Nico Hülkenberg setzt am Wochenende beim GP in Mexiko einen persönlichen Meilenstein: Der Emmericher absolviert sein 200. Rennen in der Formel 1. Geht es nach ihm, folgen noch viele weitere. Möglicherweise auch für Audi?

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Nico Hülkenberg war komplett überrascht. Der Deutsche wurde auf dem falschen Fuß erwischt. Er hatte schlicht keine Ahnung, was Alain Prost, Nigel Mansell und Niki Lauda ab dem kommenden Sonntag gemeinsam haben. Die Antwort: Alle haben weniger Rennen in der Formel 1 absolviert als der Emmericher. Er fährt in Mexiko sein 200. Rennen.

Damit überholt er schlussendlich Prost, der wie "Hülk" aktuell bei 199 Rennen steht. Lauda und Mansell hatte er zuvor schon hinter sich gelassen. Klar, eine kleine Statistik-Spielerei, die aufgrund der deutlich höheren Anzahl der Rennen, die heutzutage gefahren werden, und angesichts der Erfolge der drei Ex-Weltmeister auch ein wenig schief ist. Doch natürlich haben diese Zahlen trotzdem eine besondere Bedeutung.

"Krass. Das hätte ich nicht gedacht. Es ist natürlich nicht ganz fair, weil es früher weniger Rennen pro Saison gab. Aber nichtsdestotrotz ist das doch eine recht anschauliche Leistung", sagte Hülkenberg dem sid: "Für mich bedeuten 200 Rennen einfach, dass ich es bis dato also gar nicht so schlecht gemacht habe". Das Rennwochenende wird für ihn also emotional, was er auch durch seinen Helm ausdrückt, denn der ist mit Erinnerungsfotos der bisherigen Karriere verziert. Erlebt hat er einiges.

Stark als Feuerwehrmann

Immerhin seit 2010 mischt er in der Motorsport-Königsklasse mit, debütierte für Williams, fuhr anschließend für Force India, Sauber und Renault, ehe er nach der Saison 2019 vorerst einen Schlussstrich zog und eine Auszeit nahm, nachdem sein Vertrag nicht verlängert wurde. 2020 und 2022 sprang er jeweils als Feuerwehrmann für wenige Rennen ein, nachdem Sergio Perez (Racing Point) und Sebastian Vettel (Aston Martin) an Corona erkrankten.

Hülkenberg überzeugte, hielt sich so im Dunstkreis der Formel 1 und bekam die Chance, bei Haas 2023 das Cockpit von Mick Schumacher zu übernehmen. Hülkenberg schlug zu, war vom Start weg stark unterwegs und hat seinen Teamkollegen Kevin Magnussen als Nummer eins des Rennstalls verdrängt.

Das Rezept, um so lange in der Motorsport-Königsklasse zu überleben, ist daher ganz klar "Performance", sagte Hülkenberg: "Die Formel 1 ist ein extrem leistungsorientiertes Business; nicht immer, aber meistens werden danach die Sitze vergeben. Und ich glaube, dass ich in meiner Karriere oft überzeugende Argumente auf der Strecke geliefert habe".

Dass er dabei oft im Schatten der großen deutschen Fahrer wie Michael Schumacher, Sebastian Vettel oder Nico Rosberg stand, macht ihm nichts aus. "Da ist einer, der lange dabei ist, aber eher im Mittelfeld rumschwimmt, nicht das große Thema. Hinten ist immer weniger Musik, aber ich habe damit kein Problem", sagte Hülkenberg.

Was noch fehlt in der Karriere: Sieg oder Podestplatz

Was seine Karriere ein Stück weit abrunden würde, wäre ein Sieg. Oder zumindest ein Podestplatz. Beides war ihm bis heute nicht vergönnt, und beides ist leider mit Haas nahezu unmöglich. Zu neun Punkten hat es in dieser Saison gereicht, nach einem ordentlichen Start war der Haas-Renner monatelang kaum konkurrenzfähig.

Zuletzt beim Heimrennen in den USA gab es ein großes Update, das aber noch nicht nach Wunsch funktioniert. Die Hoffnung ist, dass man im Hinblick auf 2024 wieder näher an das Mittelfeld heranrückt und die Möglichkeit hat, in die Punkte zu fahren. Die sind im Normalfall das höchste der Gefühle bei Haas.

Auch zuvor hatte es Hülkenberg nie in ein Topteam geschafft, obwohl er jahrelang als einer der absoluten Topfahrer im Feld galt. "Es geht in der Formel 1 eben viel um Timing, und bei mir hat es einfach nie geklappt mit einem Topteam", sagte Hülkenberg: "Ich glaube, es gibt in jeder Karriere gewisse Zeitfenster, in denen die Dinge passieren müssen. Bei mir ist leider immer irgendwas dazwischengekommen, aber ich habe trotzdem noch eine gute, lange Karriere daraus basteln können."

Zwei Chancen hat es angeblich gegeben, 2020 bei Red Bull Racing, 2013 bei Ferrari. Vor allem der Deal mit den "Roten" war heiß, platzte aber kurz vor dem Ziel. "2020 war es nicht wirklich nah, das war sehr lose und hat sich für mich auch so angefühlt", erinnert sich Hülkenberg. "2013 war ich viel, viel enger dran - knapp daneben ist aber leider auch vorbei. Am Ende haben sie sich leider anders entschieden."

Hülkenberg hat vor allem mehr Spaß

Bleibt denn dieser Gedanke allgegenwärtig: "Wenn ich in dem anderen Auto säße, würde ich jetzt gewinnen?" So denkt Hülkenberg nicht. "Wenn man das denken würde, dann wäre man dauernd schlecht drauf, deshalb mache ich das lieber nicht", betont der Emmericher. Man müsse das Beste aus dem Material machen, das man habe, sagt er, und betont, dass er seit seinem Comeback und durch den zuvor gewonnenen Abstand mehr Spaß hat. Er habe einfach sehr viel Freude, sagte er, "ich erlebe das Ganze bewusster, genieße dieses Leben als Formel-1-Fahrer mehr. Es fühlt sich gut an, auch wenn wir sportlich natürlich gerne besser dastehen würden".

Doch vielleicht kommt ja doch nochmal eine spezielle Chance: der Einstieg des deutschen Autobauers Audi im Jahr 2026. Einem Bericht von motorsport.com zufolge soll die Paarung Esteban Ocon (derzeit Alpine) und Hülkenberg "am wahrscheinlichsten" sein. Hülkenberg wäre sofort dabei. "Das wäre natürlich eine schöne, runde Story. Das kann ich mir grundsätzlich auch vorstellen, aber bis dahin sind es noch ein paar Jahre."

Denn klar: Er weiß selbst am besten, wie schnell es in der Formel 1 gehen, wie schnell man als Fahrer auch wieder weg vom Fenster sein kann. "Da kann noch einiges auf dem Fahrermarkt passieren, auch Audi muss ja erstmal kommen, und auch sie werden ihre Zeit brauchen. Kein Hersteller kommt in die Formel 1 und gewinnt direkt. Und erstmal muss sowieso ich selbst hart arbeiten", sagte Hülkenberg.

Das Alter ausloten

Womit sich die Frage stellt, wie lange Hülkenberg denn generell arbeiten - sprich: in der Formel 1 fahren - will. Wenn es nach ihm geht, noch einige Jahre. Aston-Martin-Star Fernando Alonso zeigt aktuell, dass man mit 42 Jahren immer noch sehr konkurrenzfähig sein und auf das Podium fahren kann.

"Das ist ja das Wichtige: Solange man nicht von der jungen Generation abgehängt wird, so lange ist man im Geschäft", sagt Hülkenberg: "Also ja, ich denke bis Mitte 40 ist da grundsätzlich etwas möglich." Dann wäre auch bei der Anzahl der Rennen noch einiges drin, nach Mexiko liegen noch 21 Fahrer vor ihm.

Vielleicht sind ja Vettel und Schumacher ein Ziel. Vettel fuhr übrigens 298 Rennen, Schumacher 307. Damit Hülkenberg im Fall der Fälle nicht wieder auf dem falschen Fuß erwischt wird.

Verwendete Quellen:

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