Julian Nagelsmann startet mit dem FC Bayern nach komplizierten Wochen in die neue Saison. Wer waren in den ersten Wochen des neuen Trainers die Gewinner und Verlierer im Bayern-Kader?

Steffen Meyer
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht des Autors dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.

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So viel Unsicherheit war selten vor einem Bundesliga-Start: Der FC Bayern weiß vor dem heutigen Auftakt in die 59. Bundesligasaison gegen Borussia Mönchengladbach überhaupt nicht wo er steht: Die Vorbereitung wegen der EM und einigen Verletzten zerstückelt. Die Testspiele schwach. Eine Stammelf einspielen? Unmöglich. Zuletzt fiel auch noch die Generalprobe gegen den Bremer SV in der ersten Pokalrunde Corona bedingt aus.

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Julian Nagelsmann muss bei seinem Pflichtspieldebüt als Bayern-Trainer also zunächst improvisieren und auf die Qualität im Kader vertrauen. Dabei war auch diese besondere Vorbereitung nicht ohne Erkenntnisse für den Flick-Nachfolger. Wer konnte seine Chancen in der Vorbereitung nutzen und wer nicht? Die Bayern-Gewinner und Verlierer zum Saisonstart:

Gewinner: Dayot Upamecano

Der Neuzugang aus Leipzig geht als unumstrittener Abwehrchef in die neue Saison. Der junge Top-Innenverteidiger konnte die gesamte Vorbereitung mitmachen und kennt Nagelsmanns Vorstellungen besser als jeder andere im Team. Die Abgänge von David Alaba und Jerome Boateng hinterlassen eine riesige Lücke beim FC Bayern. Upamecano, der als Königstransfer dieses Sommers anzusehen ist, steht also von Beginn an unter Druck. Die Eindrücke aus der Vorbereitung sprechen dafür, dass er bereit dafür ist.

Gewinner: Tanguy Nianzou

Auch ein weiterer französischer Innenverteidiger kann als Gewinner gesehen werden. Es ist schon auffällig wie positiv Julian Nagelsmann und auch die gesamte Bayern-Führung immer wieder über den 19-Jährigen sprechen. Nach einer Saison mit vielen Verletzungen könnte der elegante Verteidiger zum Saisonstart als zweiter Mann neben Upamecano gesetzt sein. Eine Riesenchance für das Talent, sich zu beweisen.

Defensiv ist Nianzou bereits sehr, sehr weit. Spannend wird zu sehen sein, wie stark er bereits in einer Rolle als Spielgestalter aus der Defensive heraus agieren kann. Alaba-Maßstäbe sollte man an ihn sicherlich noch lange nicht anlegen. Trotzdem ist die Euphorie der Münchner Bosse um den Franzosen absolut nachvollziehbar.

Gewinner: Leroy Sané

Es mag merkwürdig wirken seinen Namen hier zu lesen. In den wenigen Einsatzminuten in der Vorbereitung hat Sané nicht gerade Bäume ausgerissen. Trotzdem kann der Top-Transfer des Vorjahres als Gewinner gesehen werden. Es wurde nach dem Abgang von Douglas Costa kein weiterer hochkarätiger Ersatz für die offensiven Flügelpositionen verpflichtet. Zudem stärkte Nagelsmann seinem Offensivmann auffällig klar den Rücken.

"Große Spielaktivität und wenig Spielpausen", gab Nagelsmann für Sané als Marschroute vor. Ein kluges Signal, denn Sané braucht dringend mehr Vertrauen in sein Spiel, um die hohen Erwartungen endlich regelmäßiger zu erfüllen. Das gelingt umso schneller, je mehr er ins Spiel eingebunden ist. Sané – so scheint es – wird von Nagelsmann die Chance bekommen sich zu beweisen.

Gewinner: Josip Stanisic

Weil wegen der EM viele Stammspieler fehlten, bekamen eine Reihe von Nachwuchsspielern eine Chance sich zu beweisen. Stanisic hat diese Chance als flexibler Außenverteidiger am ehesten genutzt. Dass der 21-Jährige nach der Verletzung von Benjamin Pavard und der noch unklaren Fitnesssituation von Alphonso Davies sogar für die Startelf gegen Mönchengladbach gehandelt wird, ist ein bemerkenswert. Selbst wenn am Ende Bouna Sarr oder Niklas Süle den Vorzug bekommen sollten: Das Vertrauen in Stanisic als möglicher Teil des erweiterten Profi-Kaders ist gewachsen. Salihamidzic und Kahn haben Nagelsmann den klaren Auftrag mitgegeben Nachwuchsspieler zu entwickeln, wie es Flick zuletzt mit Jamal Musiala gelungen ist. Stanisic kommt gerade in der Anfangsphase der Saison für Einsatzminuten infrage. Allein das ist ein großer Erfolg.

Verlierer: Lucas Hernández

Eigentlich sollte diese Saison seine Saison werden. Nach zwei Jahren in denen Hernández meist gut spielte, wenn er durfte, aber häufig verletzt fehlte, schien der Weg frei für eine Führungsrolle des französischen Nationalspielers. Doch Hernández verpasste weite Teile der Vorbereitung erneut wegen einer Verletzung und muss sich nun erneut gedulden und hinten anstellen.

Hernández hat im Grundsatz alles, was ein Abwehrchef braucht. Er ist ein toller Zweikämpfer, ein guter Aufbauspieler und er hat gezeigt, dass er vorangehen kann, wenn es drauf ankommt. Es bleibt zu hoffen, dass er in dieser Saison mal länger gesund bleibt. Immerhin im Lauftraining ist er bereits wieder.

Verlierer: Marc Roca

Der nächste, der eigentlich seine große Chance mit einer guten Vorbereitung nutzen wollte und nun verletzt fehlt: Roca ist ein guter Fußballer und kluger Passspieler. Bisher fehlte ihm die Schnelligkeit und Kreativität, um im Zentrum mehr zu sein, als ein Rotationsspieler für Kurzeinsätze und Gegner aus untersten Tabellenregionen. Sein Außenbandriss war Pech zur falschesten Zeit. Es bleibt fraglich, ob sich der Spanier wirklich beim FC Bayern durchsetzen kann.

Verlierer: Michael Cuisance

Anders als Roca bekam der von Olympique Marseille zurückgekehrte Franzose alle Chancen sich in den Vorbereitungsspielen zu beweisen. Genutzt hat er sie nicht. Im Gegenteil: Einige der jungen Nachwuchskräfte aus der eigenen Jugend dürften inzwischen in der internen Rangordnung an ihm vorbeigezogen sein. Cuisance wäre mit seinem – in guten Phasen – kraftvollen und durchaus torgefährlichem Spiel ein Mittelfeldspieler, der vielen Bundesliga-Mannschaften weiterhelfen kann. Eine Zukunft in München scheint nach dieser Vorbereitung unwahrscheinlich.

Auch Nagelsmann bisher ein Gewinner

Neben den Gewinnern und Verlierern aus dem Spielerkader, wusste übrigens auch Neu-Coach Julian Nagelsmann selbst trotz der holprigen Vorbereitung zu gefallen. Nagelsmann fand den richtigen Ton, argumentierte klar und nachvollziehbar und strahlte trotz erster kritischer Fragen eine enorme Ruhe aus.

Eines ist jedoch sowohl für Nagelsmann als auch die anderen Gewinner und Verlierer der Vorrunde ganz klar: Mit dem Anpfiff gegen Mönchengladbach heute Abend gerät die Vorbereitung in Vergessenheit. Dann beginnt eine neue Zeitrechnung in München. Und dann zählt's.

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