Facebook, Instagram, Threads: Mark Zuckerberg beendet die Faktenchecks auf seinen Social-Media-Plattformen und arbeitet eng mit Donald Trump zusammen. Dieser Schritt zeigt auch eine politische Radikalisierung des Silicon Valleys.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Lukas Hermsmeier sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Mark Zuckerberg hat in dieser Woche einschneidende Veränderungen für seinen Tech-Konzern Meta verkündet. Der 40-Jährige sagte in einer Videobotschaft, dass auf den zu Meta gehörenden Social-Media-Plattformen Facebook, Instagram und Threads keine professionelle Faktenprüfung mehr stattfinden wird.

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Laut der neuen Meta-Richtlinien sind Beleidigungen gegenüber Minderheiten nun explizit gestattet. Homosexuelle etwa kann man ohne Ahndung als "psychisch krank" bezeichnen. Darüber hinaus teilte Zuckerberg mit, dass sein Unternehmen eng mit der Trump-Regierung zusammenarbeiten werde, um angeblich "freie Rede" zu ermöglichen.

Tech-Experten, Bürgerrechtsorganisationen und auch Angestellte von Meta sind ob dieser Maßnahmen entsetzt. "Ich gehe davon aus, dass wir einen Anstieg falscher und irreführender Informationen zu einer Reihe von Themen sehen werden", sagte die Kommunikationswissenschaftlerin Claire Wardle von der Cornell University. Gruppen wie das Council on American-Islamic Relations (CAIR) und die LGBT-Interessenvertretung GLAAD warnen, dass Minderheiten nun noch mehr Unterdrückung ausgeliefert seien. Auch ausländische Regierungen, etwa die Frankreichs und Brasiliens, äußerten ihre Sorge, was die Veränderungen für die Demokratie bedeuten.

Kritik von der Belegschaft

Der renommierte Journalist und Nobelpreisträger Maria Ressa sagte, dass es Zuckerberg nicht um "freie Rede", sondern Profit gehe. Die neuen Regeln führten zu einer "Welt ohne Fakten", so Ressa. Facebook sorge dafür, dass die Benutzer mit "Lügen, Angst und Hass" infiziert würden.

Wie der Sender CNBC berichtet, kritisieren auch Beschäftigte von Meta den neuen Kurs ihres Arbeitgebers. Es sei ein "trauriger Weg", dass das Unternehmen sich von der Pflicht befreie, eine "sichere und entsprechende Plattform zu schaffen", sagte ein Angestellter. Ein anderer Mitarbeiter prognostizierte einen "Anstieg von rassistischen und transfeindlichen Inhalten".

Zuckerberg begründete die Maßnahmen damit, dass die für Faktenchecks zuständigen Organisationen "politisch voreingenommen" und zu viele Beiträge "unschuldiger Personen" gelöscht worden seien. Belege dafür lieferte er nicht. Zuckerberg nannte die Wahl von Donald Trump einen "kulturellen Kipppunkt", der die Priorität von "freier Rede" unterstreiche. Des Weiteren beschuldigte er die "traditionellen Medien" der systematischen Zensur – auch das ohne jede Beweisführung.

Musk und X als Vorbild

Man wolle in Zukunft darauf bauen, dass die Nutzer selbst entscheiden, welche Beiträge Lügen und Desinformationen verbreiten, so Zuckerberg. Vorbild sei das Unternehmen X (früher Twitter), das ebenfalls auf Moderation verzichtet und stattdessen mit "Community Notes" arbeitet. Wenn sich genügend Nutzer an einem Beitrag stören, erscheint darunter ein Kommentar.

Dass Zuckerberg im Unternehmen X eine Inspiration sieht, ist alarmierend. Seit der Multimilliardär Elon Musk (Tesla, SpaceX) die Plattform im Jahr 2022 gekauft hat, haben rechtsradikale Inhalte stark zugenommen. X ist zu einem Sumpf von Verschwörungstheorien und Gewalt geworden, wie zahlreiche Experten analysiert haben.

Diese Entwicklungen sind kein Zufall. X-Eigentümer Musk hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter nach rechts radikalisiert. Im Wahlkampf war er Trumps prominentester und lautester Helfer, verbreitete Verschwörungsideologien und rassistische Ressentiments. In der künftigen Regierung wird Musk ebenfalls eine Rolle spielen, soll Staatsausgaben kürzen.

Von der Sperre zur Spende

Während der alte und neue Präsident Trump von Musk mediale Reichweite und finanzielle Unterstützung bekommt, baut Musk darauf, dass Trump für ihn vorteilhafte Gesetze zur Deregulierung erlässt. Die beiden helfen sich also gegenseitig in der Konzentration ihrer ökonomischen und politischen Macht. Darauf setzt nun offenkundig auch Zuckerberg.

Dabei war das Verhältnis zwischen Trump und Zuckerberg vor ein paar Jahren noch ein ganz anderes. Nach dem von Trump angeheizten Sturm auf das Kapitol im Januar 2021 hatte der Konzern Meta Trumps Accounts auf Facebook und Instagram gesperrt. Im Sommer 2023 hob Meta die Suspendierung dann auf, allerdings mit der Warnung versehen, dass seine Accounts erneut gesperrt werden, sollte Trump die Regeln verletzen.

Als im Verlauf des vergangenen Jahres immer deutlicher wurde, dass Trump gute Chancen auf einen Wahlsieg hat, begann Zuckerberg, sich an ihn heranzuschmeißen. Nach dem Attentat auf Trump im Juli bewunderte Zuckerberg dessen Reaktion als "krass". Im Dezember gab der Meta-Chef bekannt, eine Million Dollar an Trumps Amtseinweihungsfond zu spenden.

Trumps Drohungen wirken

Anfang dieser Woche teilte Meta die Berufung des Kampfsportveranstalters Dana White in den Verwaltungsrat mit. White ist ein Vertrauter Trumps. Die beiden feierten in der Wahlnacht zusammen.

Als Zuckerberg einen Tag später die neuen Social-Media-Regeln verkündete, reagierte Trump mit Freude. Auf die Frage eines Journalisten, ob er glaube, dass Zuckerberg damit auf Trumps Drohungen reagiert habe, antwortete Trump "wahrscheinlich". Trump hatte in der Vergangenheit mehrfach gedroht, Zuckerberg ins Gefängnis zu stecken, sollte dieser in die Wahl eingreifen.

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Wie viele andere Figuren des Silicon Valleys auch hat sich Zuckerberg jetzt voll und ganz auf die Seite Trumps geschlagen. Man kann darin einerseits eine Furcht vor Trump sehen, einen politischen Opportunismus. Andererseits aber setzt Zuckerberg damit schlichtweg fort, was er mit der Gründung von Facebook vor 20 Jahren begann: die Profite seines Unternehmens in die Höhe treiben, ohne Rücksicht auf Verluste.

Zuckerberg verhalte sich wie ein "größenwahnsinniger Ideologe", schreibt der Medienprofessor Siva Vaidhyanathan in einer aktuellen Kolumne für den Guardian. "Zuckerberg benutzt Trump, nicht andersrum", so Vaidhyanathan. Nüchtern betrachtet muss man festhalten, dass sie sich beide gegenseitig "benutzen".

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