Am Sonntag wird in Hessen ein neuer Landtag gewählt. Das sind die Spitzenkandidaten der Parteien.

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Dem Regierungsbündnis von Ministerpräsident Volker Bouffier von der CDU und den Grünen droht bei der Landtagswahl in Hessen der Verlust der Mehrheit. Am kommenden Sonntag, 28. Oktober, wird gewählt.

In aktuellen Umfragen von Infratest steht die CDU bei 26 Prozent. Damit verlieren die Christdemokraten im Vergleich zur Landtagswahl vor fünf Jahren zwölf Prozent. Auch die SPD fällt laut Prognosen auf 21 Prozent.

Dafür befinden sich die Grünen in einem Höhenflug. Insgesamt 20 Prozent der Wähler würden ihnen laut aktuellen Prognosen ihre Stimme geben.

Dass FDP, AfD und die Linke in den Landtag einziehen, ist laut den Umfragen sicher. Ein Regierungsbündnis würde nach aktuellen Umfragen wahrscheinlich aus drei Parteien bestehen.

Wer mit wem künftig regieren kann, ist also völlig offen. Neben inhaltlichen Fragen kommt es auch auf die Protagonisten an.

Das sind die Spitzenkandidaten für die Landtagswahl in Hessen im Kurzporträt:

Spitzenkandidat Volker Bouffier (CDU)

Als Innenminister galt Volker Bouffier als Scharfmacher. Spätestens mit Beginn der schwarz-grünen Koalition in Hessen ist der Ministerpräsident als Brückenbauer unterwegs. Der CDU-Vize gilt als treuer Unterstützer von Kanzlerin Angela Merkel und ist ein Mann der klaren Sprache.

Auf Volksfesten und in Wahlkampfhallen bewegt sich der 66-Jährige genauso selbstverständlich wie in Berlin oder auf internationalem Parkett. Selbst politische Gegner rechnen dem aus Gießen stammenden Juristen an, dass er sich mit seiner jahrelangen Erfahrung für Hessen für die Belange der Menschen einsetzt.

Hart angegangen wurde der CDU-Politiker für seine Rolle als damaliger Innenminister bei der Aufklärung der NSU-Mordserie. Freund und Feind witzeln über seinen Hang zu teils sehr langen Ausführungen. Bouffier ist verheiratet und hat drei Kinder.

Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD)

Thorsten Schäfer-Gümbel hat nach dem Ypsilanti-Debakel der Hessen-SPD 2008 als nahezu unbekannter Politiker Verantwortung übernommen. Er führte die Sozialdemokraten nach dem Scheitern eines von den Linken tolerierten Bündnisses mit den Grünen zu neuem Selbstbewusstsein.

Der 49-Jährige, der auch SPD-Bundesvize ist, tritt zum dritten Mal für das Amt des Ministerpräsidenten an. Und das zweite Mal gegen Amtsinhaber Bouffier. Bei der letzten Wahl holte er mit der SPD fast 31 Prozent.

Trotzdem hat er Chancen auf das Amt des Ministerpräsidenten bei einem Rot-Rot-Grünen Bündnis. Dafür muss die SPD allerdings das Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Grünen gewinnen.

Der hessische Partei- und Fraktionschef wuchs in Gießen auf, nach dem Abitur studierte er Agrar- und Politikwissenschaften. Wäre er nicht in die Politik gegangen, wäre er nach eigenen Worten "vielleicht Entwicklungshelfer oder Lastwagenfahrer" geworden.

Spitzenkandidat Tarek Al-Wazir (Grüne)

Tarek Al-Wazir hat gute Chancen, neuer Ministerpräsident in Hessen zu werden. Dafür muss seine Partei allerdings die SPD überholen. In Bayern ist den Grünen das bei der vergangenen Landtagswahl bereits gelungen, in Hessen wird es allerdings schwieriger. Laut Umfragen könnte es sogar denkbar knapp werden.

Der Spitzenkandidat der Grünen gehört mit Abstand zu den besten Rednern im Hessischen Landtag: rhetorisch geschliffen, nicht selten mit ironischen Seitenhieben und Wortwitz versehen. Politische Freunde loben sein großes Detailwissen, Kontrahenten bezeichnen es auch als Unfehlbarkeitsanspruch oder arrogantes Belehren.

Der Wirtschafts- und Verkehrsminister ist nach Umfragen Hessens beliebtester Politiker und harmoniert - trotz vieler Gegensätze - gut mit Regierungschef Volker Bouffier.

Tarek Al-Wazir ist Sohn eines jemenitischen Ex-Diplomaten und einer Offenbacher Lehrerin. Mit 14 Jahren zog er für zwei Jahre zu seinem Vater in die jemenitische Hauptstadt Sanaa. Dort lernte er seine Frau kennen, mit der er zwei Söhne hat.

Spitzenkandidatin Priska Hinz (Grüne)

Priska Hinz tritt als zweite Spitzenkandidatin für die Grünen an. In der aktuellen Regierung in Hessen ist sie Umweltministerin. Die gelernte Erzieherin saß bereits in den 1980er Jahren im Hessischen Landtag und übernahm in einer rot-grünen Regierung unter Ministerpräsident Hans Eichel (SPD) als Nachrückerin das Ministeramt von 1998 bis 1999.

Vor ihrer zweiten Amtszeit als Ressortchefin war Hinz von 2005 bis 2014 Bundestagsabgeordnete. Die 59-Jährige verschafft sich im Landtag mit frei gehaltenen Reden und ihrer durchdringenden Stimme gut Gehör.

Respekt zollen ihrem Öko-Kurs trotz inhaltlicher Differenzen auch Interessengruppen jenseits der Umweltbewegung wie Bauern, Jäger und Kali-Produzenten. Hinz ist verheiratet und hat zwei Söhne.

Spitzenkandidatin Janine Wissler (Die Linke)

Janine Wissler tritt im Landesparlament mit rhetorischer Schärfe und klarer Argumentation auf. Auch heftige politische Auseinandersetzungen scheut die Vorsitzende der Linksfraktion nicht - ausfällig oder persönlich beleidigend wird die 37-Jährige aber nie.

Wissler wuchs in Langen nahe Frankfurt auf und hat Politikwissenschaften studiert. Sie engagierte sich im globalisierungskritischen Netzwerk Attac und war eine der Gründerinnen der hessischen Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit (WASG). Ihre politische Heimat sind kapitalismuskritische Strömungen in der Partei sowie wie das Netzwerk Marx 21. Wissler ist ledig.

Spitzenkandidat Jan Schalauske (Die Linke)

Mit Jan Schalauske hat die hessische Linke vor vier Jahren an der Parteispitze einen Generationswechsel eingeläutet. Der heute 37-Jährige löste Ulrich Wilken ab, der nach elf Jahren im Amt nicht mehr angetreten war. Schalauske errang bei seiner Wahl 93 Prozent Zustimmung der Delegierten.

In den Hessischen Landtag zog der gebürtige Niedersachse vor knapp eineinhalb Jahren als Nachrücker ein. Schalauske studierte Politikwissenschaften in Marburg und trat aus Enttäuschung über die Politik der rot-grünen Bundesregierung in die Partei ein. Im Landtag tritt der verheiratete Vater eines Kindes meist ruhig und sachlich auf. Der Politiker setzt sich für eine am Gemeinwohl orientierte Wirtschaft ein.

Spitzenkandidat René Rock (FDP)

Auch politische Gegner bescheinigen René Rock Kompetenz in der Sozialpolitik. Als FDP-Fraktionschef und Spitzenkandidat trat Rock ein großes Erbe an. Sein Vorgänger Florian Rentsch galt als Strippenzieher und Gesicht der hessischen Liberalen.

René Rock ist fest in der Kommunalpolitik verwurzelt, er ist Mitglied der Stadtverordnetenversammlung im südhessischen Seligenstadt und FDP-Fraktionschef im Kreistag Offenbach-Land.

Er ist verheiratet und Vater einer Tochter. Sollte es zu einer Regierungsbeteiligung der FDP kommen, will der FDP-Mann nach eigener Aussage nicht unbedingt ein Ministeramt übernehmen - er kann sich auch vorstellen, weiter in der Fraktion zu arbeiten.

Spitzenkandidat Rainer Rahn (AfD)

Rainer Rahn ist als Gegner des Flughafenausbaus seit 2006 in der Stadtverordnetenversammlung. Stadtpolitik gelandet. Dort war er bis 2011 Vorsitzender der FAG-Fraktion. Als diese sich auflöste, wechselte er erst in die FDP-Fraktion und anschließend in die Römer-Fraktion. Seit 2015 ist er fraktionsloses Mitglied in der Stadtverordnetenversammlung.

Der 66-Jährige ist promovierter Zahnarzt und hat Rechtswissenschaften studiert.

Der langjährige Kommunalpolitiker setzte sich für den Posten als AfD-Spitzenkandidat in einer Stichwahl gegen einen Polizisten durch. Sollte die Partei in den Landtag einziehen, gilt er als aussichtsreicher Kandidat für den Posten des Fraktionsvorsitzenden.

Die AfD bezeichnet sich in Hessen selbst als bürgerlich-konservativ. In seinen Reden tritt Rahn mit gemäßigtem Vokabular und klaren Botschaften gerade in der Flüchtlingspolitik auf.

Seine Lieblingsgegnerin ist Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die große Koalition hält er für eine Katastrophe. Rahn ist verheiratet.

(dpa/tha)

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