Ursula von der Leyen will am Mittwoch als Verteidigungsministerin zurücktreten. Das teilte die CDU-Ministerin am Montag auf Twitter. Ihre Entscheidung mache sie unabhängig vom Ausgang der Abstimmung über die Nachfolge von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker.

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Unabhängig vom Ausgang der Abstimmung im EU-Parlament über ihre mögliche Ernennung zur EU-Kommissionschefin legt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen ihren Kabinettsposten in Berlin am Mittwoch nieder. Dies kündigte die 60-Jährige am Montag über den Kurznachrichtendienst Twitter an.

Die Abstimmung über die Nachfolge von Jean-Claude Juncker findet am Dienstagabend statt. Um den Kommissionschef zu beerben, braucht von der Leyen die absolute Mehrheit im EU-Parlament: Das sind 374 Stimmen der 746 Abgeordneten.

Damit braucht von der Leyen auch die Stimmen von 192 Abgeordneten aus den nicht-konservativen Lagern.

Bundeskanzlerin Angela Merkel wertete die Entscheidung von der Leyens als starkes Signal für ihre angestrebte Wahl zur EU-Kommissionspräsidentin. Von der Leyen mache damit deutlich, dass sie sich "für eine neue Etappe ihres Lebens entschieden hat, dass sie mit ganzer Kraft natürlich eintreten möchte dafür, dass sie Kommissionspräsidentin wird", sagte Merkel am Montag in Görlitz.

"Sie für sich hat entschieden, dass sie das mit voller Verve auch tun will. Das freut mich. So kenne ich sie auch", sagte Merkel. Alles Weitere werde man sehen.

Von der Leyen im Wahlkampfmodus

Im Werben um die fehlenden Stimmen legte die CDU-Frau in ihren Zusagen nach. In Briefen an mehrere Fraktionen vom Montag versprach von der Leyen unter anderem ein ehrgeizigeres Klimaziel für 2030 und ein Initiativrecht bei Gesetzesvorhaben für das Parlament.

Bei der Treibhausgasreduzierung will von der Leyen "ein umfassendes Konzept", "um das EU-Ziel für 2030 in verantwortlicher Weise Richtung 55 Prozent zu erhöhen".

Bisher hatte die Kandidatin lediglich versprochen, sie wolle sich auf das Ziel zubewegen, die Treibhausgase um 50 Prozent zu reduzieren. Dies brachte ihr Kritik aus dem Parlament ein, das sich schon auf 55 Prozent festgelegt hatte.

Weiter als bisher ging von der Leyen auch bei einem Initiativrecht für Gesetzesinitiativen für das Parlament. Sie sagte zu, sie werde auf jeden Vorschlag, der vom Parlament mit der Mehrheit seiner Mitglieder verabschiedet wurde, "mit einem Gesetzgebungsakt antworten". Bisher wollte sie die Vorschläge nur in der Kommission diskutieren lassen.

Von der Leyen war nach schwierigen Verhandlungen von den Staats- und Regierungschefs Anfang Juli als Nachfolgerin von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vorgeschlagen worden.

Grüne, Linke und SPD verweigern von der Leyen ihre Stimme

Grüne und Linke hatten bereits erklärt, gegen von der Leyen zu stimmen. Auch ein Teil der Sozialdemokraten hatte Widerstand angekündigt, darunter insbesondere deutsche SPD-Abgeordnete.

Die europäischen Sozialdemokraten wollen erst am Dienstag entscheiden, ob sie eine Abstimmungsempfehlung geben.

Klar hinter von der Leyen stellte sich Portugals Regierungschef António Costa, der auch Generalsekretär der portugiesischen Sozialisten ist. Er sprach auf Twitter mit Blick auf den Brief der Kandidatin von "positiven Zusagen", die eine Unterstützung rechtfertigten.

Der spanische Außenminister Josep Borrell sagte, es sei nun "schwierig (...), sie nicht zu unterstützen". Wenn sie dennoch von Fraktionsmitgliedern abgelehnt werde, erfolge dies "aus anderen als inhaltlichen Gründen".

Die SPD-Europaabgeordneten kritisieren insbesondere, dass mit von der Leyen eine Kommissionschefin nominiert wurde, die keine Spitzenkandidatin der Parteien bei der Europawahl war.

Sie sprach sich in dem Brief an die Fraktionen nun dafür aus, "das Spitzenkandidaten-System sichtbarer für eine breitere Wählerschaft zu machen". Dabei solle auch über die Frage länderübergreifender Kandidatenlisten beraten werden.

Spannungen in der Berliner Koalition

Der Widerstand der SPD gegen die CDU-Politikerin sorgte weiter für Spannungen in der Berliner Koalition.

Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) forderte die Sozialdemokraten auf, "sich nicht im engstirnigen Partei-Klein-Klein" aufzuhalten. "Hier geht es um mehr: Hier geht es um ein starkes Europa."

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet warnte, eine Ablehnung von der Leyens durch die SPD-Europaabgeordneten wäre ein "unfreundlicher Akt". Die Frage, ob dies automatisch den Bruch der Berliner Koalition bedeute, verneinte er aber. (ank/hau/AFP/dpa)

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