Donald Trump ist nach dem Urteil eines New Yorker Gerichts vom Donnerstag offiziell der erste US-Präsident, der wegen eines Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde. Wie wirkt sich das auf die anstehende US-Präsidentschaftswahl aus?

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Lukas Weyell sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

"Schuldig!" hallte es durch den Gerichtssaal im New Yorker Stadtteil Manhattan als der Sprecher der Geschworenen die Entscheidung der Jury am vergangenen Donnerstag vorlas. 34 Mal war das Wort zu hören. In allen Anklagepunkten wurde der Ex-Präsident schuldig gesprochen.

Mehr News zur US-Politik

Donald Trump ist nun verurteilter Straftäter und damit der erste US-Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten, der von einer Jury für schuldig befunden wurde.

Ironischerweise darf Trump im Bundesstaat Florida, wo er seinen Wohnsitz hat, nicht mehr wählen gehen. An seiner Eignung als Präsidentschaftskandidat wird das Urteil hingegen zunächst nichts ändern. Nach US-amerikanischem Recht dürfen verurteilte Straftäter zwar nicht mehr wählen, können aber nach wie vor zum US-Präsidenten gewählt werden.

Trump steht weiterhin zur Wahl

Noch ist das Strafmaß nicht verkündet worden, aber selbst, wenn der vorsitzende Richter Juan Merchan am 11. Juli eine Freiheitsstrafe verhängen sollte – es wird eher von einer Geld- oder Bewährungsstrafe ausgegangen – wird diese nicht vor der Präsidentschaftswahl am 5. November vollstreckt werden, zumal absehbar ist, dass Trumps Anwälte Revision einlegen werden.

Das heißt, Donald Trump wird nach wie vor als Kandidat im Rennen um das Weiße Haus teilnehmen. Wie wirkt sich die Verurteilung auf seine Chancen aus?

Verfahren gegen Trump schaden ihm nicht – im Gegenteil

Bisherige Umfragen haben gezeigt, dass die Unterstützerbasis des Ex-Präsidenten sich nicht groß um die gegen ihn laufenden Verfahren schert. Trump wurde mühelos republikanischer Präsidentschaftskandidat, mehr noch: konnte bereits nach wenigen Wochen seine parteiinternen Kontrahenten zum Aufgeben bewegen.

In aktuellen Umfragen liegt er trotz der immer noch gegen ihn laufenden Verfahren und dem Urteilsspruch rund zwei Prozentpunkte vor Amtsinhaber Joe Biden.

Für manche Wählerinnen und Wähler ist das Urteil sogar ein Grund, Trump zu unterstützen, so Wahlkampf-Experte Julius van de Laar: "Die bisherigen Umfragen zeigen: Bei unabhängigen Wählerinnen und Wählern hilft der Schuldspruch Trump sogar ein bisschen."

Der US-amerikanische Nachrichtensender PBS hatte eine Umfrage kurz vor Verkündung des Urteils veröffentlicht, in der bisher unentschlossene Wählerinnen und Wähler gefragt wurden, für welchen Kandidaten sie im Falle eines Schuldspruchs stimmen werden.

Das Ergebnis: Drei von vier Wählerinnen und Wähler, die als unabhängig registriert sind, gaben an, dass eine Verurteilung keinen Unterschied bei ihrem Wahlverhalten machen wird. 15 Prozent geben gar an, dass sie nach einem Schuldspruch eher Trump wählen würden. Lediglich 14 Prozent erklärten, ihn eher wählen zu wollen, wenn er nicht schuldig gesprochen wird. Der Schuldspruch mobilisiert also unentschlossene Wähler - für Trump und nicht gegen ihn.

Die Erzählung von der angeblichen Hexenjagd

Van de Laar will dieses Ergebnis nicht zu hoch hängen und erklärt: "Es sind noch fünf Monate bis zum Wahltag. Das, was Wähler in einer Umfrage vor dem Schuldspruch gesagt haben, kann bis dahin schon keine Rolle mehr spielen."

Allerdings scheint das Narrativ des Ex-Präsidenten zu verfangen, dass die Verfahren gegen ihn politisch motiviert sind und es sich um eine "Hexenjagd" handelt.

Das sei ein Grund, warum das Weiße Haus den Prozess bisher nicht weiter kommentiert hat, so van de Laar: "Wenn Biden sich hier mehr einschaltet, verstärkt sich dieses Narrativ von der politisch motivierten Hexenjagd. Es wäre schlau von Biden, den Prozess nicht weiter zu kommentieren."

Lesen Sie auch

Experte: "Entschieden wird an der Wahlurne"

Lediglich Bidens Wahlkampf-Team veröffentlichte direkt nach der Urteilsverkündung einen Spendenaufruf bei X (vormals Twitter) mit der Message: "Es gibt nur eine Möglichkeit, Donald Trump vom Weißen Haus fernzuhalten: Das ist die Wahlurne."

Donald Trump bat nach dem Schuldspruch ebenfalls um Spenden und erklärte auf der Kampagnen-Webseite (die inzwischen nicht mehr erreichbar ist): "Ich bin ein politischer Gefangener" und weiter: "Ich wurde gerade in einem manipulierten Hexenjagd-Prozess verurteilt: Ich habe nichts falsch gemacht."

Lediglich mithilfe seiner Unterstützer könne der Ex-Präsident "in diesem Moment der Geschichte (...) das Weiße Haus zurückgewinnen und Amerika wieder großartig machen."

Wahlkampf-Experte van de Laar hierzu: "Zumindest da sind sich beide Wahlkampf-Teams einig: Entschieden wurde nicht gestern im Gerichtssaal, sondern wird an der Wahlurne am 5. November."

Über den Gesprächspartner

  • Julius van de Laar arbeitet als Kampagnen- und Strategieberater. Zudem ist er Experte für politische Kommunikation und analysiert regelmäßig Wahlkämpfe in Deutschland und den USA.

Verwendete Quellen

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.