• Hansi Flick versammelt als neuer Bundestrainer seine Mannschaft.
  • Drei Spiele stehen auf dem Programm.
  • Vorab spricht er im Interview über Mario Götze, Thomas Müller, Leroy Sané und taktische Überlegungen.

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Für die deutsche Nationalmannschaft ist es eine Zäsur. Mit den ersten Länderspielen unter dem neuen Bundestrainer Hansi Flick soll nicht nur die notwendige Aufholjagd in der Qualifikationsgruppe für die WM 2022 beginnen. Zwei Monate nach dem enttäuschenden EM-Aus im Achtelfinale startet der einstige Bayern-Erfolgscoach seine Mission für die Rückkehr der DFB-Auswahl in die Weltspitze.

Der 56-Jährige versammelt am Sonntag seine Spieler im Teamhotel in Stuttgart. Im Interview spricht Flick über sein Personal und taktische Überlegungen. An Motivation mangelt es dem 56-Jährigen vor den ersten Partien gegen Liechtenstein, Armenien und Island nicht.

Flick über Adeyemi, Reus, Müller und Co.

Sie starten früher als üblich den ersten Länderspiel-Turn als Bundestrainer, nämlich schon am Sonntag. Können Sie es nicht abwarten loszulegen?

Hansi Flick: Ich freue mich total drauf. Mein ganzes Team freut sich, dass wir jetzt anfangen können. Wir wissen, dass wir nur eine kurze Zeit gemeinsam mit den Spielern zur Verfügung haben, die wollen wir optimal nutzen. Um unser Programm unterzubekommen, treffen wir uns früher.

Deutschland ist nur Tabellendritter in der WM-Qualifikation. Ist die Teilnahme am Turnier in Katar in Gefahr?

Daran denke ich nicht. Ich bin ein Mensch, der immer positiv nach vorne schaut. Jetzt wollen wir erstmal die anstehenden drei Spiele gewinnen. Das ist unser Ziel.

Sie haben drei Neulinge in ihrem Kader, alle aus der U21, die den EM-Titel holte. Was sprach für dieses Trio?

Sie haben bei der U21 tolle Leistungen gebracht. Nico Schlotterbeck kann auf mehreren Positionen spielen, auch im Mittelfeld. Er ist ein Linksfuß, was natürlich zusätzlich interessant ist für uns. David Raum hat als einziger die U-21-EM gespielt und anschließend auch bei den Olympischen Spielen, danach hat er auch die Saison in Hoffenheim gut begonnen. Wir wissen, dass er viel belastet war in den vergangenen Wochen. Aber wir finden ihn einen interessanten Spieler, deswegen wollten wir ihn gerne im Kreise der Nationalmannschaft sehen.

Und Karim Adeyemi?

Karim Adeyemi haben wir schon länger beobachtet. Ich habe auch als Trainer von Bayern München mal gegen ihn mit Salzburg gespielt. Er ist ein Spieler, der eine enorme Geschwindigkeit und einen guten ersten Kontakt hat, der gerade auch im eins gegen eins seine Stärken hat und zum Anfang der Saison viele Tore geschossen hat. Auch er ist ein interessanter Spieler, den wir gerne mal sehen wollen.

War die Teilnahme an der Champions League wie bei Adeyemi mit Salzburg oder Ridle Baku mit Wolfsburg ein Kriterium für die Nominierung?

Ich hatte einen guten Austausch mit ihren Vereinstrainern. Ihre Meinung ist mir wichtig. Am Ende müssen wir im Trainerteam zwar entscheiden, wen wir nominieren, aber ich lege Wert auf den Austausch mit denjenigen, die tagtäglich mit den Spielern trainieren und sie entwickeln. Das waren schöne und gute Gespräche.

Aber sie setzen sehr auf junge Kräfte.

Wir haben eine gute Mischung aus erfahrenen Spielern, aber natürlich auch jungen Spielern wie beispielsweise Florian Wirtz und Jamal Musiala. Daneben gibt es Spieler, die das erste Mal dabei sind. Wir denken, dass das insgesamt ein guter, ein interessanter Kader ist und freuen uns auf das, was kommt.

Bei den Torhütern fehlt in Marc-André ter Stegen, der wegen einer Knie-Operation auch die EM verpasste, weiter ein Herausforderer für Kapitän Manuel Neuer.

Marc-André ter Stegen ist noch nicht ganz so weit. Aber er ist auf einem guten Weg, und ich denke, dass er dann im Oktober dabei sein kann, wenn es weiter so verläuft.

Mats Hummels ist noch nicht fit. Wie ist dessen Lage?

Da müssen wir abwarten. Ich bin im Austausch mit Mats, und wir müssen schauen, wie seine Genesung verläuft.

Marco Reus feiert im Alter von 32 Jahren sein Comeback. Warum?

Er hat einfach eine enorme Qualität, gerade im letzten Drittel. Marco ist einer, der den letzten Pass spielen kann, der immer in die Tiefe geht, der im Direktspiel auch eine tief stehende Abwehr knacken kann. Für mich steht seine Qualität außer Zweifel. Er hatte letzte Saison eine schwierige Phase, aber er hat die Vorbereitung komplett mitgemacht, deswegen ist er topfit. Er hat Lust, dabei zu sein, und auch das war für mich auch ausschlaggebend.

Wie planen Sie mit Joshua Kimmich? Wieder zentral?

Zu meiner Zeit in München hat er auf der Sechs gespielt. Nur in der Champions League in der Finalrunde, als Benjamin Pavard ausgefallen ist, ist er als Außenverteidiger aufgelaufen. Er kann beide Positionen gut spielen, aber ich sehe ihn eher auf der Sechs.

Für Mario Götze reicht es noch nicht zum Comeback. Warum?

Ich habe natürlich auch mit dem einen oder anderen Spieler gesprochen, der nicht dabei ist. Alle kennen die Gründe. Dazu zählt auch Mario. Ich freue mich wahnsinnig, dass er in Eindhoven wieder so gut in Form gekommen ist. Er hat enorme Qualitäten, es ist jetzt wichtig, dass er weiter dranbleibt und den Weg weitergeht, dann schauen wir, was kommt. Nationalspieler bin ich immer, da muss ich immer wieder versuchen, meine Leistung abzurufen.

An der Nominierung von Thomas Müller gab es nie Zweifel?

Thomas ist für jede Mannschaft ein Gewinn, weil er Verantwortung übernimmt und eine Mannschaft führen kann. Aber das erwarte ich auch von anderen Spielern. Es ist enorm wichtig, dass eine Mannschaft lebt, dass die Spieler sich coachen, dass sie bereit sind, Verantwortung auch für den anderen zu übernehmen. Das ist es, was wir sehen möchten. Ich denke, dass wir genügend Spieler dabeihaben, um das so umsetzen zu können.

An Leroy Sané halten Sie trotz Formkrise fest?

Leroy hat große Qualitäten. Ich habe ihn eine Saison lang begleiten dürfen. Seine Einstellung, auch im Training, ist für mich immer top gewesen. Er ist fit, deswegen ist es für uns überhaupt keine Frage, dass er dabei ist.

Sie haben 26 Spieler nominiert. Planen sie eine größere Rotation für die drei Länderspiele?

Das ist der Plan. Für uns ist es wichtig, dass wir die interessanten Spieler, die wir nominiert haben, auf dem Platz sehen. Ich weiß aber auch, dass man sich vieles vornehmen und einem die Situation dann aber einen Strich durch die Rechnung machen kann.

Stellen Sie in der Abwehr wieder auf Viererkette um? Bei der EM funktionierte die Dreierkette nicht.

Wir werden mit einer Viererkette spielen und werden stets analysieren, was wir besser machen können. Vielleicht ist auch mal ein anderes System nötig, man muss in der jeweiligen Situation immer genau drauf schauen, was für die Mannschaft am besten ist.

Zur Person: Hansi Flick ist der elfte Trainer in der Geschichte der deutschen Nationalmannschaft. Nach sieben Titeln in zwei Jahren mit dem FC Bayern soll der 56-Jährige nun die DFB-Auswahl als Nachfolger von Joachim Löw aus dem sportlichen und emotionalen Tief führen. Flick war als Löw-Assistent maßgeblich am WM-Triumph 2014 in Brasilien beteiligt, danach wurde der einstige Profi DFB-Sportdirektor.

  © dpa

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