• Kein Zweiter verkörpert die FDP und ihre Werte wie Christian Lindner.
  • Der 42-Jährige ist der unumstrittene Chef der Freien Demokraten.
  • Lindner hat die FDP nach der Wahl-Pleite 2013 neu ausgerichtet und 2017 den Wiedereinzug in den Bundestag geschafft.
  • Nun will er die FDP als Spitzenkandidat bei der Bundestagswahl im September in die Regierung führen.

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Die FDP will nach acht Jahren ohne Regierungsbeteiligung zurück an die Macht. Die Partei soll im September "so stark zweistellig" werden, dass eine Regierung nicht an ihr vorbei gebildet werden kann, so Christian Lindner bei der Vorstellung der FDP-Wahlplakate Anfang Juli. Die Plakatkampagne kennt dabei nur ein Hauptmotiv: Christian Lindner.

Das war auch schon im Bundestagswahlkampf 2017 so, die Fotos sind erneut schwarz-weiß gehalten. Schon im kleinen TV-Duell zur Bundestagswahl 2017 wurde nicht umsonst über den "Posterboy der FDP" gesprochen. FDP-Generalsekretär Volker Wissing stellte bei der Vorstellung der Plakate dazu klar: Es gehe um politische Inhalte, doch natürlich wolle seine Partei die Reichweite und Wahrnehmung Lindners im Wahlkampf ausnutzen.

Spitzenkandidat Christian Lindner: Mit dem Porsche zum Zivildienst

Der FDP-Chef Lindner wurde 1979 als Sohn eines Lehrers bei Wuppertal geboren. Schon während seines Zivildienstes, für den er sich laut seiner Website nur entschied, um nebenbei sein Unternehmen fortführen zu können, lernte er den FDP-Politiker Gerhard Papke kennen. Papke, der viele Jahre im Landtag Nordrhein-Westfalens als FDP-Fraktionschef tätig war, wurde zu einem Förderer, später aber auch zu einem Kritiker Lindners.

Im Vorfeld der für Lindner wegweisenden Bundestagswahl 2017 veröffentlichte Papke sein Buch "Noch eine Chance für die FDP?" in dem eine schonungslose Abrechnung mit der Lindner-geführten Partei erfolgte. Neben Anekdoten, wie der, dass Lindner sogar zum Zivildienst mit einem Porsche vorgefahren sei, kritisierte Papke (Ausschnitte beim "Spiegel"), dass die Inszenierung von Parteitagen "fast vollständig auf die Reden des Vorsitzenden Linder zugeschnitten" seien.

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"Brillanter Redner" Christian Lindner: Rasanter Aufstieg in der FDP

Dieser sei zwar ein "brillanter Redner", doch das neue Image der FDP, die in "Kategorien der Produktvermarktung" denke, kritisierte Papke scharf. Politik sei "keine Lifestyle-Inszenierung." Das Ergebnis der Bundestagswahl 2017 gab Lindner, der mit der Werbeagentur "Heimat" aus Berlin am internetaffinen Image der Partei gefeilt hatte, aber Recht: Die FDP zog mit 10,7 Prozent wieder in den Bundestag ein.

Mit diesem Erfolg vollendete Lindner seinen Aufstieg zum unumstrittenen Chef der FDP, der mit 16 Jahren und dem damaligen Eintritt in die Partei begonnen hatte. Jürgen Möllemann holte ihn nur drei Jahre später im Jahr 1998 in den NRW-Landesvorstand, wo ihm schließlich mit nur 21 Jahren als jüngster Abgeordneter aller Zeiten der Einzug in den Landtag gelang. Parallel studierte Lindner in Bonn Politikwissenschaft, Staatsrecht und Philosophie.

Christian Lindner: Guido Westerwelle machte ihn zum Generalsekretär

Während der Zeit in Bonn bewarb er sich auch bei der Bundeswehr, für die er heute Hauptmann der Reserve der Luftwaffe ist. Zunächst wollte Lindner sich am liebsten mit Hochschul-Politik beschäftigen, weil er die Defizite "ja aus der Praxis" von seinem eigenen Studium kannte, wie er auf seiner Website schreibt. Doch in NRW bekam er das Themengebiet Kinder, Jugend und Familie zugewiesen.

Im Bereich der Familienpolitik mit dem Fokus auf der Vereinbarkeit von Familie und Beruf war Lindner über neun Jahre im Parlament tätig. Im Jahr 2009 wurde er schließlich für die FDP in den Bundestag gewählt und übernahm auf Initiative von Guido Westerwelle die Nachfolge von Dirk Niebel als jüngster Generalsekreter in der Geschichte der Bundesrepublik. Doch noch verwehrte er sich dem Aufstieg an die Spitze der Partei.

FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner: Vom Bambi zum Platzhirsch

Denn nach dem Sturz von Guido Westerwelle ging Lindner ins Risiko, trat als Generalsekretär zurück und schaffte über den Umweg NRW das Comeback nach der Wahlschlappe von 2013, als die FDP mit 4,8 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte. Der von Jürgen Möllemann "Bambi" getaufte Lindner war nun der unumstrittene Platzhirsch der FDP.

In NRW hatte er die FDP als Spitzenkandidat mit 8,6 Prozent sicher in den Landtag geführt und den erfolgreichen Rückenwind dann auf bundespolitischer Ebene nutzen können. Aus seiner Zeit in NRW rührt auch noch eine inzwischen Kult gewordene Rede her: Lindner war während des Studiums mit einem Unternehmen gescheitert, wandelte seine persönliche Pleite aber in politischen Gewinn um.

FDP-Chef Lindner beherrscht das Spiel mit sozialen Medien

Denn während politische Gegner ihm dieses Scheitern gern zum Vorwurf machten, nutzte er die Geschichte und verlangte im Landtag mehr Respekt für Unternehmergeist und eine allgemeine Kultur zweiter Chancen. Ebenso geschickt ging der als starker Rhetoriker bekannte Lindner mit einem 20 Jahre alten TV-Beitrag von "Stern TV" um, der vor der Bundestagswahl 2017 viral ging. In diesem war der 18-jährige Lindner zu sehen.

Der damalige Schüler dozierte altklug am Steuer eines Mercedes über Unternehmertum und ließ dabei so ulkige Sätze wie "Probleme sind nur dornige Chancen" vom Stapel. Das Video verbreitete sich in den sozialen Medien wie ein Lauffeuer und die Netzgemeinde spottete. Lindner selbst kommentierte: "Danke, Stern TV. Das war 1997 Gründerkultur 1.0" mit einem Lachsmiley und verbreitete das Video selbst weiter. Das Spiel mit dem Internet und den sozialen Medien beherrscht er.

Lindner und Jamaika: "Es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren"

Viel Spott und Häme zog auch Lindners Satz "Es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren" nach den gescheiterten Jamaika-Verhandlungen 2017 nach sich. Der Abbruch der Gespräche wird explizit mit seiner Person in Verbindung gebracht. Seiner Partei war dabei im Nachgang fehlende staatspolitische Verantwortung vorgeworfen worden und die SPD hatte sich zu einer neuerlichen großen Koalition breitschlagen lassen.

Nun will die FDP aber Regierungsverantwortung, wohl in einer Koalition mit der Union, übernehmen: "Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird Armin Laschet der nächste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland", so Lindner bei der Vorstellung der FDP-Plakate. Nicht umsonst hatten sich Laschet und Lindner zuletzt immer wieder einig gezeigt, wie beispielsweise bei einem gemeinsamen Grillfest zum vierjährigen Bestehen von Schwarz-Gelb in NRW.

Bundestagswahl 2021: FDP-Chef Lindner schließt Jamaika-Koalition nicht aus

Das kann jedoch nicht davon ablenken, dass FDP und CDU in Nordrhein-Westfalen, das Bundesland, das Laschet derzeit als Ministerpräsident regiert, im Streit liegen. FDP-Generalsekretär Wissing bemühte sich wohl auch deshalb, seine Partei als Vermittler und Korrektiv in einer Koalition aus CDU und Grünen auf Bundesebene zu positionieren. Eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP schloss er aber auch nicht aus.

Intern hat sich Lindner dagegen nach einem Bericht der Bild gegen die Ampel ausgesprochen. Er wolle Annalena Baerbock nicht zur Kanzlerin machen, heißt es. Vielleicht gibt es nach der Wahl 2021 also ein Déjà-Vu. Denn im Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung schloss Lindner zuletzt auch die berühmte Jamaika-Koalition nicht aus: "Wir erinnern uns nach Wahlen an das, was wir vor Wahlen gesagt haben. Mit Frau Merkel war Jamaika deshalb nicht möglich. Mit Laschet und Merz kann das ganz anders aussehen."

Verwendete Quellen:

  • bild.de: Lindner will Baerbock nicht zur Kanzlerin machen
  • christian-lindner.de: Biografie
  • fdp.de: FDP präsentiert ihre Kampagne zur Bundestagswahl
  • m-vg.de: Dr. Gerhard Papke: Noch eine Chance für die FDP?
  • spiegel.de: Die Schulterklopfer vom Rhein
  • spiegel.de: Die Abrechnung
  • Stern TV: Christian Lindner 1997 – Fundstück der Woche Stern TV
  • Stuttgarter-Zeitung.de: Herr Lindner, gendern Sie?
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