Wohl nie zuvor haben sich zwei amerikanische Präsidentschaftskandidaten einen so harten und von Verbal-Attacken geprägten Wahlkampf geliefert wie Donald Trump und Joe Biden im Jahr 2020. Die Spannung wird auch nach der Wahl anhalten - denn das Auszählungsergebnis wird auf sich warten lassen.

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Dienstag, der 3. November wird für die USA wohl ein historisches Datum werden. Kaum jemals haben sich zwei amerikanische Präsidentschaftskandidaten so hart bekämpft wie Donald Trump und Joe Biden. Die Spannung wird auch nach der Wahl anhalten, denn das Auszählungsergebnis wird auf sich warten lassen. Und es drohen unkalkulierbare Ereignisse. Das sind die Probleme, die vor und nach der Wahl für Aufregung und Verzögerungen sorgen können:

Wahlvoraussagen: Liegen die Demoskopen falsch?

Auch wenn die meisten Umfrageergebnisse den Sieg des Demokraten Joe Biden wahrscheinlich erscheinen lassen: Die Umfrageergebnisse sind nicht verlässlich. Außerdem gilt es in vielen Kreisen als peinlich, Donald Trump zu wählen – weshalb wohl einige seiner Wähler bei Umfragen falsche Angaben gemacht haben. Und schließlich: Vor vier Jahren war sich ein Großteil der Institute einig, dass Hillary Clinton gewinnen würde. Strahlender Sieger war aber am Ende Donald Trump.

Falsche Wahlunterlagen, fehlende Registrierung

Wählen kann in den USA nur, wer als Wähler registriert ist. Doch die Register werden "sehr schlecht gepflegt", wie der USA-Experte Christian Lammert unserer Redaktion sagt. Immer wieder werden Wahlunterlagen an längst Verstorbene oder an nicht mehr existente Adressen verschickt. Wer sich nach einem Umzug nicht umgemeldet hat, bekommt gar keine. Das führt dazu, dass viele Menschen gar nicht wählen können.

Wahlbeteiligung: Wer mobilisiert besser?

Beobachter gehen von einer Rekordbeteiligung an der US-Wahl aus. Wegen der Corona-Pandemie wurde das "early voting" massiv erweitert, also die Möglichkeit, seine Stimme schon vor dem Wahltag per Briefwahl abzugeben. In Texas beispielsweise hatten schon einige Tage vor der Wahl mehr Menschen abgestimmt, als bei der Wahl 2016 insgesamt gewählt hatten. Auch in anderen Bundesstaaten waren es bereits mehr als 60 Prozent. Eine Rekordbeteiligung bahne sich laut Experte Lammert nicht nur bei Erst- und Jungwählern an, sondern auch "durch die Bank in allen ethnischen Gruppen". Ungewiss ist aber, welche der beiden Parteien ihre Wähler besser mobilisieren kann. Niemand weiß, ob unter den zusätzlichen Wählern mehr Trump- oder mehr Biden-Anhänger sind.

Die Auszählung – in den USA ein großes Problem

"Ein großes Problem" sieht Lammert in den uneinheitlichen Auszählungsregeln der amerikanischen Bundesstaaten. In manchen darf beispielsweise nur am Tag der Wahl ausgezählt werden. Was mit Stimmen passiert, die nicht rechtzeitig erfasst werden, ist ungewiss. Mittlerweile erlauben einige Bundesstaaten, früher eingegangene Briefwahlstimmen schon vor dem Wahltag zu zählen. Umstritten ist auch, wann die Wahlzettel spätestens beim Wahlamt eintreffen müssen. Wegen der Unzuverlässigkeit des Postweges hatte etwa Michigan beschlossen, Wahlscheine, die laut Poststempel vor dem Wahltag abgeschickt wurden, bis zu sechs Tage nach der Wahl anzunehmen. Doch diese Regelung stoppte der Oberste Gerichtshof.

In manchen Bundesstaaten muss außerdem von Hand nachgezählt werden, wenn die Stimmen der Kandidaten sich um weniger als ein Prozent der abgegebenen Stimmen unterscheiden. Vor allem, wenn Ergebnisse sehr knapp sein sollten, sind gerichtliche Auseinandersetzungen zu befürchten. "Trump wird manche Ergebnisse infrage stellen", meint Lammert, "auf beiden Seiten werden Anwälte bereitstehen, um einzugreifen".

Wie wird der US-Präsident gewählt?
© 1&1 Mail und Media

Manipulationsversuche

Donald Trump hat immer wieder davon gesprochen, die Briefwahl werde zu Manipulationszwecken missbraucht – allerdings ist er jeden Beweis dafür schuldig geblieben. Gleichzeitig haben Trump-Anhänger teilweise eigene Wahlboxen aufgestellt – das wurde von Gerichten schnell verboten.

Selbst wenn kleinere Manipulationsversuche das Wahlergebnis nicht grundsätzlich verfälschen: Allein der Verdacht könnte dafür sorgen, dass viel Zeit mit Vorwürfen und dem Versuch gerichtlicher Klärung vergeht.

Veröffentlichung des Ergebnisses der US-Wahl

Auch bei diesem Thema gibt es in den USA ein "großes Durcheinander", wie Lammert sagt. Eine Bestimmung regelt, dass Auszählungsergebnisse erst nach Schließung der Wahllokale bekannt gegeben werden dürfen. Aber wegen der verschiedenen Zeitzonen in den USA schließen die Wahllokale an der Ostküste teilweise schon sechs Stunden vor denen an der Westküste.

"The winner takes it all" – der Verlierer kann gewinnen

Das Mehrheitswahlrecht in den USA sorgt dafür, dass nicht unbedingt der Kandidat mit den meisten Stimmen Präsident wird. Sieger wird, wer die meisten Wahlmännerstimmen erhält – denn diese bestimmen formal den Präsidenten. Weil der Wahlkreisgewinner beinahe immer alle Wahlmännerstimmen erhält ("The winner takes it all"), kann beispielsweise ein Kandidat, der in vielen kleinen Wahlkreisen gewinnt, am Ende vor demjenigen liegen, der in bevölkerungsreichen Kreisen die Mehrheit hat. Lediglich die US-Bundesstaaten Nebraska und Maine teilen die Wahlmännerstimmen proportional auf.

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Halten sich die Medien raus?

Neutralität könne man von amerikanischen Medien auf keinen Fall erwarten, sagt Politikwissenschaftler Lammert. Weil das Mediensystem in den USA durchweg privatwirtschaftlich organisiert und am Profit orientiert ist, verdienen alle am skandalisierten Wahlkampf: "Es wird eine schmutzige Berichterstattung über einen schmutzigen Wahlkampf geben", meint Lammert. Wenn Medien wie Trumps Lieblingssender Fox News sich an Spekulationen über Wahlfälschungen beteiligen und das Ergebnis nicht akzeptieren, kann es nach Lammerts Meinung mancherorts gefährlich werden.

Trumps Reaktion und die "weißen Milizen"

Wenn Donald Trump das Wahlergebnis vehement anzweifeln würde, könnte es zu Unruhen kommen – zumal der Präsident es immer offengelassen hat, ob er ein für ihn negatives Wahlergebnis akzeptieren würde. Lammert hält es für wahrscheinlich, dass es an manchen Orten zu Gewalttaten von "Spinnern" der sogenannten weißen Milizen kommt. Eine Gefahr von Unruhen sieht er auch, falls weiße Trump-Fanatiker mit Mitgliedern der "Black Lives Matter"-Bewegung aneinandergeraten. Zum Bürgerkrieg, den sich die teilweise radikalen Milizen wünschen, werde es nicht kommen. Lammert: "Ich rechne mit lokalen Geschehnissen, aber nicht mit einer großen Gewaltwelle."

Wann also wird ein "offizielles Endergebnis" der amerikanischen Präsidentschaftswahlen vorliegen? Das lässt sich kaum vorhersagen. Nach der Wahl von 2016 stand der Gewinner Donald Trump nach deutscher Zeit um 8:30 Uhr des folgenden Tages fest. Dieses Mal könnte der Wahlkrimi länger dauern.

Verwendete Quelle:

  • Gespräch mit Politikwissenschaftler Christian Lammert
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