Der Hamburger SV hat den Aufstieg nicht mehr in der eigenen Hand. Viele Gegentore in der Nachspielzeit katapultierte die Mannschaft auf Platz 4. Im Hintergrund werden laut Medienberichten schon Gespräche mit neuen Trainer-Kandidaten geführt.

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HSV-Stürmer Joel Pohjanpalo sprach von einem "großen Schock", Trainer Dieter Hecking von einem "sehr bitteren Nachmittag." Nach dem bitteren 1:2 beim 1. FC Heidenheim ist der Hamburger SV auf Platz 4 der 2. Liga abgerutscht und hat nicht einmal mehr die Teilnahme an der Relegation in der eigenen Hand.

Das entscheidende Gegentor fiel in der Nachspielzeit – wie so oft in den letzten Wochen.

Verrückt: Wären alle Spiele nach der Corona-Pause pünktlich nach 90 Minuten abgepfiffen worden, würde der HSV jetzt auf Tabellenplatz 2 stehen und hätte bei vier Punkten Vorsprung auf den VfB Stuttgart den Bundesliga-Aufstieg sicher.

Hecking hadert mit "Fußballgott"

Stattdessen aber fing sich der HSV innerhalb der letzten acht Spiele gleich vier Mal in der Nachspielzeit ein Gegentor ein.

Bei der SpVgg Greuther Fürth kassierten sie in der 94. Minute das 2:2, beim VfB Stuttgart in der 92. Minute das 2:3, gegen Holstein Kiel in der 94. Minute das 3:3, nun in Heidenheim in der 95. Minute das 1:2. Allein dadurch verlor der HSV sechs Punkte.

"Es scheint so, als ob der Fußballgott da nicht auf unserer Seite ist", sagt Hecking daher. "Wir hätten schon längst durch sein können."

Doch der Trainer weiß, dass die vielen späten Gegentore nicht nur mit "höheren Mächten" zu erklären sind. "Wie wir in der Nachspielzeit das Tor kassieren, das hat nichts mit Glück oder Pech zu tun, sondern das ist einfach schlecht verteidigt", sagt er über das 1:2 in Heidenheim.

Schlechte Verteidigung, keine Mentalität

Auffällig ist, dass der HSV nach einer Führung oftmals das Fußballspielen einstellt, sich kaum weitere Chancen erspielt und stattdessen versucht, den Sieg irgendwie über die Ziellinie zu retten. "Wir haben es nicht verstanden, es nach unserer 1:0-Führung ruhiger zu Ende zu spielen, wobei die Räume für Konter vorhanden gewesen wären", kritisiert Hecking.

Dafür dürfte es mehrere Gründe geben: Möglicherweise hat die Mannschaft nicht die Kondition, um auch in der Nachspielzeit noch erfolgreich zu sein. Beim späten Gegentor in Heidenheim kamen gleich mehrere Spieler ein paar Schritte zu spät.

Ganz sicher fehlen dem Kader auch sogenannte "Mentalitätsmonster", die in kritischen Spielsituationen Verantwortung übernehmen und auf die Mitspieler einwirken. Die Angst vor dem Versagen scheint die Mannschaft oftmals zu lähmen.

Doch noch ist es zu früh, um das Ziel Bundesliga-Aufstieg komplett abzuschreiben.

Eine kleine Chance auf die Relegation

Hecking gibt die Richtung vor: "Wir müssen den Kopf wieder hochnehmen und schauen, dass wir die kleine Chance auf die Relegation am letzten Spieltag noch nutzen können, auch wenn wir jetzt auf Schützenhilfe angewiesen sind."

Wenn der Hamburger SV am Sonntag gegen den SV Sandhausen gewinnt und der 1. FC Heidenheim zeitgleich beim Zweitliga-Meister Arminia Bielefeld nicht siegt, rutscht HSV auf Platz 3 vor.

Dem HSV würde sogar ein Unentschieden genügen, sollte Heidenheim in Bielefeld verlieren. Wenn allerdings Heidenheim ihr Spiel gewinnt, steht dem HSV zwangsweise ein weiteres Jahr in der 2. Liga bevor – unabhängig von dem eigenen Spielausgang.

Doch wie würde es mit dem HSV dann weitergehen?

Der Vertrag von Trainer Hecking würde sich nur im Falle des Aufstiegs automatisch verlängern. Anfang des Jahres hatte er angekündigt, sich auch im Falle des Nicht-Aufstiegs einen weiteren Verbleib in Hamburg vorstellen zu können.

Doch bekäme er überhaupt die Gelegenheit dazu?

Tim Walter oder Andre Breitenreiter der nächste HSV-Trainer?

Laut Informationen von Sky-Moderator Yannick Erkenbrecher, so schreibt jedenfalls bild.de, hat die Vereinsführung des HSV bereits Gespräche mit Tim Walter (zuletzt entlassen beim VfB Stuttgart) und Andre Breitenreiter (zuletzt entlassen bei Hannover 96) geführt.

Trainerwechsel sind allerdings kein Allheilmittel. Der HSV hatte in den vergangenen zehn Jahren 17 verschiedene Trainer. Die positiven Auswirkungen waren immer nur kurzfristig – wenn überhaupt.

Zwangsweise verändern wird sich zur kommenden Spielzeit die Mannschaft.

Stürmer Joel Pohjanpalo, der mit neun Toren der effektivste HSV-Torjäger der Rückrunde ist, war lediglich ausgeliehen und kehrt zu Bayer Leverkusen zurück. Selbiges trifft auf Mittelfeldspieler Adrian Fein (Bayern München) und bei Nicht-Aufstieg auch auf Offensivspieler Martin Harnik (Werder Bremen) zu.

Der HSV müsste also auf verschiedenen Positionen nachbessern, um 2020 / 2021 erneut um den Aufstieg mitspielen zu können.

Die Konkurrenzsituation verschärft sich

Zumal die Konkurrenz eher stärker wird: Aus der Bundesliga kommt neben dem SC Paderborn auch noch Werder Bremen und/oder Fortuna Düsseldorf hinzu. Auch die wiedererstarkte Truppe von Hannover 96 wäre wohl ein Aufstiegskandidat.

Dahinter lauern Vereine wie der SV Darmstadt 98, der VfL Bochum oder die SpVgg Greuther Fürth, die das Potential zum Überraschungsteam haben.

Und ob der HSV erneut ein Mannschaftsetat von derzeit geschätzten 28 Millionen Euro stemmen könnte, um weiter zu den finanziellen Schwergewichten der 2. Bundesliga zu zählen, ist in Zeiten von Corona zumindest fraglich.

Es wäre also für den Verein das Beste, in dieser Saison den Aufstieg zu schaffen – so unwahrscheinlich es derzeit auch erscheinen mag.

Verwendete Quellen:

  • bild.de: Was wird aus Hecking?
  • bild.de: Wie der HSV jetzt in der Trainerfrage plant
  • Pressekonferenz mit Dieter Hecking nach dem Spiel 1. FC Heidenheim – Hamburger SV (21.06.2020)
  • hsv.de: "Das hat nichts mit Glück oder Pech zu tun"
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