- Im Interview spricht der Vater von Julian Assange über den Fall und die Bemühungen, seinen Sohn vor einer Auslieferung an die USA zu bewahren.
- Die neue Regierung von Australien setzt sich offensichtlich hinter den Kulissen für den australischen Staatsbürger ein.
- Diplomatische Bemühungen Deutschlands könnten ebenfalls einen Unterschied in dem Fall machen, so John Shipton.
John und Gabriel Shipton, Vater und Bruder von
Im Rahmen einer fraktionsübergreifenden Arbeitsgemeinschaft mit dem Namen "Freiheit für Julian Assange" fordern außerdem die Abgeordneten Sevim Dağdelen (Linke), Ulrich Lechte (FDP), Max Lucks (Grüne) und Frank Schwabe (SPD) die Freilassung des Australiers, der Anfang Juli 51 wird. Am Freitag hatte die britische Innenministerin seine Auslieferung an die USA genehmigt, Assanges Anwältinnen und Anwälte fechten die Entscheidung jedoch an.
Die britische Innenministerin hat den Auslieferungsbeschluss für Julian Assange unterschrieben. Wie geht es nun weiter?
John Shipton: Julian hat 14 Tage Zeit, um einen Antrag auf Berufung beim High Court in Großbritannien einzureichen. Dies ist derselbe High Court, der die Auslieferung bereits bestätigt, vor dem Julian also schon einmal verloren hat. Die höchsten Ebenen der britischen Regierung und der britischen Justiz haben entschieden, dass es in Ordnung ist, einen australischen Staatsbürger aus Großbritannien an die USA auszuliefern, weil er Beweise für Kriegsverbrechen, Korruption und Folter veröffentlicht hat. Dieser Präzedenzfall wurde dort jetzt geschaffen. Das betrifft alle Journalistinnen und Journalisten, auch deutsche. Wenn jemand aus Deutschland in Großbritannien geheime Informationen über die Sicherheitspolitik der USA veröffentlicht, besteht die Möglichkeit, dass er an die USA ausgeliefert wird.
"Das betrifft alle Journalistinnen und Journalisten, auch deutsche"
Wie stehen die Chancen, dass Ihr Sohn doch nicht ausgeliefert wird?
Es sind in der Zwischenzeit Beweismittel aufgetaucht, die bisher nicht vor Gericht zur Sprache kamen. Zum Beispiel kam heraus, dass die CIA Julians Anwälte und Ärzte bei Treffen mit ihm während seiner Zeit in der ecuadorianischen Botschaft ausspioniert hat. Der entsprechende Artikel von "Yahoo News", dessen Inhalt von mehr als 30 aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern von US-Geheimdiensten bestätigt wurde, ist für einen Journalistenpreis nominiert. Außerdem hat einer der Hauptzeugen der USA - ein Isländer, dessen Aussagen Teil der Anklageschrift waren - seine Behauptungen widerrufen. Beides wird Teil des Berufungsantrags sein.
Medienberichten zufolge setzt sich die neue australische Regierung hinter den Kulissen für Julian Assange ein. Was erhoffen Sie sich davon?
Wir haben seit einem Monat eine linke Regierung in Australien, und der neue Premierminister Anthony Albanese hat diesbezüglich sehr ermutigende Dinge gesagt. Wir vertrauen darauf, dass er seinen früheren Aussagen zu dem Fall Taten folgen lässt. Er sagte einmal: Genug ist genug! Er engagiert sich, weil die australische Bevölkerung mit überwältigender Mehrheit will, dass Julian nach Hause kommt. Die letzte Umfrage, die dazu durchgeführt wurde, hat ergeben, dass 71 Prozent dafür sind. Er handelt also nur so, weil die australische Bevölkerung das will und entsprechend gewählt hat. Die Grünen haben bei der Wahl dazugewonnen und die Forderung nach der Freilassung von Julian war Teil ihres offiziellen Programms. Leute auf der ganzen Welt können sehen, dass es Vorteile an der Wahlurne bringt, sich für ein Ende der Verfolgung von Julian auszusprechen. Die Menschen wollen, dass das alles aufhört. Jede Politikerin und jeder Politiker, der das unterstützt, profitiert also davon.
"Deutschland kann einen Unterschied in diesem Fall machen"
Wie sehen Sie die Rolle Deutschlands? Mehrere Mitglieder der Bundesregierung, darunter Außenministerin Annalena Baerbock, haben vor der Wahl die Freilassung Assanges gefordert, sich danach aber nicht mehr dazu geäußert.
Deutschland, als eines der führenden Länder Europas, ist in einer idealen Position, um dem Widerstand gegen die Verfolgung von Julian Ausdruck zu verleihen. Dieser gefährliche Präzedenzfall wird Auswirkungen auf deutsche Journalistinnen und Journalisten - oder andere Deutsche, die etwas veröffentlichen - haben, die nach Großbritannien reisen. Daher denke ich, dass es im Interesse der Regierung ist, sich dem entgegenzustellen. Diplomatische Bemühungen Deutschlands können einen Unterschied in diesem Fall machen. Deutschland sollte unter Beweis stellen, dass es ein Land ist, in dem Gesetze etwas gelten. Presse- und Meinungsfreiheit sind durch das deutsche Grundgesetz geschützt. Sie sind die Grundlage für Demokratie – überall.
Sie reisen seit Jahren durch die Welt, um Unterstützung für Ihren Sohn zu bekommen. Ist Ihnen ein Erlebnis besonders in Erinnerung geblieben?
Wir erleben überall eine Welle der Unterstützung bei "normalen" Leuten, Bürgerinnen und Bürgern, die verstehen, worum es in diesem Fall geht. Nämlich nicht nur um Julian und seinen schlechten Gesundheitszustand im Gefängnis. Sondern darum, dass auch für alle anderen Menschen etwas auf dem Spiel steht. Das gibt uns die Zuversicht, dass sich etwas ändern wird.
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