• Im Jahr 2011 fand die Wehrpflicht unter der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung ihr Ende.
  • Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine wird über eine Wiedereinführung diskutiert.
  • Doch diese dürfte sich schwierig gestalten.

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Die Aussetzung der Wehrpflicht durch die schwarz-gelbe Bundesregierung im Jahr 2011 bezeichnete der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) erst vor wenigen Tagen als Fehler: "Wenn Sie mich als Zivilisten fragen, als Staatsbürger, als Politiker, würde ich sagen: Es war ein Fehler, die Wehrpflicht auszusetzen."

Und gerade jetzt, vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, werden immer wieder Rufe laut, diesen "Fehler" zu korrigieren und die allgemeine Wehrpflicht in Deutschland wieder einzuführen. Ein nachvollziehbarer Gedanke, der allerdings viele Probleme mit sich bringen würde.

Sieben Probleme vor der Wiedereinführung der Wehrpflicht

Welche Probleme das sein könnten, darüber hat sich Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, in der "Süddeutschen Zeitung" Gedanken gemacht. Wenn man die Wehrpflicht wiedereinführen wollte, müsse man sich dieser Probleme bewusst sein:

  • Auch Frauen müssten in Zukunft Wehrdienst leisten. Die bisherige Beschränkung im Grundgesetz nur auf Männer hätte vor Gericht heutzutage wohl kaum Bestand.
  • Es müssten neue Kasernen gebaut werden.
  • Es fehlt an Ausbildern.
  • Es fehlt das militärische Equipment für die Ausbildung.
  • Die Wehrgerechtigkeit müsste hergestellt werden.
  • Der Wehrdienst müsste auf mindestens 12 Monate ausgeweitet werden, um das Verhältnis von Grundausbildung mit anschließender Spezialisierung sinnvoll zu gestalten. Laut anderen Experten wären 18 Monate empfehlenswert.
  • Eine Wiedereinführung der Wehrpflicht würde nicht nur viel Zeit, sondern auch zweistellige Milliardenbeträge verschlingen.

Pistorius: "Die 100 Milliarden Euro werden nicht reichen"

Vor allem der letzte Punkt ist heikel. Denn Verteidigungsminister Pistorius hält den Finanzbedarf der Bundeswehr durch den im vergangenen Jahr aufgelegten 100-Milliarden-Euro-Sondertopf schon jetzt für nicht gedeckt. "Die 100 Milliarden Euro werden nicht reichen", sagte der SPD-Politiker. Das sogenannte Sondervermögen im Umfang von 100 Milliarden Euro zur besseren Ausrüstung der Bundeswehr war von der Bundesregierung nach dem russischen Angriff auf die Ukraine auf den Weg gebracht worden.

Pistorius zeigte sich zwar offen für die Diskussion um die Wehrpflicht: "Unsere Parlamentsarmee gehört in die Mitte der Gesellschaft. Früher saßen eben an jedem zweiten Küchentisch Wehrpflichtige. Auch dadurch gab es immer eine Verbindung zur Zivilgesellschaft." Aber das lasse sich nicht einfach so zurückholen. Jetzt müsse man die Bundeswehr so attraktiv machen, dass sich gute junge Leute für sie interessieren und sich bewerben.

Rekrutierung von Personal als weiteres großes Problem

Doch genau darin sieht die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) ein weiteres großes Problem, wie sie auf Anfrage der SZ mitteilte. Sie begrüße es zwar, dass Pistorius die Debatte neu anstoße. Momentan sehe sie allerdings keine politische Mehrheit für einen verpflichtenden Dienst. Zugleich reiche der freiwillige Wehrdienst aber nicht aus, um den benötigten Nachwuchs für die Bundeswehr zu generieren.

Mit Stand November 2022 leisteten 9.200 junge Männer und Frauen den freiwilligen Wehrdienst. Der Frauenanteil lag dabei bei etwa 18 Prozent. Zu Zeiten der Wehrpflicht gab es pro Geburtenjahrgang dagegen mehr als 700.000 potenzielle Kandidaten.

Verwendete Quellen:

  • Material der Deutschen Presseagentur (dpa)
  • sueddeutsche.de: Die großen Hürden für eine Wehrpflicht-Rückkehr
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