So langsam kann man wohl von einem Traumstart für den neuen Bayern-Trainer Vincent Kompany sprechen. Fünf Pflichtspiele, fünf Siege. Darunter mit dem 6:1 gegen Kiel und dem 9:2 gegen Dinamo Zagreb zwei echte Machtdemonstrationen gegen allerdings sichtbar überforderte Gegner.
Es ist auffällig, wie viel der immer noch relativ unerfahrene Coach
Doch Kompany führte gleich eine ganze Reihe von taktischen Kniffen ein, die bei den kommenden Gegnern des FC Bayern für einiges Kopfzerbrechen sorgen dürften. Der Reihe nach:
Kimmich, der Flexi-Sechser
Die wohl spannendste Veränderung betrifft
Schieben beide hoch, fällt Kimmich auch mal zwischen die Innenverteidiger, um das Spiel vor sich zu haben. Schiebt der Rechtsverteidiger – gegen Zagreb Guerreiro – nach vorn, rückt Kimmich häufig auf die Rechtsverteidigerposition in einem Dreieraufbau. Guerreiro schob dabei nicht einfach die Linie runter, sondern positionierte sich selbst immer wieder zentral in einer Achter- oder sogar Zehner-Rolle.
Gegen den SC Freiburg, die ohne echten Linksaußen agierten, bot der FC Bayern erst gar keinen nominellen Rechtsverteidiger auf und Kimmich spielte einfach beide Rollen gleichzeitig.
Dieses Element ist auch beim FC Bayern nicht völlig neu
All das hat zwei logische Vorteile. Der Aufbau ist weniger statisch und stellt das gegnerische Pressing durch viele Rotationen vor Herausforderungen, weil auch Musiala, Pavlovic oder Palhinha bei diesen Rotationen mithelfen und Räume im Wechsel besetzen. Gleichzeitig hat der FC Bayern sehr viele Spieler vor dem Ball und kann auch im Zentrum immer wieder Überzahl herstellen.
Dieses Element ist beim FC Bayern nicht völlig neu. Pep Guardiola probierte schon vor Jahren mit einer hybriden Rolle für Philipp Lahm herum und das durchaus mit einigem Erfolg. Kompanys Plan ist nicht komplett vergleichbar, aber er wird durch Kimmich sehr aggressiv umgesetzt.
Ein Beispiel: In der 56. Minute gegen Zagreb leitete Kimmich von hinten rechts aus einer Dreierkette einen ruhigen Angriff ein, 60-70 Meter vom gegnerischen Tor entfernt. Vier Passstationen, 30 Sekunden und einen Kameraschwenk später schloss Kimmich, der eben noch hinten rechts stand, selbst in Mittelstürmerposition am gegnerischen Strafraum ab.
Kane vollstreckte den Nachschuss zum 4:2 ins Netz. Das wirkt wild, folgt aber einem Plan. Diese extreme Flexibilität ist neu.
Das Gegenpressing ist zurück
Es war eine der Schwachstellen in der ohnehin taktisch etwas enttäuschenden Zeit unter
Genau in diesen Spielen ist es aber auch besonders wichtig, weil es gegen tiefstehende Gegner den Weg zum gegnerischen Tor verkürzt. Ob es auch gegen die Topteams bei diesem Stilmittel bleibt oder Kompany hier etwas mehr Sicherheit bevorzugt, bleibt abzuwarten.
Der Vierersturm stellt Gegner vor Probleme
Auch im Angriff zeigt sich eine deutliche Veränderung gegenüber der Tuchel-Ära. Bayern will den Ball schneller in die vorderste Zone bringen. Immer wieder positionieren sich dabei vier Offensivspieler auf einer Linie zwischen der gegnerischen Abwehrreihe. Von dort können sich Musiala oder Kane fallen lassen und Bälle auf die Außen weiterverteilen.
Oder Musiala wird direkt in den Gegnerdruck angespielt und soll mit seinen unnachahmlichen Wendungen und Wacklern direkt für Torgefahr sorgen. Bayerns Spiel ist direkter. Die Zeiten des kontrollierten, langsamen Aufbaus, wie er unter Tuchel oft zu sehen war, sind erstmal vorbei.
Manu, der Libero
Es ist einige Jahre her, dass man
Zudem scheint er auch in der Konterverteidigung wieder von der Leine gelassen worden zu sein. Immer wieder fängt er lange Pässe in die Tiefe weit vor dem eigenen Tor ab und entlastet so seine Vorderleute. Gegen Freiburg kurbelte er das Offensivspiel selbst beim Stand von 1:0 auch schon weit jenseits der Mittellinie an.
Es ist natürlich nur eine Frage der Zeit, bis das einmal schiefgeht. Dann wird sich zeigen, wie robust Kompany diese Idee weiterverfolgt. Aktuell funktioniert es.
Rotationsprinzip auf und neben dem Platz
Nicht nur Kimmich und die Außenverteidiger rotieren. Auch in der Offensive ist von Positionstreue wenig zu spüren. Serge Gnabry mimte gegen Freiburg immer mal wieder den Rechtsverteidiger. Musiala genießt enorme Freiheiten, sich im Zentrum oder in der Spitze Räume zu suchen. Guerreiro präsentierte sich gegen Zagreb wie erwähnt als diagonaler Rechtsverteidiger, der auch schonmal am linken offensiven Strafraumeck auftauchte.
Mit der Rückkehr von Leroy Sané wird ein weiterer variabler Offensivspieler dazu kommen, der als nomineller Außenstürmer sicher viel in zentralen Räumen zu finden sein wird. Es wirkt, als dürfe gerade jeder den inneren Thomas Müller in sich entdecken. Variabilität, Wachsamkeit und kluge Rotationen sind unter Kompany gefragt.
Das Rotationsprinzip gilt dabei nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz. Kompany kann trotz einiger Verletzungen in der Abwehr (Stanisic, Boey, Ito) rotieren, was das Zeug hält. Und er nutzt das bisher sehr geschickt. So kriegt jeder seine Chance. Jeder muss sich beweisen. Jeder kriegt aber auch seine Pausen. Bisher klappt das gut.
Dass sich die mediale Berichterstattung auf Leon Goretzka stürzt, liegt daran, dass er der Einzige ist, der aktuell ein wenig hinten dran ist. Auch das kann sich jedoch in einer langen Saison mit Dreifachbelastung ändern. Rotation ist wieder in.
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Härtetests stehen noch aus
Klar ist: Kompanys Veränderungen müssen sich gegen stärkere Gegner beweisen. Echte Härtetests waren noch nicht dabei. Die Fehler in der Abwehr wie zum Start gegen Wolfsburg oder selbst mit den zwei schnellen Gegentoren nach der Pause gegen Zagreb bleiben ein Thema.
Dennoch: Der Anspruch des neuen Bayern-Trainers nicht nur kleine Stellschrauben zu verändern, sondern gleich mehrere neue Prinzipien einzuführen und diese auch in kurzer Zeit erfolgreich zu vermitteln, nötigen Respekt ab. Und haben in dieser Form auch alle Experten ziemlich überrascht.
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