Paukenschlag in New York: Eine Jury hat Ex-Präsident Donald Trump einstimmig für schuldig befunden, eine Schweigegeldzahlung in Höhe von 130.000 Dollar an eine Pornodarstellerin durch die Fälschung von Geschäftsdokumenten verschleiert zu haben.

Ein Interview

USA-Experte Dr. Josef Braml ordnet ein, was das Urteil für Donald Trump und seine Ambitionen bei der Wahl im November bedeutet – und wer aus dem historischen Urteil Profit schlagen könnte.

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Ex-Präsident Trump gilt durch den Schuldspruch nun als strafrechtlich vorbestraft, er wurde in allen 34 Anklagepunkten schuldig befunden. Wofür genau?

Josef Braml: Die Geschworenen verurteilten ihn wegen Geschäftsdokumentenfälschung und Verstoß gegen die Wahlkampffinanzierungsregeln. Laut dem Urteil der Jury hat Trump Geschäftsunterlagen manipuliert, um Schweigegeldzahlungen an die Pornodarstellerin Stormy Daniels zu vertuschen, die behauptet, eine Affäre mit Trump gehabt zu haben. Die Zahlung selbst, die von beiden Seiten nicht bestritten wird, war zwar nicht illegal, aber Trump soll bei der Rückzahlung des Betrags an seinen damaligen Anwalt Unterlagen gefälscht haben, um den wahren Zweck der Transaktion zu verbergen. Dadurch hat sich Trump nach Meinung der Geschworenen der unerlaubten Wahlkampffinanzierung schuldig gemacht.

Wie lässt sich das Urteil in die amerikanische Geschichte einordnen?

Es ist das erste Mal in der Geschichte der Vereinigten Staaten, dass ein Ex-Präsident wegen einer Straftat verurteilt worden ist.

Welche Möglichkeiten hat er jetzt noch?

Trump bezeichnete das Urteil als eine "Schande" und eine "manipulierte" Verhandlung von einem "korrupten Richter", der in einem Interessenkonflikt stehe. Er kritisierte auch die Anweisungen des Richters an die Jury als unfair. Er bestritt jegliches Fehlverhalten und kündigte an, in Berufung zu gehen. Trump sagte, dass "das wirkliche Urteil" am 5. November, dem Tag der amerikanischen Wahl, fallen werde.

Wie das Urteil sich auch die Wahlen auswirken könnte

Einige Experten warnten vor dem Potenzial für extremistische Gewalt als Reaktion auf das Urteil …

Trumps Rhetorik dürfte einmal mehr seine radikalsten Anhänger mobilisieren. Sie haben bereits eine Kampagne von Drohungen und Einschüchterungen gestartet. Nach dem Schuldspruch reagierten seine Anhänger mit Dutzenden von Online-Posts, in denen sie zu Aufständen, Revolution und gewalttätiger Vergeltung aufriefen. Einige forderten Angriffe auf die Geschworenen, die Hinrichtung des Richters oder einen offenen Bürgerkrieg und bewaffneten Aufstand.

Was heißt das jetzt, insbesondere für die Wahl im November?

Bei den Republikanern wird das Urteil, wie bereits davor die Anklage, erneut einen Schulterschluss bewirken. Der republikanische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson, schrieb etwa auf der Plattform "X": "Heute ist ein beschämender Tag in der amerikanischen Geschichte! "

Trump selbst wird den Schuldspruch für seinen Wahlkampf nutzen. Sein Wahlkampfteam verschickte gleich nach dem Urteil eine Botschaft mit dem Inhalt: "Ich bin ein politischer Gefangener!" an Millionen republikanische Anhänger, illustriert mit einem Foto von Trump, der die Faust in die Luft streckt. Zahlreiche Unterstützer kündigten daraufhin Spenden in Millionenhöhe an.

Wird dieser Schuldspruch sogar noch mehr Wähler in Trumps Arme treiben?

Trump hatte im April zum ersten Mal mehr Geld eingenommen als Biden. Und er hat derzeit in den entscheidenden Staaten, die den Sieger bestimmen werden, einen knappen Vorsprung vor Biden. Die Wähler vertrauen Trump mehr in wirtschaftlichen Fragen und bei der Bekämpfung der Inflation. Trump kann den Prozess und andere Anklagen, die er als politisch motiviert darstellt, als Mobilisierungsmittel für seine Anhänger nutzen.

Könnte die Verurteilung im Wahlkampf andersherum auch Joe Biden helfen?

Biden fokussiert seinen Wahlkampf auf die Bedrohung, die sein Herausforderer Trump für die amerikanische Demokratie darstelle. Es ist indes aktuell noch nicht abzusehen, ob große Teile der Wähler sich wegen seiner Verurteilung von ihm abwenden könnten. Das Urteil könnte den einen oder die andere wohl daran erinnern, dass Trump viel auf dem Kerbholz hat. Zudem könnte sich die Aufmerksamkeit der Wähler wieder auf Trumps juristische Schicksal verlagern und von Bidens Problemen ablenken: das Alter des Amtsinhabers, Sorgen über die Inflation und den Krieg in Gaza, der Bidens Wählerschaft spaltet. Hingegen könnte jedoch die Aufmerksamkeitsspanne der Wähler kurz sein, und ein Thema, das jetzt dominant zu sein scheint, kann Anfang November schon wieder vergessen sein.

Eine politische Instabilität ist möglich

Darf Trump denn überhaupt noch antreten als verurteilter Straftäter?

Richter Juan Merchan legte den 11. Juli als Datum für die Verkündung des Strafmaßes fest. Das ist kurz bevor die Republikanische Partei ihn auf dem Konvent offiziell nominieren soll. Trump droht nach dem Schuldspruch eine Geldstrafe oder eine mehrjährige Freiheitsstrafe, die auch zur Bewährung ausgesetzt werden könnte. Doch auch nach einer rechtskräftigen Verurteilung könnte der Republikaner bei der Präsidentenwahl antreten. Die US-Verfassung stellt keine strafrechtlichen Anforderungen an das Präsidentenamt. Theoretisch könnte Trump sogar aus dem Gefängnis heraus vereidigt werden, wenn er Biden bei der Wahl am 5. November besiegen würde.

Sehen Sie ein Problem für das politische System?

Selbst, wenn Trump nicht im Sing Sing, sondern im Weißen Haus landet, könnte es problematisch werden. Die Verurteilung könnte zu einer politischen Instabilität führen, da Trump nach seiner möglichen Wiederwahl seine Strafe anfechten oder Rache suchen könnte. Die Anklage könnte auch einen Präzedenzfall für die Verfolgung von politischen Gegnern schaffen, was die amerikanische Demokratie auch auf lange Sicht untergraben könnte.

Über den Gesprächspartner

Trump schuldig gesprochen: Was das historische Urteil bedeutet

Zum ersten Mal in der Geschichte der USA wird ein ehemaliger Präsident strafrechtlich verurteilt. Die Jury im New Yorker Schweigegeld-Prozess spricht Donald Trump in allen Anklagepunkten schuldig.
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