Der von Influencern gegründete Klub Delay Sports wird in der Kreisliga C Berlin auf Anhieb den Aufstieg schaffen. Das Projekt ist aber nicht nur eine Schnapsidee für Reichweite und Follower, sondern langfristig angelegt. Bereits jetzt hat der Verein auf Instagram mehr Follower als Union Berlin und Hertha BSC.

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Elias Nerlich war ein bisschen voreilig, ein wenig zu forsch. Einer der bekanntesten Streamer Deutschlands feierte den Aufstieg seines Projekts in den sozialen Medien überschwänglich. Man muss dem Influencer die etwas ungestüme Euphorie aber nachsehen.

Denn rein rechnerisch ist Delay Sports zwar noch nicht aufgestiegen, könnte noch von den ersten beiden Plätzen verdrängt werden – doch dafür müssten die beiden Verfolger ihre Spiele gewinnen und der souveräne Tabellenführer Delay Sports alles verlieren. Was bei bislang 18 Siegen in 18 Spielen bei noch sechs ausstehenden Partien in der Kreisliga C Staffel 4 Berlin tatsächlich sehr unwahrscheinlich ist.

Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis Delay Sports den größten Erfolg in der noch jungen Vereinsgeschichte auch ganz offiziell unter Dach und Fach bringt. Was erst der Anfang sein soll. "Danke, dass wir diesen Weg mit euch zusammen gehen können", schrieb Nerlich aka "EliasN97" an seine 1,1 Millionen Follower auf Instagram und versprach: "Wir haben die Jahre noch einiges vor, einfach ein geiles Projekt."

Delay Sports: Starker Kader

Es ist auch sein Projekt, das im ersten Jahr nach der Gründung mehr Fahrt aufgenommen hat als erwartet. Sportlich sowieso bei bislang 18 Siegen und 126:11 Toren. Was natürlich auch daran liegt, dass der Kader eine interessante Mischung ist: Besteht er doch zum einen aus Influencern wie Nerlich sowie Freunden und Weggefährten, zum anderen ist er aber auch gespickt mit Spielern, die höher- und hochklassig gekickt haben, etwa Vereinsmitgründer und Ex-Hertha-Profi Sidney Friede, dem früheren Regionalliga-Spieler Alieu Sawaneh oder Ex-Profi Kevin Pannewitz. "Mit dem jetzigen Kader würde ich sagen, könnten wir in der Kreisliga A um den Aufstieg mitspielen und vom Niveau her könnten wir auch in der Bezirksliga mithalten, denke ich", sagte Trainer Andreas Schild bei "Kick.TV".

Die Spieler sind nicht eingekauft, sie werden auch nicht bezahlt, sie sind Bekannte von Nerlich, der selbst 2016 in der Brandenburg-Liga (6. Liga) kickte, ehe er von Verletzungen ausgebremst wurde und im eSports durchstartete, als Mitglied der Hertha-Akademie. Heute blickt er auf YouTube (1,16 Millionen Follower), Instagram (1,1 Millionen), TikTok (730.000) und Twitch (1,4 Millionen) auf über vier Millionen Fans und verdient in der virtuellen Welt sein Geld. Den Wadenbeinbruch von damals bezeichnete er bei Sport1 mal als "Bestimmung", denn es gebe keinen Zufall: "Es war der beste Tag meines Lebens."

Mehr als eine Schnapsidee

Der Spaß mit gemeinsamen Freunden steht bei dem ganzen Projekt im Vordergrund, Delay Sports soll aber deutlich mehr sein als eine Schnapsidee oder eine weitere Plattform der Influencer für mehr Reichweite und Follower. Zum Start gab es vom Berliner Fußball-Verband (BFV) eine Sondergenehmigung. Denn als neu gegründeter Klub müsste Delay Sports eigentlich zunächst drei Jahre lang in der Freizeitliga spielen, ehe ein Spielbetrieb in der Kreisliga C möglich ist. "Wir gehen mit dieser Entscheidung bewusst einen neuen Weg und sind überzeugt davon, dass der gesamte Berliner Fußball von der Innovationskraft und Reichweite von Delay Sports profitieren kann", hieß es vom BFV.

Genau das ist passiert. Zuletzt im Spitzenspiel gegen den Zweiten FC Grunewald kamen 2.000 Fans, für die elfte Liga eine beeindruckende Kulisse. Auf Instagram ist Delay Sports mit fast 500.000 Followern die Nummer eins in der Hauptstadt, recht deutlich vor Hertha BSC (275.000) und Union Berlin (238.000). Immer wieder berichten große Medien über Delay Sports, der Verein spielt die Möglichkeiten über die sozialen Medien und Plattformen geschickt aus. Im Grunde zeigt Nerlich mit seinem Projekt den großen Klubs, was sie im Umgang mit der jungen Zielgruppe falsch machen. Die müsse man seiner Meinung nach abholen: "Versuch‘ mal einen jetzigen Dortmund-Fan mit Mitte 20 oder 30 zu einem anderen Verein zu bringen - das ist fast unmöglich. Aber einen 12- bis 16-Jährigen kannst du da noch hinlenken. Und das müssen viele Vereine ändern", so Nerlich.

Bei so viel Aufmerksamkeit muss sich Nerlich aber auch gegen Kritiker wehren. "Wir fangen ganz unten in der Kreisliga C an und haben uns nirgendwo eingekauft, was wir hätten machen können. Wir haben keine dicken Sponsorengelder angenommen, was wir auch hätten machen können, sondern wir spielen für die Deutsche Krebshilfe", betonte er bei rbb24. Sie wird finanziell unterstützt, unter anderem durch Aktionen. Nerlich sieht sich selbst wiederum als "eine Mischung aus Trainer, Vorstand und Spieler. Vielleicht so wie Uli Hoeneß damals bei den Bayern."

Was auch in der Kreisliga C kein Selbstläufer ist, wenn man es ambitioniert und seriös machen und gute Strukturen für eine erfolgreiche Zukunft schaffen möchte. Denn in seiner Hoeneß-Rolle muss Nerlich zum Beispiel dafür sorgen, dass bis zum Jahr 2024 zwei Jugendmannschaften am Start sind, das war eine Bedingung des BFV.

Was bringt die Zukunft?

Das dürfte angesichts der Zielgruppe der Influencer allerdings kein Problem sein. "Je früher wir damit anfangen, desto besser ist es. Vor allem, wenn wir dann irgendwann eine A-Jugend haben, aus der wir dann Spieler langsam in die erste und zweite Mannschaft einbauen können", sagt Schild. Herausfordernd ist es dann schon eher, dass sich Delay Sports den Platz mit dem BFC Preussen teilt und Spielzeiten für weitere Mannschaften irgendwann begrenzt sind. Es sind viele kleine Baustellen, auf die man auch ganz unten im deutschen Fußball-System bei einer Vereinsgründung achten muss. Neue kommen immer wieder hinzu.

Doch die Verantwortlichen sind optimistisch. Schild möchte in der nächsten Saison mit der Mannschaft in der Kreisliga B ungeschlagen aufsteigen. "In der Kreisliga A dann gerne in die Bezirksliga aufsteigen, aber auch da wird das Niveau noch mal ein anderes sein und je höher du kommst, desto dünner wird die Luft. Wenn das alles gelingt, sind wir dann in ein paar Jahren in der Bezirksliga", sagte Schild.

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Vorzeichen ändern sich möglicherweise

Nerlich weiß, dass sich mit jedem Aufstieg irgendwann auch die Vorzeichen ändern, möglicherweise auch die Philosophie. Er will es familiär halten, die finanzielle Komponente, also die Bezahlung der Spieler, wird er aber je nach Ligazugehörigkeit nicht verhindern können.

"Der Kader bleibt ja nicht so, wie er ist. Wir haben jetzt schon viele Anfragen von Spielern aus oberklassigen Ligen bekommen, die bei uns spielen wollen. Sogar umsonst, weil sie einfach das Projekt cool finden", sagte Nerlich. "Der Kader wird also wahrscheinlich in den nächsten Jahren verändert und dann schauen wir mal, wie weit wir kommen". Ein wichtiger Schritt ist mit dem ersten Aufstieg bereits getan. Auch wenn er noch nicht ganz offiziell ist.

Verwendete Quellen:

  • Kick.tv: Delay Sports-Trainer Andreas Schild im Interview
  • rbb24: Influencer-Klub Delay Sports: Sie können auch kicken
  • Sport1: YouTuber mischt Amateurfußball auf
  • kicker.de: Kreisliga C Berlin Staffel 4 - Tabelle
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