Statt im Trainingslager in Südtirol oder am Chiemsee zu schuften, zieht es den FC Bayern München und Borussia Dortmund in der Sommerpause in die USA. Die Internationalisierung der Bundesliga steht im Mittelpunkt der Tour - und damit die Hoffnung auf das große Geld.

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Sonne, Meer, Palmen, Strand, dahinter die Skyline der Stadt. In Miami lässt es sich aushalten. "Visiting Friends" - Freunde besuchen, betitelt der FC Bayern München seine Reise dort hin. Dem Sport kommt hier nur eine Nebenrolle zuteil.

Stattdessen bietet sich folgendes Bild: Renato Sanches und Sandro Wagner schlendern im Stile von "Miami Vice" für Promo-Zwecke die Promenade hinunter und die Fußball-Fans in Miami sind in heller Aufregung, denn: James Rodriguez ist in der Stadt!

Der Rekordmeister weiß, warum er den Kolumbianer aus seinem Urlaub einfliegen ließ. Jörg Wacker, Bayern-Vorstand für Internationalisierung und Strategie, hat bemerkt, "was James hier für ein Superstar ist. Man kann ja kaum mit ihm auf die Straße gehen."

Zum dritten Mal weilten die Münchner im Rahmen der "Audi Summer Tour" in den USA. Der FC Bayern nahm, wie auch Borussia Dortmund, am "International Champions Cup" teil - einer Turnierserie, die die Agentur "Relevent Sports" austrägt. Hinter ihr steckt der Besitzer der Miami Dolphins aus der National Football League (NFL).

Der Zweck der Reise: Die Vereine wollen neue Märkte erschließen, die Internationalisierung vorantreiben. Kurz: Geld verdienen.

Um den einheimischen Fans auch einen sportlichen Reiz zu bieten, duellierten sich bei der Turnierserie Top-Klubs: Der FC Bayern traf in Philadelphia auf Juventus Turin und in Miami auf Manchester City.

Neben der Erkenntnis, dass die Bayern Testspiele verlieren können (0:2 gegen Juventus und 2:3 gegen Manchester), bringt das Turnier Vereinen und Veranstalter viel Geld - und Kritik von Fans.

Tickets für das Spiel der Bayern gegen Paris Saint-Germain in Klagenfurt (ein weiteres Match im Rahmen des "International Champions Cup") kosteten zwischen 57 und 77 Euro - für ein Spiel ohne sportlichen Wert und ohne die Topstars beider Teams.

Den Preis bestimmte "Relevent Sports". Die Fans sind wütend, die Entfremdung zwischen DFB und Fans zeigt derzeit, wohin eine missglückte Marketingstrategie führen kann.

China bietet Wachstumspotenzial

Rein wirtschaftlich ergeben die Reisen Sinn. Die nackten Zahlen des China-Trips der Bayern im vergangenen Jahr: 12 Tage, 60 Marketing-Termine, rund 10 Millionen Euro erwirtschaftet. Laut dem Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge hat der Verein in Fernost 135 Millionen Sympathisanten.

Das Marketing-Potenzial der Bundesliga ist weitgehend ausgeschöpft. Neue Märkte in anderen Teilen der Erde zu erschließen, ist für Europas Spitzenklubs einfacher.

In China wird der Fußball von der Regierung gefördert, das Wirtschaftsmagazin "Capital" spricht von 300 Millionen Fußballkonsumenten in China. 2014 entschied sich der FC Bayern, langfristig in den chinesischen Markt zu treten. Das kommt auch seinen Sponsoren, zum Beispiel Audi, zugute.

Spitzenreiter in China ist Manchester United; die "Red Devils" haben, wie der FC Barcelona, in Hongkong ein Büro, von dem aus sie in den asiatischen Markt eingreifen. Jetzt wollen auch die Bayern mitmischen.

Der damalige Trainer von RB Leipzig, Ralph Hasenhüttl, bezeichnete die Asientour des Rekordmeisters 2017 als "krass" und sagte, er sei "sehr dankbar", dass seine Spieler verschont blieben.

Rummenigge wiederum sieht in den Reisen einen Vorteil für die gesamte Bundesliga-TV-Vermarktung. "Alle die, die nach wie vor eben den einfachen Weg wählen und sich in Österreich oder der Schweiz vorbereiten - da bin ich mal sehr skeptisch, ob die damit einen großen Beitrag zum Wohle der Bundesliga leisten", so der Vorstandsvorsitzende.

Dortmunds Kapitän Marcel Schmelzer ergänzte: "Man darf nicht vergessen, wie viele Fans wir auf diesem Kontinent haben. Es ist ein Art von Dankbarkeit, den Leute dort für ein paar Tage unsere Gesichter und unsere Trainingseinheiten zu zeigen."

Aber selbst Uli Hoeneß bezeichnete den Trip 2017 als "grenzwertig". "Wir werden sicherlich weiter diese Reise machen. Aber ob man unbedingt vier Spiele in zwölf Tagen machen sollte mit einer Reise in ein anderes Land, das wird sicherlich auf den Prüfstand kommen."

Eine Route für 2019 ist beim FC Bayern bereits in Planung. "Es liegt auf der Hand, dass auch ein Ziel in Südamerika dabei sein kann, wenn man einen Superstar wie James hat", verrät Jörg Wacker. Die südamerikanischen Fans dürfen sich freuen.

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