Im Duell bei "Bild" und "Welt" streiten der Kanzler und sein Herausforderer unter anderem über Migration, innere Sicherheit, die wirtschaftliche Bilanz der Ampel und die Stromsteuer. Dabei geht einiges durcheinander. Der Faktencheck.
Zum letzten Mal vor der Wahl am Sonntag trafen Unions-Kanzlerkandidat
Wer hatte jeweils recht? Die Aussagen im Check.
Hat Merz bei der Zahl der Gefährder recht?
Behauptung: "Wir haben in Deutschland ungefähr 500 amtlich bekannte Gefährder, überwiegend aus Afghanistan und aus Syrien", sagt Merz.
Fakten: Die deutschen Sicherheitsbehörden stufen ungefähr 500 Menschen als islamistische "Gefährder" ein. Zum Stichtag 1. August 2024 waren es nach Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland 472. Ihre Zahl geht seit einigen Jahren zurück, dennoch spricht das BKA von einem hohen Niveau.
Nicht alle der Gefährder befanden sich seinerzeit in Deutschland: 168 von ihnen hielten sich demnach im Ausland auf. 96 waren in Deutschland in Haft, 208 hierzulande auf freiem Fuß.
Angaben zur Staatsangehörigkeit der Gefährder sind einige Monate älter. Nach Angaben der Bundesregierung von April 2024 hatte ein Großteil der damals 480 als Gefährder eingestuften Menschen – nämlich 342 – die deutsche oder die deutsche mit einer anderen Staatsangehörigkeit. Deutsche Staatsbürger können nicht abgeschoben oder ausgewiesen werden.
304 der 480 Gefährder hielten sich den Angaben aus dem April zufolge in Deutschland auf. Für diese 304 gibt es konkrete Angaben zur Nationalität: Etwas weniger als die Hälfte hatte keinen deutschen Pass, nämlich 138. Unter den 138 Nichtdeutschen stellten Syrer mit 65 die größte und Afghanen mit 7 die viertgrößte Gruppe.
Laut monatsgenauen Angaben der Bundesregierung vom Dezember schwankte die Zahl der syrischen Gefährder 2024 zwischen 60 und 67 Personen. Syrer und Afghanen machen diesen Zahlen zufolge nicht die Mehrzahl aller islamistischen Gefährder aus – weder bezogen auf alle Gefährder insgesamt noch auf jene Gefährder, die sich in Deutschland aufhielten.
Wie steht es um die Insolvenzen in Deutschland?
Behauptung: "Wir haben die größte Unternehmenspleitewelle seit Jahrzehnten: 50.000 Unternehmen sind in der Zeit, in der Sie im Amt sind, in die Insolvenz gegangen, davon fast die Hälfte allein im letzten Jahr", sagt Merz in Richtung
Fakten: Die Zahlen stimmen, aber in der Einordnung liegt Merz falsch. Zwischen Dezember 2021, als Scholz ins Kanzleramt einzog, und November 2024, für den die jüngsten endgültigen Daten des Statistischen Bundesamtes vorliegen, hat es mehr als 53.500 Unternehmensinsolvenzen in Deutschland gegeben.
Davon entfielen 14.590 auf das Jahr 2022 und 17.814 auf 2023. Von Januar bis November 2024 gab es demnach 20.021. Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform beziffert die Unternehmensinsolvenzen für das gesamte vergangene Jahr (inklusive Dezember) auf rund 22.400.
Doch vor der Scholz-Regierung lagen die Zahlen teils weit höher. In den ersten Regierungsjahren von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) überstieg der Wert immer wieder die Marke von 30.000. Erst ab 2012 ging er langsam, aber stetig nach unten. Weniger als 20.000 Unternehmensinsolvenzen gab es nach 1994 erst wieder zwischen 2018 und 2023.
Gab es Entlastungen bei der Stromsteuer?
Behauptungen: Um die Energiepreise in Deutschland nach unten zu bringen, plädiert Merz unter anderem für Steuersenkungen. Scholz habe dazu die Möglichkeiten gehabt, sagt er. Er wirft dem Kanzler vor: "Haben Sie in der alten Koalition nicht durchgesetzt, wollten Sie, aber haben Sie nicht hinbekommen."
Scholz hält dagegen, dass seine Regierung "die Stromsteuer für produzierende Unternehmen, die Landwirtschaft, auf das europäische Mindestmaß gesenkt" habe.
Fakten: Scholz verweist in seiner Antwort auf das Strompaket der Ampel-Regierung. Im November 2023 hatte sich die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP darauf geeinigt, die Strompreise für bestimmte Unternehmen zu drücken.
Unter anderem wurde die Stromsteuer für alle Unternehmen des produzierenden Gewerbes von 1. Januar 2024 an auf den in der EU zulässigen Mindestwert gesenkt. Sie fiel damit vom seinerzeit reduzierten Satz von 1,537 Cent pro Kilowattstunde auf 0,05 Cent pro Kilowattstunde. Dafür wurde der Entlastungsbetrag für produzierende Unternehmen herabgesetzt.
Diese Regelung gilt zunächst befristet bis Ende 2025. Nach Plänen der Ampel-Regierung sollten die Entlastungen verlängert werden, nach dem Bruch der Koalition kam es aber nicht dazu. (dpa/bearbeitet von thp)