Peinlich ist der Ausfall der Regierungsmaschine auf jeden Fall: Wegen einer Panne verpasst die Kanzlerin den ersten Tag des G20-Gipfels. Wie gefährlich das Versagen wichtiger Systeme war, ist noch unklar. Die Regierung versucht, die Aufregung zu dämpfen.

Mehr aktuelle News finden Sie hier

Als Krisenmanagerin erwartet, von einer Panne ausgebremst: Nach einem Defekt an der Regierungsmaschine "Konrad Adenauer" hatte Kanzlerin Merkels Maschine am späten Donnerstagabend nach einer knappen Stunde Flugzeit umkehren und wieder auf dem Flughafen Köln/Bonn landen müssen.

Am Freitag reiste Merkel mit zwölf Stunden Verspätung nach Argentinien - zunächst mit einer Maschine der Flugbereitschaft nach Madrid, dann mit einem Linienflug nach Buenos Aires, wo sie am Abend (Ortszeit) zumindest noch am Dinner der Staats- und Regierungschefs der G20-Staaten teilnehmen wollte.

Merkel wurde auf dem Flug nur noch von einer kleinen Delegation begleitet, darunter Vizekanzler Olaf Scholz, Regierungssprecher Steffen Seibert und der außenpolitische Berater Jan Hecker.

Für Freitag geplante bilaterale Treffen am Rande des Gipfels, etwa mit US-Präsident Donald Trump und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping, kamen wegen der verspäteten Anreise Merkels zunächst nicht zustande.

"Keine Gefahr für Leib und Leben"

Ursache für die Panne war nach Angaben der Flugbereitschaft der Ausfall eines einzelnen Bauteils. Dabei handele es sich um eine elektronische Verteilerbox, sagte Oberst Guido Henrich, Kommandeur der Flugbereitschaft der Luftwaffe, in Köln.

Das Verteidigungsministerium trat Berichten entgegen, wonach auch Sabotage als eine mögliche Ursache infrage komme. "Das war ein klassischer Ausfall eines Bauteils, wie es heute jederzeit passieren kann."

Inzwischen sei das Problem behoben. "Das Bauteil ist gewechselt, die Maschine ist funktionstüchtig." Auf die Frage, welches Gefahrenpotenzial der Vorfall gehabt habe, antwortete Henrich: "Keins."

Das bestätigte auch die Bundesregierung. Sie warnte vor einer Überbewertung des Zwischenfalls. Trotz des Ausfalls wichtiger Systeme habe keine unmittelbare Gefahr für Passagiere und Besatzung bestanden.

"Es bestand zu keiner Zeit Gefahr für Leib und Leben der Passagiere an Bord der Maschine. Und der Abbruch des Fluges ist in einem solchen Fall ein ganz normaler Vorgang", sagte eine Regierungssprecherin in Berlin.

Übergewicht vermutlich das Hauptproblem bei der Landung

Das tief in der Maschine vom Typ A340 steckende Bauteil habe zwei Kommunikationsanlagen und das System zum Ablassen von Kerosin gestört, sagte ein Sprecher. Die Maschine habe deswegen mit Übergewicht landen müssen. Genau diese Landung mit noch fast vollen Treibstofftanks für den Langstreckenflug nach Südamerika dürfte der riskanteste Augenblick gewesen sein.

Um die schwere Maschine mit einem maximalen Startgewicht von bis zu 271 Tonnen auf der Landebahn sicher zum Stehen zu bringen, wurden vermutlich die Bremsen überhitzt.

Auch für das Fahrwerk stellt eine solche Landung eine Herausforderung dar. Ist die Maschine wegen der vollen Tanks bei der Landung zu schwer, könnte es im Extremfall der Belastung nicht mehr standhalten.

Deswegen kreisen Flugzeuge, deren Piloten kurz nach dem Start einen Notfall erklären, normalerweise über möglichst unbewohntem Gebiet und lassen Treibstoff ab. Bei Merkels Regierungsflieger funktionierte das Kerosin-Ablassen aus technischen Gründen aber nicht.

Funkausfall stellt keinen Notfall dar

Der "Spiegel" schrieb, nur mit dem Satellitentelefon an Bord sei es der Crew gelungen, Kontakt zur Flugleitstelle aufzunehmen und die Landung auf dem Flughafen in Köln-Bonn zu planen.

Die Situation soll nach "Spiegel"-Informationen so brenzlig gewesen sein, dass Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) schon nach dem Komplettausfall der Funkanlage informiert wurde.

Ein wirklicher Notfall ist der Ausfall des Funks an Board eines Flugzeuges aber nicht. Auch ohne ihn kann eine Maschine von einem Punkt zum anderen fliegen.

Bei einer mehrstündigen Ozean-Überquerung drohen jedoch Unwägbarkeiten durch das Wetter, die einen Funkverkehr - etwa bei Ausweichmanövern wegen Gewitterwolken - ratsam machen.

Denn es befinden sich ja auch noch andere Flugzeuge auf den Routen, vor allem in dicht beflogenen Lufträumen, wie das Verteidigungsministerium erklärt.

Der Sprecher des Verteidigungsministeriums betonte deshalb, aus dem Defekt habe sich nur eine "höhere abstrakte Gefahr" ergeben. "Es ist klar, dass man dann auf Nummer sicher geht." Mit der Entscheidung zum Umkehren hätte die Besatzung der "Konrad Adenauer" verantwortungsbewusst gehandelt.

Immer wieder Probleme mit Regierungsflugzeugen

Flugzeuge der Bundesregierung bereiten immer wieder Probleme. Erst Mitte Oktober gab es eine Panne mit der "Konrad Adenauer". Nagetiere hatten die Maschine in Indonesien lahmgelegt und Finanzminister Scholz zur Rückreise per Linie von der Tagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) gezwungen. Mäuse oder Ratten waren in den geparkten Airbus gelangt und hatten wichtige Kabel angeknabbert.

Somit war Scholz nun zum zweiten Mal binnen sechs Wochen Leidtragender eines Defekts an einem Langstrecken-Airbus, von denen die Flugbereitschaft nur zwei hat. Jüngst war es auch bei der Afrika-Reise von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit der "Konrad Adenauer" zu Verzögerungen wegen eines technischen Defekts an einem Triebwerk gekommen.

Von Juni 2016 bis Juni 2018 seien laut Verteidigungsministerium insgesamt 16 Flüge der Flugbereitschaft der Bundeswehr ausgefallen. Das entspreche zwei Prozent der Flüge.

Maschine seit über sieben Jahren im Einsatz

Die "Konrad Adenauer" hat schon einige Jahre auf dem Buckel. Die Lufthansa hatte die "Adenauer" im März 2011 als Regierungsflieger für Langstrecken an die Flugbereitschaft der Bundeswehr übergeben.

Der Airbus A340 war zuvor mehr als zehn Jahre für die Lufthansa als Passagiermaschine unterwegs, danach allerdings für die Regierung komplett umgebaut worden.

Offen war zunächst, ob die ausgefallenen Gesprächstermine Merkels während des G20-Treffens, das bis Samstag dauern soll, nachgeholt werden können. Wegen der Panne verpasste Merkel auch das traditionelle G20-"Familienfoto" sowie wichtige Beratungen der Staats- und Regierungschefs. (dpa/thp)


JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.