- SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil attackiert den Koalitionspartner CDU/CSU.
- Die andauernde Suche der Union nach einem Kanzlerkandidaten erschwere die Regierungsarbeit.
- Mit Blick auf die Wahl sieht Klingbeil Chancen auf eine Regierungsmehrheit ohne die Union.
Wer soll es denn nun richten für die Union? Der in aktuellen Umfragen deutlich vorne liegende CSU-Chef
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat das zu Wochenbeginn noch einigermaßen dezent formuliert. Er hoffe, so Mützenich, dass sich der Koalitionspartner endlich auf den Kampf gegen die dritte Corona-Welle konzentriere "und nicht auf die Nachfolgefrage für eine Bundeskanzlerkandidatur".
Deutlicher wird nun Mützenichs Parteifreund und SPD-Generalsekretär
Aber nicht nur beim Infektionsschutzgesetz, das in der kommenden Woche Bundestag und Bundesrat passieren soll, sieht der SPD-Politiker Versäumnisse bei der Union. "Bei der Kabinettssitzung am Dienstag wäre eigentlich die bereits mehrfach verschobene Streichung des Rasse-Begriffes aus dem Grundgesetz fällig gewesen. Aber auch das kann nicht geklärt werden, weil in der Unionsfraktion darüber keine Einigkeit herrscht."
Der Graben zwischen den Koalitionspartnern scheint tiefer zu werden. Klingbeil sorgt sich aber nicht nur um die Zusammenarbeit zwischen SPD und Union, sondern auch um die zwischen CDU und CSU: "Wie wollen die eigentlich nach der Klärung der Kandidatenfrage wieder zusammenfinden?"
Nicht nachvollziehbar ist für den 43-Jährigen auch, warum der Prozess zur Findung eines Kandidaten bei der Union nicht besser vorbereitet wurde. "Das rasen gerade zwei Züge aufeinander zu und ich fürchte, dass selbst, wenn ein Kandidat gefunden ist, die Wunden bei der Union sehr tief sein werden." In der aktuellen Verfassung jedenfalls sei fraglich, ob mit der Union in der restlichen Legislaturperiode noch eine ordentliche Zusammenarbeit möglich sei.
Klingbeil hält Union aktuell nicht für regierungsfähig
Den Vergleich des "Hahnenkampfs zwischen Laschet und Söder" mit der langwierigen Suche nach einem neuen Spitzenduo in der SPD im Jahr 2019 lässt Klingbeil nicht gelten. Natürlich habe es viele Regionalkonferenzen gegeben, bis Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken schließlich gewählt werden konnten. Aber dennoch sei immer klar gewesen, wie die Suche nach den neuen Parteivorsitzenden ablaufen werde. Und: "Wir waren jederzeit regierungsfähig, das kann man von der Union im Moment nicht behaupten."
In der Maskenaffäre sei deutlich geworden, dass Teilen der Union der moralische Kompass völlig verloren gegangen sei, findet Klingbeil. Anfang März hatte sich herausgestellt, dass mehrere Unionspolitiker an der Beschaffung und Vermittlung von Atemschutzmasken verdient hatten. Die neben Weiteren beschuldigten CSU-Politiker Georg Nüßlein und Nikolas Löbel sowie ihr CDU-Kollege Mark Hauptmann traten in der Folge aus ihren Parteien aus.
"Völlig die Schuhe hat es mir ausgezogen, als klar wurde, dass Hans-Georg Maaßen als CDU-Kandidat für den Bundestag aufgestellt werden soll", sagt Klingbeil weiter. Maaßen bewege sich mit seinen Äußerungen regelmäßig im rechtsextremen Lager: "Dass so einer nun bei der Union wieder aufs Schild gehoben werden soll", sei unverständlich.
Mit Blick auf die Bundestagswahl ist für Lars Klingbeil daher eindeutig: "Die Union muss endlich einmal durchatmen und dafür ist die Oppositionsbank der beste Ort." Zu Koalitionsdebatten wolle er sich in der aktuellen Situation aber nicht hinreißen lassen, wenngleich es natürlich große Überschneidungen mit den Grünen gebe.
Mehrere Umfragen hatten zuletzt darauf hingedeutet, dass ein Bündnis aus Grünen, SPD und Linke oder auch aus Grünen, SPD und FDP, die sogenannte Ampel, bei der Wahl im September eine Mehrheit erringen könnte. Vorerst gilt laut Klingbeil dennoch: Mögliche Konstellationen werde man am Tag nach der Wahl analysieren. "Dass Mehrheiten jenseits der Union möglich sind, ist ein gutes Zeichen."
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.