- Das Angebot von Friedrich Merz, in ihrem Kabinett Wirtschaftsminister zu werden, hatte Kanzlerin Angela Merkel in der Vergangenheit dankend abgelehnt.
- Nun dient sich Merz im Team Laschet als Finanzexperte an.
- Doch wie viel Kompetenz bringt der 65-Jährige mit? Einige Tweets haben ihn in Bedrängnis gebracht.
Im Endspurt des Bundestagswahlkampfes hat Unions-Kanzlerkandidat
Der wohl bekannteste im Team:
Wie kompetent ist Friedrich Merz?
Doch wie viel Wirtschaftskompetenz bringt der 65-Jährige wirklich mit? Mit einigen Tweets hatte Merz in der jüngsten Vergangenheit Spott im Netz ausgelöst.
Mitte vergangenen Jahres hatte Merz in einem Interview mit dem "Spiegel" die geringe "Preiselastizität" bei Lebensmitteln angeführt, um zu begründen, dass Fleisch nicht zu teuer werden dürfe. Tatsächlich ist es aber genau umgekehrt: eine hohe Preiselastizität entspricht einer hohen Veränderung der konsumierten Menge.
Im April dieses Jahrs hatte er schließlich über eine "Liquiditätsfalle" getwittert: "Der Bundeshaushalt steigt auf ein Volumen von 550 Milliarden Euro, 240 Milliarden Euro davon sind neue Schulden. Deutschland und die EU sind mit ihrer Finanzpolitik angekommen, wo sie niemals hätten hinkommen dürfen: in der Liquiditätsfalle."
Fachbegriffe in falschem Kontext
Der Vorwurf der Netzgemeinschaft: Merz bringt Fachbegriffe an unpassenden Stellen. Hinter dem Tweet aus dem April steht allerdings das Kürzel "(tm)" - kurz für "Team Merz". Der Beitrag wurde also nicht von ihm persönlich abgesetzt.
Dierk Hirschel, Chef-Ökonom der Gewerkschaft Ver.di, stellt Merz ein klares Zeugnis aus: "Die Zitate zeigen, dass Merz offensichtlich grundlegende volkswirtschaftliche Kenntnisse fehlen. Er benutzt ökonomische Fachbegriffe in Zusammenhängen, wo sie überhaupt keinen Sinn ergeben."
Was dahintersteckt, liegt für Hirschel auf der Hand: "Merz will Fachkenntnis vortäuschen und betreibt Schaumschlägerei."
Erfahrener Finanzpolitiker
Zwar müsse ein guter Wirtschaftspolitiker nicht notwendigerweise Ökonomie studiert haben, Merz zeige aber, dass er wesentliche Zusammenhänge nicht verstanden habe. "Wenn er von sich behauptet, er sei Wirtschaftsexperte, kann er das inhaltlich nicht unterfüttern, sondern blamiert sich", urteilt Hirschel.
Martin Beznoska vom Institut der deutschen Wirtschaft ist anderer Meinung. "Merz ist ein erfahrener Finanzpolitiker und ist generell schon in der Materie drin", ist er sich sicher. Merz sei nah an der Praxis, spreche mit Unternehmern ebenso wie mit Wirtschaftswissenschaftlern. Die Tweets zeigten allerdings, dass Merz selbst kein Wirtschaftswissenschaftler sei.
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"Ich würde ihm deshalb aber nicht gänzliche Kompetenz absprechen. Was er zum Haushalt oder Steuern zu sagen hat, zeugt wiederum von Expertise ", so Beznoska. Merz ist studierter Wirtschaftsjurist, arbeitete jahrelang für die Investmentfirma "BlackRock" und ist Vizepräsident des Berufsverbandes "Wirtschaftsrat der CDU".
Vorschlag: Steuern senken
Was aber sagen die Experten zu den konkreten Vorschlägen von Merz? Immer wieder forderte der 65-Jährige die Senkung der Steuerbelastung für Unternehmen und Privathaushalte.
Hirschel meint: "Die Vorschläge von Merz stammen aus der neoliberalen Mottenkiste der 1980er und 90er Jahre. Eine Senkung der Unternehmenssteuern wurde bereits in den USA unter Ronald Reagan und in Deutschland unter Gerhard Schröder ausprobiert. In beiden Fällen hatten die Unternehmen zwar mehr netto vom brutto. Ihre höheren Gewinne investierten sie aber nicht." Deswegen sei ein Wachstumsschub ausgeblieben.
Mit Blick auf die Privathaushalte müsse man fragen, um welche Haushalte es gehe. "Nur bei geringen und mittleren Einkommen ist eine Steuersenkung wirtschaftlich sinnvoll", meint Hirschel. Beznoska hingegen sieht auch Argumente, bei den Unternehmen anzusetzen: "Sie wurden seit über zehn Jahren nicht mehr strukturell entlastet. Bei der Unternehmenssteuer liegen wir im internationalen Vergleich sehr hoch."
Vorschlag: Soli für alle abschaffen
Weiterer Vorschlag von Merz: Den Solidaritätszuschlag für alle abschaffen. Beznoska findet das sinnvoll. "Der Soli wurde eingeführt, um den Aufbau Ost zu finanzieren. Dieser Fonds ist aber 2019 ausgelaufen und damit auch die Begründung für den Solidaritätszuschlag", argumentiert er.
Hirschel hält dagegen: "Eine Abschaffung des Solis für die reichsten zehn Prozent, kostet den Staatshaushalt zehn Milliarden Euro. Geld, dass wir dringend für Klimaschutz, Bildung und Gesundheit brauchen. Zudem zahlen den Soli nur noch Spitzenverdiener, die nach seiner Abschaffung nicht mehr konsumieren und investieren werden, sondern nur mehr sparen."
Vorschlag: Mehr Eigentümer und Aktionäre
Besonders empört Hirschel Merz' Forderung, Deutschland zum "Volk der Eigentümer und Aktionäre" zu machen anstatt von Mietern. "Das zeugt davon, dass Merz keine Kenntnis von der Lebensrealität von Millionen Menschen in diesem Land hat", ärgert er sich.
In Großstädten wie Berlin lebe die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung zur Miete. "Millionen Menschen haben nicht das Kleingeld, sich eine Eigentumswohnung zu leisten", sagt Hirschel. Hier müsse vielmehr die Politik die Mietsteigerungen in den Griff kriegen.
Beznoska hingegen meint: "Eine kapitalgedeckte zusätzliche Altersvorsorge ist wichtig, gerade vor dem Hintergrund des demographischen Wandels. Aktien sind da ein Mittel, auch wenn nicht alle Menschen direkt Aktionäre werden müssen."
Vorschlag: Führende Unternehmen
Was Merz außerdem will: Europäische Unternehmen schaffen, "die groß genug sind, um den chinesischen und amerikanischen Unternehmen auf der Welt auf Augenhöhe begegnen zu können". Gleichzeitig solle Deutschland weltweit zu den besten drei Ländern bei den Themen Künstliche Intelligenz, Biotechnologie, Mobilität und Energieerzeugung werden.
"Die Zielsetzung ist richtig, aber der Weg, den Merz gehen will nicht", meint Hirschel. Während Merz wirtschaftsliberale Positionen habe und für die freie Entfaltung der Marktkräfte plädiere, fordert Hirschel eine stärkere Rolle des Staates in der Wirtschaft.
"Wir können beispielsweise die Verkehrswende nicht dem Markt überlassen. Ohne politische Steuerung und klare Regeln würden die heimischen Autobauer noch heute auf den klimaschädlichen Verbrennungsmotor setzen. Auch die Privatisierung der Deutschen Bahn habe Bahnhofsschließungen und Streckenrückbau mit sich gebracht, weil die Rendite wichtiger gewesen sei, als der öffentliche Versorgungsauftrag.
Verwendete Quellen:
- Spiegel: "Schwarz-grün sitzt längst am Frühstückstisch." 26.06.2020
- Twitter-Profil von Friedrich Merz: Tweet vom 25.04.2021
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