner im Verlauf der ersten Halbzeit mehr und mehr die Initiative – ohne dabei aber echte Chancen zuzulassen.
Die Nati verteidigte im tiefen Block und verlagerte sich schon früh auf gelegentliche Konterattacken. Im zweiten Durchgang verfestigte sich das Bild noch stärker. Norwegen drückte jetzt aufs Tempo, kam verstärkt über den linken Flügel nach vorne. Schweiz-Goalie Gaelle Thalmann rückte immer mehr in den Mittelpunkt, Schweizer Angriffe gab es kaum noch.
Thalmann wird zur Matchwinnerin
War im ersten Spiel gegen die Philippinen noch Angreiferin Ramona Bachmann die Matchwinnerin, so wurde Thalmann zur entscheidenden Figur. Die 37-Jährige rettete mehrfach in der zweiten Halbzeit und hielt damit nicht nur die Null und das Remis fest: Mit einer ebenso erfahrenen wie überzeugenden Torfrau hat die Nati einen klaren Wettbewerbsvorteil in diesem Turnier. Das haben zum Teil ganz schwache Keeper-Leistungen einmal mehr gezeigt. Eine verlässliche Nummer eins ist auch bei diesem Weltturnier die halbe Miete.
An der dann auch eine Mannschaft wie Norwegen verzweifeln kann, die nun nach 180 Minuten im Turnier trotz der geballten Offensivpower im Kader noch immer ohne Tor dasteht. Die Skandinavierinnen drohen nach der Enttäuschung bei der EM im letzten Sommer auch das nächste Großereignis in den Sand zu setzen. Mit nur einem Punkt nach zwei Spielen muss in der letzten Partie gegen die Philippinen ein Sieg her, um sich wenigstens noch die kleine Chance auf die K.-o.-Runde zu bewahren.
Die Defensive als Trumpf
Mit Problemen dieser Art muss sich die Nati (noch) nicht herumschlagen. Das liegt nicht nur, aber vor allen Dingen auch an dieser neuen Stärke, die speziell bei großen Turnieren der entscheidende Faktor werden könnte.
In den zehn Spielen bei Welt- oder Europameisterschaften vor diesem Turnier kassierten Schweizer Mannschaften immer mindestens ein Gegentor. Nun steht nach zwei Spieltagen immer noch die Null.
"Defense wins championship" heißt es ja. So weit wird man im Lager der Nati sicherlich noch nicht denken. Aber so ein Einzug unter die besten 16 Mannschaften der Welt wäre schon ein Anfang.
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