Ist die Krise des FC Bayern vorerst beendet? Mit dem Heimsieg im Achtelfinal-Rückspiel qualifizierte sich die Mannschaft von Thomas Tuchel für die nächste Runde der Champions League. Und das Wichtigste: Sie traten als Mannschaft auf.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Oliver Jensen sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Die Freude in der Allianz Arena war groß. Mit dem 3:0 gegen Lazio Rom hat sich der zuletzt kriselnde FC Bayern München für das Viertelfinale der Champions League qualifiziert. Die Fröhlichkeit war somit auch bei Thomas Müller zurück.

Mehr News zur Champions League

"Wir sind natürlich sehr glücklich und versuchen, das Gefühl einfach zu genießen – unabhängig davon, was gestern in der Zeitung stand, was morgen in der Zeitung steht oder was sonst so ist. Es fühlt sich einfach gut an. Die Mannschaft hat es sich absolut verdient", sagte Müller.

Überhaupt sei die Stimmung innerhalb der Mannschaft nicht so schlecht gewesen, wie es in der Öffentlichkeit dargestellt wurde: "Es ist hier kein kompletter Scherbenhaufen, sondern wir haben einfach auf dem Fußballplatz ein paar Probleme. Aber heute war es ganz gut."

Nachdem der FC Bayern zuvor nur eines von fünf Pflichtspielen gewinnen konnte – das Hinspiel in Rom endete mit einem 0:1 – legten sie diesmal einen dominanten Auftritt hin. Harry Kane (39.) und Thomas Müller (45.+2) trafen in der 1. Halbzeit. Kane sorgte mit seinem zweiten Treffer (66.) zum 3:0 für die Vorentscheidung.

FC Bayern dominierte, Tuchel verletzte sich

Der FC Bayern hat das Spiel über weite Strecken dominiert, hatte 60 Prozent Ballbesitz und kam auf 24 Torschüsse, während der Gegner lediglich fünf Abschlüsse hatte. Die Passquote von 93 Prozent (Rom: 83 Prozent) sowie 75 Prozent erfolgreiche Dribblings (Rom: 40 Prozent) sind Belege dafür, dass der deutsche Rekordmeister weniger fehleranfällig war als in den Wochen zuvor.

"Wir waren sehr diszipliniert und haben nicht den Kopf verloren. Wir haben viel mutiger gespielt als im Hinspiel, haben einen besseren Rhythmus gehabt. Mit einer sehr soliden Mannschaftsleistung haben wir das Spiel verdient gewonnen", sagte Trainer Thomas Tuchel.

Er selber erbrachte den schmerzvollen Beweis, trotz der feststehenden Trennung im Sommer noch immer sehr engagiert zu sein. "Die Motivationsrede vor dem Spiel hat mich den großen Zeh gekostet", sagte der humpelnde Trainer, der gegen einen Gegenstand trat und sich dabei verletzte. Immerhin erfüllte die Ansprache ihren Zweck, denn der FC Bayern funktionierte endlich wieder im Kollektiv.

Höwedes sah eine Mannschaft, "die füreinander da ist"

Amazon-Prime-Experte Benedikt Höwedes stellte fest: "Heute steht eine Mannschaft auf dem Platz, die füreinander da ist, die füreinander arbeitet. Und man sieht, wozu Bayern München in der Lage ist, wenn sie sich als Gemeinschaft verstehen. Über ihre fußballerischen Qualitäten auf dem Platz brauchen wir nicht zu diskutieren."

Höwedes hob vor allem die Spieler in der Zentrale hervor: "Pavlovic war unheimlich konzentriert, traf häufig die richtigen Entscheidungen, war mit seinem vertikalen Pass maßgeblich an einem Tor beteiligt. Er unterbindet immer wieder Kontersituationen, ist sehr, sehr fleißig. Auch Jamal Musiala wirkte befreiter. Er hat auch in den letzten Wochen, in denen es hart war, sich immer wieder die Bälle geholt und hat versucht, anzuschieben. Aber heute wirkte er befreiter, ein bisschen leichter und hatte auch mehr Glück in den Eins-gegen-Eins-Situationen."

Insgesamt gäbe es keinen Spieler, "der nicht an sein Maximum der Leistungskapazität gekommen ist. Heute haben sie alle geliefert." Der frühere Bayern-Spieler Miroslav Klose wusste den Erfolg allerdings richtig einzuordnen: "Man muss den Abend genießen. Aber viele Spieler werden den Abend nur kurz genießen, weil sie wissen, das war jetzt der erste Schritt, aber wir haben noch ein paar Schritte zu gehen und möchten wieder so Fußball spielen, wie wir uns das alle hier vorstellen. Da gehört so ein Spiel dazu. Aber es gehört auch dazu, das weiterzumachen."

Da passte es gut ins Bild, dass auch Müller den Triumph nicht überbewertete: "Wir freuen uns, wir haben ein gutes Spiel gemacht. Wir wissen aber auch, dass Lazio momentan nicht in ihrer besten Phase ist. Trotzdem musst du so ein Ergebnis erst einmal umbiegen. Das ist jetzt keine Erlösung, sodass wir eine ganz neue Spielkultur-Ebene erreicht haben. Aber wir haben einen ganz wichtigen Schritt getan."

Deutsches Viertelfinale gegen Dortmund oder Leipzig möglich

Die Viertelfinal-Paarungen werden am 15. März ausgelost. Neben München ist bislang lediglich Paris Saint-Germain für die Runde der letzten Acht qualifiziert. Bei der Auslosung gibt es keinerlei Einschränkungen. "Man braucht ein bisschen Losglück, weil die Verlosung komplett offen ist", sagte Tuchel. Auch ein deutsches Duell gegen Borussia Dortmund oder RB Leipzig wäre möglich, sofern sich die Bundesligisten ebenfalls für das Viertelfinale qualifizieren.

Die Hinspiele finden am 9. und 10. April statt, die Rückspiele am 16. und 17. April. In den vergangenen drei Spielzeiten ist Bayern jeweils im Viertelfinale gescheitert. Diesmal ist der Druck noch größer, denn bei zehn Punkten Rückstand auf den Bundesliga-Tabellenführer Bayer Leverkusen bietet die Champions League die letzte realistische Chance auf einen Titel.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.

Teaserbild: © IMAGO/Philippe Ruiz